Die Kanzlei-Strategie nicht aus den Augen verlieren

Spektakuläre Kanzleipleiten wie diejenige von Dewey & LeBoeuf zeigen, dass Wachstum um jeden Preis noch lange keine Strategie darstellt. Das Anheuern von in der Vergangenheit erfolgreichen Anwälten auf Pump führt ins Chaos, wenn die neuen Partner nicht vom Stand weg zünden. Eine Strategie zu verfolgen, ist dennoch wichtig. Es muss nur die richtige sein.

Gleichgültig, in welchem Segment Anwälte heutzutage tätig sind – der Wettbewerbsdruck nimmt in allen Bereichen zu. Die großen nationalen und internationalen Sozietäten müssen mit der Internationalisierung der Großunternehmen genauso Schritt halten wie der Einzelanwalt, der auf immer besser informierte Privatmandanten trifft.

Auch kleine und mittelständische Unternehmen erwarten eine anspruchsvolle Beratungspalette

Auch kleine und mittelständische Unternehmen sind Nutznießer der Globalisierung. Sie liefern ebenso wie die Großindustrie Waren nach Fernost, nach China, Indien oder wo auch sonst auf der Welt. Kleine und regional ausgerichtete Anwaltsbüros können diese „Stammmandanten“ aber nur halten, wenn sie sich in ihre Mandanten hineinversetzen und ihre Beratungspalette ständig an den Bedürfnissen der Klienten ausrichten und ihre Fachkenntnisse sowie den Service anpassen. 

Einmal im Jahr Strategie-Wochenende einlegen

Bei all der Arbeit und Hetze, die sich im Laufe eines Jahres einstellt, ist es um so wichtiger, wenigstens einmal im Jahr durchzuatmen und an einem inspirierenden Ort zusammen mit den Kollegen und/oder einem externen Moderator zu hinterfragen, ob die Strategie des eigenen Tuns noch stimmt.

Unter Strategie im unternehmerischen Sinne versteht man die langfristigen Ziele eines Unternehmens. Dazu zählt es natürlich auch, den Wert der Kanzlei kontinuierlich zu steigern.

  • Wo soll die Kanzlei in 10 Jahren stehen?

  • Was unterscheidet uns von den Wettbewerbern?

  • Worin liegt unsere Einzigartigkeit?

Selbst die Besten müssen sich immer wieder neu erfinden

Selbst Kanzleien, bei denen es blendend läuft, sollten sich diese Fragen stellen. Denn Veränderungsprozesse in der Außenwelt verlaufen oft schleichend. Und selbst die Besten müssen sich immer wieder neu erfinden, wie gerade der FC Bayern München zeigt. Trotz Triple-Gewinns will der neue Trainer Pep Guardiola das Spielsystem verändern und perfektionieren. Ganz in dem Sinn: Stillstand ist Rückstand.

Stärken fördern

Da sich die Außenwelt immer schneller weiter zu entwickeln scheint, müssen sich die Anwälte mit diesen Veränderungen auseinandersetzen und die Chancen, aber auch die Risiken bestimmter Entwicklungen in den regionalen oder überregionalen Märkten und Branchen erkennen. Dabei gilt es auch durchaus selbstkritisch zu hinterfragen, ob die Ausbildung und Erfahrung der beteiligten Anwälte ausreicht, um auf den jeweiligen Märkten weiterhin zu bestehen.

Schwachstellen beheben

Nun wird es keinen Sinn machen, eine baurechtlich ausgerichtete Kanzlei völlig umzupolen und beispielsweise auf den gewerblichen Rechtsschutz auszurichten. Aber Schwächen im Bereich des Vergaberechts lassen sich durch Seminare oder personelle Verstärkungen durchaus schließen. Zudem gilt es, vorhandene Stärken weiter auszubauen, damit der jeweils relevante Wettbewerbsvorteil auch künftig erhalten bleibt.

Wachstum ist noch keine Strategie

Gewarnt sei an dieser Stelle auch vor einem falschen Verständnis von Wachstum. Eine Kanzlei, die in eine Marktlücke hineingestoßen ist und erfolgreich agiert, sollte sich lieber zweimal fragen, ob sie weitere Standorte und zusätzliches Personal benötigt. Denn Wachstum macht letztlich nur Sinn, wenn dadurch ein dauerhaft-nachhaltiger Wettbewerbsvorteil entsteht, welcher zudem noch die Rentabilität der Kanzlei steigert.

Einstellungen alleine sind noch kein Erfolgsgarant

Schließlich ist es keine große Kunst, qualifiziertes juristisches Personal einzustellen. Die Gretchenfrage lautet am Ende aber: Haben sich die Personalinvestitionen amortisiert? Welche zusätzlichen Werte konnten geschaffen werden? 

Wo kommt der Umsatz her?

In Kanzleien sollten die Partner zudem darauf achten, dass möglichst alle Partner gleichmäßig zum Umsatz beitragen. Allzu große Unterschiede in den Einkommen dürften nämlich auf Dauer zu Spannungen führen. Auch die Akquise und Herkunft des Kanzleiumsatzes ist letztlich also eine strategische Frage, bei der Chancen und Risiken wohl abgewogen sein wollen.