I. Gesetzlich geregelte Anwendungsfälle.

 

Rn 3

Dem schuldrechtlichen Ausgleich unterliegen zum einen die im Zeitpunkt der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung noch nicht ausgleichsreif gewesenen Anrechte (s § 19 II) sowie die zwar an sich ausgleichsreif gewesenen, aber vom Gericht gem § 19 III nicht in den Wertausgleich einbezogenen Anrechte (sog Ausgleichssperre, s § 19 Rn 3). Die bereits vollständig öffentlich-rechtlich ausgeglichenen Anrechte bleiben im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich außer Betracht (BGH FamRZ 05, 1464). Hinsichtlich dieser Anrechte brauchen daher keine Ermittlungen mehr angestellt zu werden. Eine Abänderung des nach früherem Recht durchgeführten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs findet nur im Verfahren nach den §§ 51, 52, eine Abänderung des nach neuem Recht durchgeführten Wertausgleichs bei der Scheidung nur im Verfahren nach den §§ 225, 226 FamFG statt. Ist ein Anrecht allerdings nach früherem Recht nur tw öffentlich-rechtlich ausgeglichen worden, kann der Rest noch einem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zugeführt werden (s Rn 9). In diesem Fall kann auch eine nachträgliche Änderung des Gesamtwerts der Versorgung berücksichtigt werden, indem die Differenz zwischen dem nunmehr festzustellenden Gesamtwert der Versorgung und dem tatsächlich bereits öffentlich-rechtlich ausgeglichenen Betrag als schuldrechtlich auszugleichende Versorgung zugrunde gelegt wird (Celle FamRZ 93, 1328; Karlsr FamRZ 00, 235, 237). Ein Anrecht kann insg schuldrechtlich ausgeglichen werden, wenn ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nach früherem Recht daran gescheitert ist, dass der Höchstbetrag für ein erweitertes Splitting nach § 3b I Nr 1 VAHRG bereits durch den Ausgleich eines anderen Anrechts ausgeschöpft und auch ein Ausgleich durch Beitragsentrichtung nach § 3b I Nr 2 VAHRG nicht möglich war (Celle FamRZ 14, 1783).

 

Rn 4

Gem § 28 III gelten die §§ 2022 für die Durchführung des Ausgleichs privater Invaliditätsrenten entspr. Dabei handelt es sich um eine Rechtsfolgenverweisung. Materiell-rechtlich handelt es sich zwar um eine besondere Form des Wertausgleichs bei der Scheidung, weshalb der Ausgleich bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 28 I vAw schon bei der Scheidung vorzunehmen ist (§ 137 II 2 FamFG) und der Ausgleichsanspruch grds schon mit Rechtskraft der Scheidung entsteht (BGH FamRZ 22, 1761 Rz 32; vgl auch § 28 Rn 4). Der Ausgleich erfolgt jedoch nicht im Wege interner oder externer Teilung, sondern in schuldrechtlicher Form (BGH FamRZ 22, 1761 Rz 12).

 

Rn 5–6

[nicht besetzt]

 

Rn 7

Ferner ist ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich durchzuführen, soweit die Ehegatten dies wirksam vereinbart haben (§ 6 I 2 Nr 3). Ein Zwang zum Abschluss einer Verrechnungsvereinbarung eines gesetzlich Versicherten mit einem zu seinen Gunsten extern zu teilenden Anrecht ist indes ausgeschlossen (BGH FamRZ 20, 169 Rz 15 ff).

II. Im Wertausgleich unberücksichtigt gebliebene Anrechte.

 

Rn 8

Ein Anrecht, das gem § 9 I dem Wertausgleich bei der Scheidung oder nach früherem Recht dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich unterfiel, aber dennoch unberücksichtigt geblieben ist, kann noch schuldrechtlich ausgeglichen werden, wenn sich aus der Ausgangsentscheidung ergibt, dass das Gericht dieses Anrecht gesehen hat, aber einem späteren schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten wollte. Das gilt zB, wenn das Anrecht zu Unrecht als nicht ausgleichsreif angesehen worden ist (BGH FamRZ 17, 197 Rz 19, 21). Dagegen kann ein Anrecht, das – aus welchen Gründen auch immer – bei Durchführung des Wertausgleichs übersehen und über dessen Ausgleich (oder Ausschluss vom Versorgungsausgleich) keine Entscheidung getroffen worden ist, nicht mehr schuldrechtlich ausgeglichen werden (BGH FamRZ 13, 1548 Rz 21 ff; 13, 1642 Rz 23; 14, 1614 Rz 13; vgl dazu näher FamR-Komm/Wick § 20 Rz 8 ff). Insoweit ist auch kein Abänderungsverfahren nach § 51 oder nach § 225 FamFG mehr möglich, da dieses eine nach dem Ende der Ehezeit eintretende Veränderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse der berücksichtigten Anrechte voraussetzt, die auf den ermittelten Ehezeitanteil (Ausgleichswert) zurückwirkt (s § 51 Rn 4b). In Betracht kommen in diesen Fällen allenfalls ein Wiederaufnahmeverfahren gem § 48 II FamFG iVm §§ 579, 580 ZPO, wenn die ausgleichspflichtige Person ein Anrecht in betrügerischer Absicht bewusst verheimlicht hat, oder Schadensersatzansprüche des Ausgleichsberechtigten gegen den eigenen Anwalt oder gegen den Ausgleichspflichtigen (vgl Wick FuR 23, 118). Im Übrigen erwächst die ›falsche‹ Entscheidung in Rechtskraft. Ausgleichsansprüche nach der Scheidung sind auch ausgeschlossen, soweit das Gericht iRd Entscheidung über den Wertausgleich ausdrücklich festgestellt hat, dass‹ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet›. Dies betrifft die in § 224 III FamFG geregelten Fälle kurzer Ehezeit (ohne einen auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gerichteten Antrag), eines vereinbarten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs, einer Herausnahme von Anrechten aus dem Versorgungsausgleich gem § 18 und ei...

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