Eigens für Verträge über digitale Daten und Dienstleistungen wurden die §§ 327 bis 327u BGB geschaffen. Diese haben Vorrang und verdrängen die Gewährleistungsvorschriften in den §§ 433 ff. BGB (§ 475a BGB). Die Änderungen betreffen unmittelbar Verträge mit Verbrauchern. Diese zahlen als Gegenleistung für die digitalen Daten und Dienstleistungen einen Preis, der neben Geld auch in personenbezogenen Daten bestehen kann. Mittelbar sind die neuen Vorschriften auch für Unternehmer untereinander relevant, und zwar für den Regress des Händlers gegen seinen Lieferanten.

Definition

Digitale Produkte ist der Oberbegriff, unter den

  • digitale Inhalte und
  • digitale Dienstleistungen fallen (§ 327 Abs. 1 BGB).

Digitale Inhalte werden definiert als Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden. Das können z.B. sein: Apps, Musikdateien, Videodateien, eBooks oder Computerprogramme.

Digitale Dienstleistungen werden beschrieben als Dienstleistungen, die dem Verbraucher

  • die Erstellung, Verarbeitung oder Speicherung von Daten in digitaler Form oder den Zugang zu solchen Daten oder
  • die gemeinsame Nutzung der vom Verbraucher oder von anderen Nutzern der entsprechenden Dienstleistung in digitaler Form hochgeladenen oder erstellten Daten oder sonstige Interaktionen mit diesen Daten ermöglichen (§ 327 Abs. 2 BGB).

Darunter fallen z.B. Streamingdienste, Cloud-Lösungen, Messenger-Dienste oder Bildbearbeitungsprogramme im Abo.

Nach § 327 Abs. 3 BGB werden die neuen Vorschriften auch auf Verträge über die Bereitstellung digitaler Produkte angewandt, bei denen der Verbraucher personenbezogene Daten bereitstellt oder sich dazu verpflichtet, es sei denn, dass der Unternehmer die Daten ausschließlich verarbeitet, um seine Leistungspflicht oder an ihn gestellte rechtliche Anforderungen zu erfüllen, sie also zu keinem anderen Zweck verarbeitet (§ 312 Abs. 1 a Satz 2 BGB).

§ 327 Abs. 5 BGB stellt klar, dass es sich auch dann um einen Vertrag über digitale Produkte handelt, wenn die Daten auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, etwa auf einem USB-Stick, wenn die Datenübermittlung dessen einziger Zweck ist.

Bereitstellung und Folgen des Unterbleibens

Digitale Inhalte gelten als bereitgestellt, sobald der digitale Inhalt oder die geeigneten Mittel für den Zugang zu diesem oder das Herunterladen des digitalen Inhalts dem Verbraucher unmittelbar oder mittels einer von ihm hierzu bestimmten Einrichtung zur Verfügung gestellt oder zugänglich gemacht ist (§ 327b Abs. 3 BGB). Wenn kein konkreter Zeitpunkt vereinbart ist, ab dem der Kunde selbständig auf die digitalen Produkte zugreifen kann, geht man von einer unverzüglichen Bereitstellungsverpflichtung des Verkäufers aus.

Unterbleibt die Bereitstellung nach – grundsätzlich erforderlicher (Abs. 1), ausnahmsweise entbehrlicher (Abs. 3) – Aufforderung durch den Verbraucher, kann letzterer

  • den Vertrag beenden und
  • Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280, 281 BGB) oder
  • Ersatz der vergeblichen Aufwendungen (§ 284 BGB) verlangen (§ 327 c BGB).

Gewährleistung bei Mängeln

Produktmangel

Das digitale Produkt muss zum Zeitpunkt der Bereitstellung bzw. im gesamten Bereitstellungszeitraum

  • den subjektiven Anforderungen,
  • den objektiven Anforderungen sowie
  • den Anforderungen an die Integration entsprechen (§§ 327e Abs. 1 BGB).

Auch hier müssen die Voraussetzungen – wie beim Sachmangel nach § 434 BGB – kumulativ vorliegen und stehen im Gleichrang zueinander.

Die subjektiven Anforderungen sind erfüllt, wenn das digitale Produkt:

  • die vereinbarte Beschaffenheit einschließlich der Anforderungen an Funktionalität, Kompatibilität und Interoperabilität hat,
  • sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet,
  • mit dem vereinbarten Zubehör, den vereinbarten Anleitungen, Kundendienst
  • und den vereinbarten Aktualisierungen während des maßgeblichen Zeitraums bereitgestellt wird (§ 327e Abs. 2 BGB).

Objektiv entspricht das digitale Produkt den Anforderungen , wenn es

  • sich für die gewöhnliche Verwendung eignet,
  • eine Beschaffenheit einschließlich der Menge, Funktionalität, Kompatibilität, Zugänglichkeit, Kontinuität und Sicherheit aufweist, die bei digitalen Produkten derselben Art üblich ist und die der Verbraucher erwarten kann,
  • der Beschaffenheit einer Testversion oder Voranzeige entspricht,
  • mit dem zu erwartenden Zubehör und Anleitungen bereitgestellt wird und wenn der Verbraucher über Aktualisierungen informiert wird und ihm diese bereitgestellt werden (§ 327e Abs. 3 BGB).

Für den Fall, dass eine Einbindung des digitalen Produkts in die digitale Umgebung des Verbrauchers Vertragsbestandteil ist, sind die Integrations-Anforderungen erfüllt,

  • wenn die Integration sachgemäß durchgeführt wurde oder
  • unsachgemäß durchgeführt wurde, dies aber nicht auf den Unternehmer und dessen unsachgemäßer Integration oder seiner bereitgestellten Anleitung beruht.

Der Aktualisierungspflicht wird der Unternehmer gerecht, wenn er dem Verbraucher während des maßgeblichen Zeitraums

  • Aktualisierungen bereitstellt, die für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit erforderlich sind, z.B. Sicherheitsupdates und
  • ihn über die Aktualisierungen informiert.

Was die Dauer der Aktualisierungspflicht anbetrifft und das Verhältnis zu den Produktherstellern, stößt man auf dieselben Problemfelder wie bei den Verträgen über Waren mit digitalen Elementen. Auch hier stellt sich die Frage nach der üblichen Nutzungs- und Verwendungsdauer eines konkreten Produkts. Zudem ist die Zusammenarbeit des Verkäufers mit demjenigen essenziell wichtig, der die Aktualisierung durchführen kann, also i.d.R. dem Hersteller.

Gewährleistungsrechte

Ist ein digitales Produkt mangelhaft nach den vorstehenden Maßstäben, haben Verbraucher ein Recht auf

  • Nacherfüllung (§ 327 l BGB),
  • Vertragsbeendigung (§ 327 m BGB),
  • Preisminderung (§ 327 n BGB),
  • Schadensersatz (§ 327 m Abs. 3 oder § 280 BGB),
  • Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§ 284 BGB).

Verjährung

Die Verjährungsfrist für Gewährleistungsrechte beträgt zwei Jahre ab dem Zeitpunkt der Bereitstellung (§ 327j Abs. 1 BGB). Bei dauerhafter Bereitstellung verjähren die Ansprüche nicht vor Ablauf von zwölf Monaten nach dem Ende des Bereitstellungszeitraums (§ 327j Abs. 2 BGB).

Wird die Aktualisierungspflicht verletzt, verjähren die Ansprüche zwölf Monate nach dem Ende des für die Aktualisierungspflicht maßgeblichen Zeitraums (§ 327j Abs. 3 BGB).

Auch bei Verträgen über digitale Produkte ist eine Ablaufhemmung vorgesehen: Zeigt sich ein Mangel innerhalb der Verjährungsfrist, tritt die Verjährung nicht vor Ablauf von vier Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat (§ 327 Abs. 4 BGB).

Beweislastumkehr

Zeigt sich bei einem digitalen Produkt innerhalb eines Jahres seiner Bereitstellung ein Mangel, so wird zugunsten des Verbrauchers vermutet, dass dieser schon bei Bereitstellung und bei dauerhaft bereitgestellten digitalen Produkten während der bisherigen Dauer der Bereitstellung vorlag (§ 327 k BGB).