Rz. 1

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Die AO enthält (anders als andere Verfahrensordnungen) keine Regelung, die dem Stpfl Anspruch auf Einsicht in die Akten des FA gibt. Ein solches Einsichtsrecht ist aus §§ 91, 364 AO nicht abzuleiten (BFH 228, 139 = BStBl 2010 II, 729). Hierbei handelt es sich nicht um eine unbewusste Regelungslücke; der Gesetzgeber hat vielmehr ausdrücklich und bewusst darauf verzichtet, dem Stpfl ein Recht auf Akteneinsicht zu gewähren (EFG 2011, 1582 mwN); EFG 2016, 1045 (NZB unbegründet, BFH/NV 2017, 599) leitet daraus ab, dass Akteneinsicht nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt.

 

Rz. 2

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Der Stpfl hat jedoch ein Recht darauf, dass die Finanzbehörde über seinen Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht nach pflichtgemäßem > Ermessen (§ 5 AO) entscheidet (BFH 202, 231 = BStBl 2003 II, 790; EFG 2015, 1886). Die Verwaltung richtet sich dabei nach den Regelungen zum > Datenschutz im Steuerverwaltungsverfahren (> Rz 4/1). Die Einsicht umfasst dann das Recht zur Anfertigung von Ablichtungen (EFG 2004, 852) im FA, die Kosten sind zu erstatten. Es besteht jedoch grundsätzlich kein Anspruch auf Anfertigung einer Zweitakte (BFH/NV 2007, 1919 mwN).

 

Rz. 3

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Das Recht zur Akteneinsicht besteht aber im finanzgerichtlichen Verfahren (§ 78 FGO), jedoch nur für die dem Gericht vorliegenden Akten (BFH/NV 2008, 1334 mwN). Die Einsichtnahme der Akten bei Gericht ist die Regel (BFH/NV 2008, 1167), eine Übersendung der Akten in die Kanzlei oder Wohnung des Bevollmächtigten dagegen die Ausnahme (BFH/NV 2011, 1885). Ein solcher Sonderfall kann gegeben sein, wenn der mit der Streitsache betraute Prozessbevollmächtigte auf einen Rollstuhl angewiesen ist (BFH/NV 2009, 192). Die Entscheidung, ob die Akten an einem anderen Ort (zB Amtsgericht, FA) eingesehen werden können, ist Ermessensentscheidung (BFH/NV 2008, 93).

 

Rz. 4

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Es besteht kein Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht nach Abschluss des Besteuerungsverfahrens zur Vorbereitung von Regressansprüchen gegen den > Steuerberater. Nach Abschluss des Besteuerungsverfahrens kann das Akteneinsichtsgesuch auch nicht auf außersteuerliche Grundlagen, wie das Datenschutzgesetz oder ein (Landes)Informationsfreiheitsgesetz, gestützt werden (FG Hamburg vom 02.03.2011 – 2 K 59/10, BeckRS 2012, 80 910). Das Informationsfreiheitsgesetz eines Bundeslandes gilt im Bereich der AO nicht, weil diese spezielleres Bundesrecht ist (EFG 2011, 1582; 2012, 1414; aA TK/Seer § 91 Rz 34).

 

Rz. 4/1

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Mit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der > Europäische Union hat der Stpfl zwar kein originäres Akteneinsichts-, jedoch ein umfangreiches Auskunftsrecht erhalten. Bei der DSGVO handelt es sich um unmittelbar geltendes EU-Recht (> Europäische Union Rz 3), das jedoch eine Reihe von Einschränkungen durch die nationalen Gesetzgeber zulässt. Davon hat der Bundesgesetzgeber durch die Regelungen in den §§ 32aff AO Gebrauch gemacht, die – neben weiteren Aspekten – durch BMF-Schreiben vom 13.01.2020, BStBl 2020 I, 143 erörtert werden.

 

Rz. 5

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Die Ablehnung des Antrags auf Akteneinsicht ist mit dem Einspruch anfechtbar. Die Ablehnung muss das FA dann nicht begründen, wenn dadurch der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde (vgl § 32c Abs 4 Satz 1 AO). Gegen die Verweigerung der Akteneinsicht ist die Verpflichtungsklage zum FG gegeben (EFG 2003, 499; > Rechtsbehelfe Rz 43). Ob das FA einem Beteiligten Akteneinsicht im finanzgerichtlichen Verfahren gewähren muss, entscheidet der BFH (BFH 216, 15 = BStBl 2007 II, 275).

 

Rz. 6

Stand: EL 121 – ET: 03/2020

Ergänzend > Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten Rz 15, > Auskünfte und Zusagen des Finanzamts, > Rechtliches Gehör.

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