Keine Beitragserhöhung in Fitnessstudios per Drehtür

Das LG Bamberg hat eine besonders ausgefuchste Preisanpassungsklausel eines Fitnessstudios für unwirksam erklärt. Mitglieder sollten der Erhöhung ihrer Monatsbeiträge durch Nutzung der Drehtür bei Betreten des Studios zustimmen.

Nicht nur Banken, auch Fitnessstudios entwickeln bei der Erfindung von pfiffigen Preisanpassungsklauseln, zu denen der Kunde nahezu unbemerkt seine Zustimmung erteilen soll, oft eine erstaunliche Kreativität. Ob solchermaßen fantasievolle Gestaltung zu rechtsverbindlichen Vereinbarungen führt, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Erhöhung des Mitgliedsbeitrages per E-Mail mitgeteilt

Das Unternehmen hatte den Kunden bzw. Mitgliedern der Fitnessstudios im April 2022 per E-Mail eine Erhöhung der Monatsbeiträge (von bisher 19,90 EUR monatlich auf 24,90 EUR monatlich) mitgeteilt.

Zustimmung „ganz unkompliziert“ durch Betreten des Studios

In der betreffenden E-Mail wies das beklagte Unternehmen darauf hin, dass zur Beitragsanpassung die Zustimmung des Mitglieds erforderlich ist. In der Mitteilung hieß es zur Erteilung der Zustimmung: „Dafür kannst du dich einfach an unseren Kundenservice wenden oder ganz unkompliziert bei deinem nächsten Studiobesuch unser Drehkreuz passieren…. Sofern du nicht einverstanden sein solltest, wende dich bitte vor deinem nächsten Studiobesuch an unseren Kundenservice…“. Die Drehkreuze im Eingangsbereich der Studios muss jeder Studionutzer, der trainieren will, passieren. An den Drehkreuzen montierte die Beklagte spezielle Infoaufsteller, die auf die Zustimmung zur Erhöhung der Mitgliedsbeiträge durch Passieren des Drehkreuzes hinwiesen.

Verbraucherzentrale Bundesverband verlangt Unterlassung

Der „Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.“ verklagte die Fitnessstudio-Gruppe auf Unterlassung dieser Vorgehensweise und bekam Recht. Nach der Entscheidung des Gerichts ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch begründet nach §§ 3 Abs. 1, 4a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2, 3, Abs. 3 UWG. Nach diesen Vorschriften sind aggressive geschäftliche Handlungen unlauter und damit rechtswidrig.

Entscheidung der Verbraucher sollte beeinflusst werden

Nach der Bewertung des LG ist die Aufforderung der Beklagten an die Mitglieder der Fitnessstudios, mit dem Durchschreiten des Drehkreuzes ihre Zustimmung zur zuvor mitgeteilten Beitragserhöhung zu erklären, als eine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG zu qualifizieren, die den Zweck verfolgt, eine geschäftliche Entscheidung der Verbraucher zu bewirken, nämlich die Zustimmung zu einer Beitragserhöhung.

Drehkreuz-Trick ist aggressive Verbraucherlenkung

Diese geschäftliche Handlung ist nach der Wertung des LG auch aggressiv, weil die Mitglieder zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden sollen, die sie – zumindest teilweise – andernfalls nicht getroffen hätten. Die Entscheidungsfreiheit der Mitglieder werde hierdurch in unlauterer Weise beeinflusst. Die Mitglieder könnten das Fitnessstudio nämlich nicht zum Training nutzen, ohne das Drehkreuz zu passieren. Eine andere Möglichkeit in das Fitnessstudio zu gelangen, existiere nicht. Die Mitglieder hätten daher nur die Möglichkeit, entweder die Preiserhöhung zunächst mit dem Durchschreiten des Drehkreuzes zu akzeptieren oder aber nicht zu trainieren.

Mitglieder werden zur Zustimmung genötigt

Der so ausgeübte Entscheidungsdruck habe die Qualität einer Nötigung im Sinne des § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG, für die ein erheblicher psychischer Druck ausreiche. Außerdem enthalte der auf die Preiserhöhung hinweisenden Aushang am Drehkreuz ein Überrumpelungsmoment, denn es sei nicht davon auszugehen, dass jedes Mitglied zuvor die auf die Preiserhöhung hinweisenden E-Mail zur Kenntnis genommen habe.

Wer trainieren wollte, hatte keine Wahl

Die erst nachträglich bestehende Möglichkeit der Kunden, der Beitragserhöhung zu widersprechen, ändert nach Auffassung des LG an dieser Bewertung nichts. Im Ergebnis werde durch die gewählte Vorgehensweise von den Kunden zunächst die unbedingte Zustimmung gefordert, die erst durch eine weitere, dem Kunden möglicherweise unangenehme Aktivität, wieder zurückgezogen hätte werden können. Nach der gesamten Gestaltung hätten Kunden auch den Eindruck haben können, dass eine nachträgliche Rücknahme der Zustimmung negative Konsequenzen für ihre Mitgliedschaft haben könne.

Unangemessene Benachteiligung der Kunden

Insgesamt bewertete das LG das Verhalten als unlauter und rügte ergänzend einen Verstoß gegen die gesetzlichen Regeln für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Bestimmung, wonach dem Durchschreiten des Drehkreuzes die Bedeutung einer Zustimmung zur Beitragserhöhung zukomme, beinhalte die Fiktion eines Konsenses über die Beitragserhöhung und weiche damit von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in unangemessener und die Kunden benachteiligender Weise ab.

Unterlassungsbegehren erfolgreich

Vor diesem Hintergrund gab das LG dem Unterlassungsantrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes in vollem Umfange statt.

(LG Bamberg, Urteil v. 15.3.2024, 13 O 730/22)

Hintergrund:

Das Urteil des LG Bamberg ist nicht das erste seiner Art. In einer ähnlichen Konstellation hatte auch das LG Augsburg die Zustimmung zur Preiserhöhung durch Passieren eines Drehkreuzes zum Eingang eines Fitnessstudios ebenfalls als unlautere, aggressive geschäftliche Handlung gegenüber ihren Kunden bewertet und einem Unterlassungsantrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes stattgegeben (LG Augsburg, Urteil v. 6.10.2023, 0181 O 1161/23).

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