Rz. 85

Stand: EL 133 – ET: 03/2023

Einkünfte, mit denen eine mehrjährige Tätigkeit entlohnt wird, werden im Jahr des Zuflusses mit den gewöhnlichen Steuersätzen besteuert. Hierbei kann es aber infolge der progressiven Gestaltung des Steuertarifs zu unbilligen Steuerbelastungen kommen, wenn diese Einkünfte, die wirtschaftlich in mehreren Jahren erdient worden sind, zusammengeballt (> Rz 95 ff) in einem Jahr zufließen. Die Tarifermäßigung für "Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten" nach § 34 Abs 2 Nr 4 EStG wird in der gleichen Weise berechnet wie für "Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr 1 EStG": Es gilt die sog Fünftel-Regelung (> Rz 120 ff). Ein förmlicher Antrag ist auch hier nicht erforderlich. Zum LSt-Abzug > Rz 125 ff. Auch die Voraussetzungen für die "Außerordentlichkeit" der > Einnahmen unterscheiden sich grundsätzlich nicht (> Rz 95 ff [117]).

§ 34 Abs 2 Nr 4 EStG regelt zwar (mehrere) "Tätigkeiten"; es genügt aber ein- und dieselbe Tätigkeit, wenn sie sich nur über mehrere VZ erstreckt (> Rz 88). Der Wortlaut schließt aber eine zusammengeballte Entlohnung für mehrere unterschiedliche Tätigkeiten ein.

 

Rz. 86

Stand: EL 133 – ET: 03/2023

§ 34 Abs 2 Nr 4 EStG kommt zwar besonders häufig bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Betracht, ist aber auf diese Einkunftsart nicht beschränkt, wie der insoweit neutrale Begriff "Vergütungen" zeigt (vgl Puhl, DB 1988, 1917). Gewinneinkünfte sind gleichwohl nur unter besonderen Voraussetzungen begünstigt (BFH 247, 226 = BStBl 2015 II, 220; > R 34.4 Abs 1 und 3 EStR; OFD Erfurt vom 19.02.2007, DB 2007, 591; OFD NW vom 25.08.2014, DStR 2014, 2129, zu BFH 216, 247 = BStBl 2007 II, 180, BFH 240, 156 = BStBl 2018 II, 696).

 

Rz. 87

Stand: EL 133 – ET: 03/2023

Gegenstand der Tarifermäßigung ist eine "Vergütung" für eine Tätigkeit; sie wird bei ArbN idR als Entlohnung bezeichnet. Es kommt nicht darauf an, ob die Entlohnung aufgrund eines Rechtsanspruchs oder freiwillig geleistet wird (BFH 103, 339 = BStBl 1971 II, 802; > R 34.4 Abs 2 EStR; anders nur bei Schenkung). Ebenso ist eine bewusste und gewollte Vorteilszuwendung für den Entlohnungsbegriff ohne Bedeutung (BFH 138, 456 = BStBl 1983 II, 642 zur verbilligten Grundstücksüberlassung an ArbN; > Grundstück). Die Vergütung muss nicht unbedingt in einem Betrag (BFH 103, 339 = BStBl 1971 II, 802), wohl aber zusammengeballt zufließen (> Rz 117).

 

Rz. 88

Stand: EL 133 – ET: 03/2023

Die Vergütung muss für eine mehrjährige Tätigkeit gewährt werden. Das ist eine Tätigkeit, wenn sie (wenigstens) in 2 Kalenderjahren (VZ) ausgeübt worden ist und sich über mehr als 12 Monate erstreckt (vgl § 34 Abs 2 Nr 4 HS 2 EStG).

 

Beispiel 11:

Der ArbG hat sich gegenüber dem ArbN in einem Vergleich verpflichtet, ihm für die Zeiträume vom 01.06.2020 bis 31.12.2020 und vom 01.01.2021 bis zum 28.02.2021 ausstehenden > Arbeitslohn nachzuzahlen. Der nachzuzahlende Betrag wird im Jahr 2022 ausgezahlt. Er unterliegt – bei Fortdauer des Dienstverhältnisses – als sonstiger Bezug ohne Tarifermäßigung dem LSt-Abzug. Der Betrag wird zwar für eine in zwei Kalenderjahren ausgeübte Tätigkeit gezahlt, die sich aber nur vom 01.06.2020 bis zum 28.02.2021 und damit nicht über mehr als 12 Monate erstreckte; es ist keine mehrjährige Tätigkeit iSv § 34 Abs 2 Nr 4 EStG gegeben. Anders wäre es zB, wenn für 2021 Arbeitslohn von Januar bis einschließlich Juni ausstehen und nachgezahlt würde.

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