Im Gewährleistungsreicht bleibt es wie bisher, dass zunächst der Käufer einen Nacherfüllungsanspruch hat und erst im zweiten Schritt die weiteren Anspruchsgrundlagen eröffnet werden. Allerdings ist jetzt neu bei Verbrauchern das Erfordernis der Fristsetzung entfallen. Des Weiteren wurde zugunsten des Verbrauchers der Zeitraum der Beweislastumkehr verlängert.

Bei Mängeln einer Sache gilt weiterhin:

  • Im ersten Schritt hat der Käufer (nur) einen Nacherfüllungsanspruch. Diese Gelegenheit, die Sache zu reparieren oder neu und mangelfrei zu liefern, muss er dem Verkäufer geben.
  • Erst im nächsten Schritt, wenn die Nacherfüllung nicht zum gewünschten Ergebnis führt, kann der Käufer den Kaufpreis mindern, vom Vertrag zurücktreten und Schadensersatz verlangen.

Voraussetzung für Rücktritt, Minderung und Schadensersatz war bis zum 31.12.2021, dass der Käufer dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte, die ergebnislos verstrichen ist.

  • Im B2B-Bereich bleibt es dabei.
  • Bei Verbrauchergeschäften ist das Erfordernis der Fristsetzung entfallen.
  • Der Käufer muss jetzt nur noch
  • den Verkäufer von dem Mangel unterrichten und
  • eine angemessene Frist verstreichen lassen, ohne diese selbst aktiv und konkret zu setzen.
  • Im Anschluss kann er die Sekundäransprüche (Rücktritt, Minderung, Schadensersatz) geltend machen.

Ein Zögern bei der Nacherfüllung auf Verkäuferseite kann also unangenehme Folgen haben, die v.a. dann unnötig ärgerlich und aufwendig sind, wenn es um kleine Mängel bei höherwertigen Sachen geht, z.B. bei der Reparatur eines kleinen Kratzers bei einem Neuwagen. Hier kann der Käufer den gesamten Kaufvertrag zur Rückabwicklung bringen.

Die Entbehrlichkeit der Fristsetzung gilt auch für Kaufverträge über Sachen mit digitalen Elementen (§ 475d Abs. 1 Satz 1 BGB).

Verlängerung der Beweislastumkehr auf ein Jahr

Verbraucher wurden bislang schon privilegiert, indem die Beweislast für sechs Monate ab Gefahrübergang der Kaufsache zu ihren Gunsten umgedreht wurde. War innerhalb der ersten sechs Monate ein Mangel aufgetaucht, galt für sie die Vermutung, dass die Sache schon bei Gefahrübergang mangelhaft war. Dieser Zeitraum wurde ab 1.1.2022 auf das Doppelte verlängert und beträgt somit nun 12 Monate. Dabei wird nicht mehr darauf abgestellt, dass sich „ein Sachmangel gezeigt hat, sondern ob sich ein „von den Anforderungen nach § 434 abweichender Zustand" offenbart hat.

Die Beweislastumkehr von einem Jahr gilt mit einer Ausnahme:

Bei lebenden Tieren bleibt es bei der sechsmonatigen Beweislastumkehr (§ 477 Abs. 1 BGB).

Hinweis: Bei digitalen Elementen gilt die Beweislastumkehr 24 Monate!

Beim Verkauf einer Ware mit digitalen Elementen, die dauerhaft bereitgestellt werden, ist der Zeitraum der Beweislastumkehr noch länger. Zeigt sich hier ein von den vertraglichen Anforderungen nach § 434 oder § 475b abweichender Zustand der digitalen Elemente während der Dauer der Bereitstellung oder innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren seit Gefahrübergang, so wird vermutet, dass die digitalen Elemente schon während der bisherigen Dauer der Bereitstellung mangelhaft waren.

Ausweitung der Verjährung

Der die Verjährung von Mängelansprüchen regelnde § 438 BGB bleibt unverändert bestehen. Die Gewährleistungsfrist beträgt also weiterhin zwei Jahre ab Lieferung der Sache. Ergänzt wird er nun jedoch durch die Sonderregelung des neuen § 475e BGB. Dieser enthält verbraucherfreundliche Varianten von Ablaufhemmungen.

  • Zeigt sich ein Mangel innerhalb der 24-monatigen Gewährleistungsfrist, tritt die Verjährung erst vier Monate nach Auftauchen des Mangels ein (§ 475e Abs. 3 BGB). Bei allen Mängeln, die ab dem 20. Monat zutage treten, verlängert sich somit der Gewährleistungszeitraum im Vergleich zur Rechtslage, die bis Ende 2021 galt.
  • Wenn während der Gewährleistungsfrist ein Mangel auftaucht, dem durch Nacherfüllung abgeholfen wird, verjähren die Mängelansprüche frühestens zwei Monate nach Übergabe der nachgebesserten bzw. ersetzten Ware. Das Gleiche gilt bei der Nacherfüllung bzgl. einer Garantie (§ 475e Abs. 4 BGB).

Neue Regeln für Garantieerklärungen

Die Garantie ist und bleibt – im Gegensatz zur gesetzlichen Gewährleistung – eine Verpflichtung des Verkäufers, die auf Freiwilligkeit beruht. Deshalb ist sie grundsätzlich auch inhaltlich frei gestaltbar.

Seit dem 1.1.2022 hat die Garantieerklärung gegenüber einem Verbraucher jedoch nachfolgende Mindestanforderungen zu erfüllen (§ 479 BGB):

  • Sie muss einfach und verständlich abgefasst sein.
  • Bis zur Lieferung der Kaufsache muss der Käufer die Garantieerklärung auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung haben, also z.B. per E-Mail, als PDF-Datei oder in Papierform.
  • Sie muss den Hinweis enthalten, dass die Inanspruchnahme der gesetzlichen Mängelrechte unentgeltlich ist und durch die Garantie nicht eingeschränkt werden.
  • Aus ihr müssen sich folgende Informationen ergeben: Name und Anschrift des Garantiegebers, Verfahren für die Geltendmachung der Garantie, genaue Bezeichnung der Kaufsache, für die die Garantie gewährt wird, Nennung von Dauer und räumlichem Geltungsbereich der Garantie.

Verstößt der Verkäufer gegen diese Vorgaben, droht ihm eine kostenpflichtige Abmahnung.

Da ein Verstoß nicht zu Lasten des Verbrauchers gehen kann, bleiben diesem seine Garantierechte voll erhalten.