aa) Sachliche und örtliche Zuständigkeit

 

Rz. 29

Hilft der Urkundsbeamte der Erinnerung gegen seine Entscheidung über die Beratungshilfevergütung nicht ab, entscheidet über die Erinnerung gemäß § 56 Abs. 1 S. 3 das nach § 4 Abs. 1 BerHG zuständige Gericht. Dieses Gericht, das in der Regel auch bereits die Vergütung festgesetzt hat (§ 55 Abs. 4; vgl. auch § 55 Rdn 103 ff.),[83] ist in der Regel das Gericht des allgemeinen Gerichtsstands (Wohnorts) des Rechtsuchenden. Problematisch ist diese Regelung dann, wenn der Rechtsuchende nach Festsetzung der Vergütung seinen Wohnsitz gewechselt hat, weil dann zur Entscheidung über die Erinnerung das Gericht am neuen Wohnsitz des Rechtsuchenden zuständig wäre. Das erscheint unpraktikabel und spricht für die Zuständigkeit des Gerichts am bisherigen Wohnort.[84]

[83] OLG Düsseldorf AGS 2008, 556 = Rpfleger 2009, 241.
[84] So Hansens, in: Hansens/Braun/Schneider, Teil 7 Rn 157.

bb) Zuständigkeit des Rechtspflegers

 

Rz. 30

Es ist umstritten, ob bei der Beratungshilfevergütung im Fall der Nichtabhilfe des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (des gehobenen oder mittleren Justizdienstes, vgl. § 55 Rdn 107 f.) der Richter oder der Rechtspfleger als Gericht des Rechtzugs i.S.v. § 56 Abs. 1 anzusehen ist. Soweit hier zutreffend die Zuständigkeit des Rechtspflegers bejaht wird,[85] wird das auf die Regelung in §§ 3 Nr. 3f, 24a RPflG gestützt. Dort ist bestimmt, dass dem Rechtspfleger das Geschäft "Entscheidung über Anträge auf Gewährung von Beratungshilfe einschließlich der grenzüberschreitenden Beratungshilfe nach § 10 Abs. 4 des Beratungshilfegesetzes" übertragen ist. Deshalb sei der Rechtspfleger Gericht des Rechtszugs i.S.v. § 56 Abs. 1. Von der Erinnerungsentscheidung ausgeschlossen ist natürlich derjenige Rechtspfleger, der ggf. als Urkundsbeamter des gehobenen Dienstes die Beratungshilfevergütung festgesetzt hat (vgl. § 55 Rdn 107 f.).[86]

 

Rz. 31

Erst wenn der Rechtspfleger entschieden hat, entscheidet über die dagegen eingelegte Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2 RPflG (Zweiterinnerung) der Richter des Gerichts, bei dem die angefochtene Festsetzung erfolgt ist. § 11 Abs. 2 RpflG legt die Frist zur Einlegung der Erinnerung zur Verfahrensvereinfachung einheitlich auf zwei Wochen fest (§ 11 Abs. 2 S. 1). Nach § 11 Abs. 2 S. 7 RpflG sind auf die Erinnerung die Vorschriften über die sofortige Beschwerde in §§ 567 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden. In den von § 11 RpflG erfassten Verfahren ist eine einfache unbefristete Beschwerde nicht vorgesehen.[87]

 

Rz. 32

Für die Zuständigkeit des Rechtspflegers spricht, dass dem Rechtspfleger in Beratungshilfesachen die Sachentscheidung (Bewilligung der Beratungshilfe) gem. §§ 24a, § 3 Nr. 3f RpflG vollumfänglich übertragen ist und er deshalb als Gericht i.S.v. § 56 Abs. 1 angesehen werden muss. Zwar regelt § 3 Nr. 3 RpflG anders als § 3 Nr. 1 RpflG keine Vollübertragung von Geschäften. Faktisch liegt aber eine Vollübertragung durch § 24a RpflG schon deshalb vor, weil bei der Beratungshilfe eine Zuständigkeit des Richters gem. § 24a Abs. 2 RpflG, § 6 Abs. 2 BerHG nur im Erinnerungsverfahren gegen die Zurückweisung des Beratungshilfeantrages in Betracht kommt.[88] Es ist schließlich auch nicht einzusehen, warum gerade die Entscheidung über die Erinnerung der Festsetzung der Beratungshilfevergütung durch den Urkundsbeamten dem Richter vorbehalten sein soll, während die häufig sicherlich gewichtigeren Entscheidungen über Erinnerungen gegen Maßnahmen des Urkundsbeamten in Grundbuchsachen nach nahezu einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung vom Rechtspfleger getroffen werden können.[89]

[85] So LG Wuppertal 13.8.2012 – 6 T 404/12; LG Mönchengladbach AGS 2009, 80 = JurBüro 2009, 95; AG Kiel AGS 2010, 96 = Rpfleger 2010, 126; AG Kiel AGS 2009, 126 = Rpfleger 2009, 249; AG Lübeck Rpfleger 1984, 75; Fölsch, NJW 2010, 350.
[86] AG Kiel AGS 2010, 96 = Rpfleger 2010, 126; AG Kiel AGS 2009, 126 = Rpfleger 2009, 249.
[87] BT-Drucks 17/10490, S. 16.

cc) Zuständigkeit des Richters

 

Rz. 33

Gegen die Zuständigkeit des Rechtspflegers (und für die Zuständigkeit des Richters) wird insbesondere eingewandt, dass sie bei der Beratungshilfevergütung zwei Erinnerungsverfahren erfordere (§ 56 und § 11 Abs. 2 RPflG), um zu einer richterlichen Entscheidung zu gelangen. Diese doppelte Erinnerung sei umständlich und der sonstigen gesetzlichen Systematik fremd.[90] Aus § 24a RpflG könne nicht gefolgert werden, dass der Rechtspfleger in der Beratungshilfe Gericht des Rechtszugs i.S.v. § 56 Abs. 1 sei. Deshalb sei sogleich der Richter zur Entscheidung über die Erinnerung berufen.[91] Hat der Rechtspfleger als Urkundsbeamter des gehobenen Dienstes und nicht der Beamte des mittleren Dienstes (vgl. dazu § 55 Rdn 107 f.) die Beratungshilfevergütung festgesetzt, spricht für die unmittelbare Zuständigkeit des Richters zur Entscheidung über die Erinnerung, dass der Rechtspfleger im Rahmen der A...

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