Beratungs- Prozess- und Verfahrenskostenhilfe

Schon bei der Ter­min­ver­ein­ba­rung muss das Per­sonal bei unbe­kannten künf­tigen Man­danten deren Situa­tion erfragen und diesen erläu­tern, dass und wo sie sich einen Bera­tungs­hil­fe­schein besorgen können (müssen) bzw. dass ein Pro­zess­kos­ten­hil­fe­for­mular aus­zu­füllen ist und alle Angaben zu belegen sind. Beim Aus­füllen der For­mu­lare sollte das Fach­per­sonal zur Ver­fü­gung stehen.    

Gerichte sind bei Bera­tungs­hilfe zulasten des Anwalts oft «knau­serig» und ver­su­chen gern, mehrere Ange­le­gen­heiten als eine Ange­le­gen­heit i. S. d. §§ 15 Abs. 2, 16 Abs. 4, 44 RVG zu behan­deln. Auf­he­bung der ehe­li­chen Güter­ge­mein­schaft und Tren­nungs­un­ter­halt sind z. B. gebüh­ren­recht­lich 2 Ange­le­gen­heiten (OLG Bran­den­burg, Beschluss v. 29.9.2009, 6 W 105/08).

Ver­zichtet der Mandant frei­willig trotz Kenntnis der Vor­aus­set­zungen darauf, Bera­tungs­hilfe in Anspruch zu nehmen, z. B. weil ein Dritter die Anwalts­ge­bühren für ihn über­nimmt, greift § 8 BerHG nicht, d. h. die Gebühr unterfällt nicht dem BerHG. Über die Bera­tungs­hil­fe­ge­bühr hinaus kann der Rechts­an­walt ent­weder eine Ver­gü­tungs­ver­ein­ba­rung abschließen oder die all­ge­meinen gesetz­li­chen Gebühren abrechnen. Im manchen Fällen kommt für den Anwalt auch ein Kos­ten­er­satz durch den Gegner gem. § 9 BerHG in Betracht.

Ist ein Anwalt im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe beigeordnet worden, kann er nach Abschluss einer an sich zulässigen Vergütungsvereinbarung keine zusätzlichen Gebühren vom Mandanten verlangen, § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, § 3a Abs. 4 RVG. Dem Anwalt droht andernfalls Strafverfolgung wegen Gebührenüberhebung gemäß § 352 StGB sowie eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungsverfügung (LG Cottbus, Urteil v. 17.3.2021, 1 O 56/21).

Wahlanwaltsgebühren trotz Verfahrenskostenhilfe

Aufgrund der Gesetzeslage haben Anwälte dennoch die Möglichkeit, auch bei Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in den Genuss der Wahlgebühr zu kommen. Die Vergütungssperre des § 122 ZPO gilt erst ab dem Zeitpunkt der Bewilligung und Beiordnung des Anwalts. Der Anwalt kann vor der Bewilligung und Beiordnung einen angemessenen Vorschuss für seine Tätigkeit verlangen. Gemäß § 58 Abs. 2 RVG wird ein solcher Vorschuss auf den Teil des Vergütungsanspruchs des Anwalts angerechnet, für den kein Anspruch gegen die Staatskasse besteht. Im Falle einer anschließenden Beiordnung kann der Anwalt also den Vorschuss in Höhe der Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung und der PKH-Vergütung behalten. Das bedeutet: Fordert der Anwalt vor seiner Beiordnung die Zahlung eines Vorschusses in Höhe der Differenz von Wahlvergütung und PKH-Vergütung, verbleibt ihm im Ergebnis die volle Vergütung eines Wahlanwalts.

Für Tätig­keiten, die nicht durch die Bewil­li­gung der Pro­zess­kos­ten­hilfe gedeckt sind, kann der Rechts­an­walt die ver­ein­barte Ver­gü­tung ver­langen. In Fällen, in denen die Pro­zess­kos­ten­hilfe im Nach­hinein auf­ge­hoben wird, kann der Anwalt auch vom Man­danten die Fest­set­zung der Ver­gü­tung nach § 11 RVG bean­tragen. Nie ver­gessen werden sollte auch die Fest­set­zung der wei­teren Ver­gü­tung nach § 50 RVG.

PKH umfasst auch Reisekosten

Im Rahmen der Bratungs-, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe werden auch Reisekosten erstattet, § 46 RVG. Dies gilt für eine Beiordnung uneingeschränkt, wenn Mandant und Anwalt bzw. zuständiges Gericht im gleichen Gerichtsbezirk ansässig sind. Hat der Anwalt seine Kanzlei außerhalb des Gerichtsbezirks, so kommt es häufig zu einer eingeschränkten Beiordnung. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob die bedürftige Partei Anspruch auf einen zusätzlichen Verkehrsanwalt hat, § 121 ZPO, § 78 Abs. 4 FamFG. Ist der Anwalt vor einem auswärtigen Gericht zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassen Anwalts beigeordnet worden, so kann er seine Reisekosten aus der Landeskasse bis zur höchstmöglichen Entfernung innerhalb des betreffenden Gerichtsbezirks verlangen.

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