Rz. 1

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

In bestimmten Fällen kann die ESt ermäßigt werden, wenn Einkünfte sowohl mit ESt als auch mit > Erbschaftsteuer belastet sind. Dadurch soll ein Ausgleich dafür geschaffen werden, dass bei der ErbSt die latente Belastung mit ESt nicht berücksichtigt wird. Die zurzeit gültige Regelung ist durch das Erbschaftsteuer-Reformgesetz vom 24.12.2008 (BGBl 2008 I, 3018) mit Wirkung ab dem VZ 2009 eingefügt worden (vgl § 35b EStG). Eine ähnliche Bestimmung befand sich für die VZ 1999 bis 2008 in § 35 EStG, wurde jedoch durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 (BGBl 1999 I, 402) mit Wirkung ab dem VZ 1999 aufgehoben, sodass für die VZ 1999 bis 2008 keine Ermäßigung zu gewähren war. Da nach der Gesetzesbegründung § 35b EStG inhaltlich dem § 35 EStG aF entspricht (Bericht des Finanzausschusses vom 26.11.2008, BT-Drs 16/11107 S 25), ist die zu § 35 EStG aF ergangene Rechtsprechung des BFH im Grundsatz auch bei der Auslegung des § 35b EStG zu berücksichtigen (BFH 261, 385 = BStBl 2018 II, 593).

 

Rz. 2

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Eine Steuerermäßigung nach § 35b EStG wird nur auf Antrag gewährt. Weitere Voraussetzungen sind, dass die Belastung mit ErbSt wegen eines Erwerbs von Todes wegen entstanden ist und dies im VZ oder den vier vorhergehenden VZ passierte. Entsteht ErbSt im Falle einer Schenkung, darf die ESt nicht ermäßigt werden. Für die Frage, in welchem VZ die ErbSt entstanden ist, muss auf den Todestag abgestellt werden, weil die ErbSt in diesem Zeitpunkt entsteht.

 

Rz. 3

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Die Höhe der Ermäßigung bestimmt sich nach dem Verhältnis, in dem die festgesetzte ErbSt zu dem Betrag steht, der sich ergibt, wenn dem stpfl Erwerb (§ 10 Abs 1 ErbStG) die Freibeträge nach den §§ 16 und 17 und der steuerfreie Betrag nach § 5 ErbStG hinzugerechnet werden (§ 35b Satz 2 EStG). Zur Berechnung der Steuerermäßigung müssen somit zwei Rechengrößen ermittelt werden: die anteilig auf die nach § 35b Satz 1 EStG begünstigten Einkünfte entfallende ESt (> Rz 4) sowie der Prozentsatz der Ermäßigung nach § 35b Satz 2 EStG (> Rz 5). Der Betrag nach § 35b Satz 1 EStG multipliziert mit dem Prozentsatz der Ermäßigung ergibt den Betrag der Steuerermäßigung.

 

Rz. 4

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Die auf die begünstigten > Einkünfte anteilig entfallende ESt ist nach dem Verhältnis der begünstigten Einkünfte zur Summe der Einkünfte zu ermitteln. Der Aufteilungsmaßstab ist zwar nicht in § 35b EStG geregelt, entspricht jedoch der Formulierung in § 34c Abs 1 Satz 1 EStG, sodass die dafür geltenden Regelungen (> Ausland Rz 25 ff) herangezogen werden können.

 

Rz. 5

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Der Prozentsatz der Ermäßigung entspricht nicht dem ErbSt-Satz, weil dieser nur auf das um Freibeträge geminderte Vermögen angewendet wird. Deshalb ist der nach dem ErbStG stpfl Erwerb um die berücksichtigten Freibeträge zu erhöhen und ein Prozentsatz zu ermitteln, der sich ergibt, wenn das gesamte ererbte Vermögen mit ErbSt belastet wäre.

 

Beispiel 1:

Der ArbN A hat mit seinem ArbG am 15.01.2023 vereinbart, dass er zum 30.06.2023 das Unternehmen verlässt und dafür eine Abfindung iHv 50 000 EUR erhält, die am 30.09.2023 zu zahlen ist. Am 31.05.2023 verunglückt A tödlich. Da er keine nahen Verwandten hat, vererbt er seinen gesamten Besitz seinem Freund und Arbeitskollegen Felix (F). Die Erbschaft besteht neben der Abfindung aus weiteren Vermögensgegenständen im Wert von 80 000 EUR, somit insgesamt 130 000 EUR.

F hat nach dem ErbStG eine ErbSt in Höhe von 33 000 EUR zu zahlen, die sich wie folgt errechnet: Ererbtes Vermögen 130 000 EUR – 20 000 EUR Freibetrag = 110 000 EUR × 30 % = 33 000 EUR.

Der Zufluss der Abfindung am 30.09.2023 ist stpfl ArbL des F (> Rechtsnachfolger Rz 4). F hat für den VZ 2023 insgesamt 40 000 EUR ESt zu zahlen. Die Summe der Einkünfte beträgt 140 000 EUR. Auf die Abfindung entfallen somit (40 000 EUR * 50 000 EUR / 140 000 EUR) = 14 286 EUR.

Der Prozentsatz der Ermäßigung ergibt sich wie folgt: Stpfl Erwerb (110 000 EUR) + Freibetrag (20 000) = 130 000 EUR, wofür eine ErbSt iHv 33 000 EUR gezahlt wurde. Der Ermäßigungssatz beträgt danach 33 000 EUR / 130 000 EUR = 25,38 %.

Die ESt des F ist somit iHv 14 286 EUR × 25,38 % = 3 625,78 EUR zu ermäßigen.

 

Rz. 6

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Die Steuerermäßigung nach § 35b EStG gleicht die Besteuerung latenter Steuern mit ErbSt nicht in vollem Umfang aus. Würden die latenten Steuern die > Bemessungsgrundlage für die ErbSt mindern, ergäbe sich eine ErbSt iHv 130 000 EUR – 14 386 EUR (anteilige ESt) – 20 000 EUR (Freibetrag) = 95 614 EUR × 30 % = 28 684 EUR, also eine um 4 316 EUR geringere Steuer. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die ESt-Belastung mit dem Durchschnittsteuersatz und nicht mit dem Grenzsteuersatz angesetzt wurde.

 

Rz. 7

Stand: EL 135 – ET: 08/2023

Die Steuerermäßigung ist nicht davon abhängig, dass die ErbSt vom Stpfl gezahlt bzw in seiner Person entstanden ist; § 35b EStG verlangt lediglich die Belastung mit ErbSt.

 

Beispiel 2...

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