Gesetzestext

 

(1) Ein Anrecht der Privatvorsorge wegen Invalidität ist nur auszugleichen, wenn der Versicherungsfall in der Ehezeit eingetreten ist und die ausgleichsberechtigte Person am Ende der Ehezeit eine laufende Versorgung wegen Invalidität bezieht oder die gesundheitlichen Voraussetzungen dafür erfüllt.

(2) Das Anrecht gilt in vollem Umfang als in der Ehezeit erworben.

(3) Für die Durchführung des Ausgleichs gelten die §§ 20 bis 22 entsprechend.

A. Vorbemerkung.

 

Rn 1

Kap 3 erfasst Sondervorschriften für den Ausgleich privatrechtliche Versorgungen wegen Invalidität (§ 28), spezielle Regelungen für die Versorgungsträger (§§ 29, 30) und Bestimmungen über die Auswirkungen des Todes eines Ehegatten auf den Versorgungsausgleich (§ 31).

B. Anwendungsbereich der Vorschrift.

 

Rn 2

Von § 28 werden private Berufsunfähigkeits(zusatz-)versicherungen erfasst. Dabei handelt es sich um reine Risikoversicherungen. Das Versicherungsunternehmen verspricht der versicherten Person als Gegenleistung für deren Beiträge eine Rente für den Fall der Berufsunfähigkeit (BU). Dieser Versicherungsfall tritt ein, wenn die versicherte Person den zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben kann. IdR wird die Rente fällig, wenn der Grad der Erwerbsminderung wenigstens 50 % beträgt. Üblicherweise wird die Rente nur für eine vertraglich festgelegte Zeit, etwa bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze für den Bezug einer gesetzlichen Rente, geleistet. Im Gegensatz zur Leibrentenversicherung wird bei der BU-Versicherung ein Deckungskapital erst dann gebildet, wenn der Versicherungsfall tatsächlich eingetreten ist. Der Versicherungsschutz wird immer mit dem jew letzten Beitrag aufrechterhalten. Voraussetzung für die Zahlung der Rente ist daher, dass die versicherte Person die Beiträge bis zum Eintritt des Versicherungsfalles tatsächlich gezahlt hat. Die Zusatzversicherung unterscheidet sich von der selbständigen BU-Versicherung im Wesentlichen nur darin, dass neben oder anstelle der Rente als Versicherungsleistung die Befreiung von der Beitragszahlung zur Hauptversicherung im Falle der BU vereinbart werden kann. Das führt dazu, dass die Hauptversicherung (zB eine Lebensversicherung) aus den Leistungen der BU-Zusatzversicherung finanziert wird.

 

Rn 2a

Auf Invaliditätsrenten der betrieblichen Altersversorgung ist § 28 weder unmittelbar noch entspr anwendbar. § 28 enthält eine auf den Bereich der Privatvorsorge beschränkte Sonderregelung, die nicht erweiterungsfähig ist (BGH FamRZ 17, 1749 Rz 13 ff). Der Rechtsgedanke des § 28, dass die Einbeziehung einer laufenden Invaliditätsrente in den Versorgungsausgleich grds unbillig erscheint, wenn und soweit der (ungekürzte) Ausgleich dazu führt, dass dem ausgleichsberechtigten Ehegatten bei eigener fortbestehender Erwerbsfähigkeit der gesamte Ausgleichswert vollständig für die Altersversorgung zur Verfügung steht, während das bei dem ausgleichspflichtigen Ehegatten verbleibende Anrecht (auch) die Zeit seiner Invalidität bis zum Erreichen der Altersgrenze mit abdecken muss, lässt sich jedoch auf die betriebliche Altersversorgung übertragen. Diese gesetzgeberische Wertentscheidung muss iR einer Billigkeitsabwägung nach § 27 maßgeblich berücksichtigt werden (BGH FamRZ 17, 1749 Rz 30).

C. Voraussetzungen für die Einbeziehung in den Versorgungsausgleich.

 

Rn 2b

Ein Anrecht der privaten Invaliditätsversorgung fällt gem § 28 I nur dann in den Versorgungsausgleich, wenn zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind: Der Versicherungsfall muss bei dem Ausgleichspflichtigen innerhalb der Ehezeit (iSd § 3 I) eingetreten sein und der Ausgleichsberechtigte muss am Ende der Ehezeit bereits eine Invaliditätsrente beziehen oder jedenfalls die gesundheitlichen Voraussetzungen dafür erfüllen. In diesem Fall ist bereits im Scheidungsverbund über den Ausgleich der Berufsunfähigkeitsrente zu entscheiden (BGH FamRZ 22, 1517 Rz 34; s.a. Rn 4).

 

Rn 2c

Der Versicherungsfall ist bei dem Ausgleichspflichtigen in der Ehezeit eingetreten, wenn sich das versicherte Risiko in diesem Zeitraum verwirklicht hat und deshalb am Ende der Ehezeit eine Invaliditätsrente an ihn gezahlt wird. Nur in diesem Fall ist tatsächlich ein Deckungskapital gebildet worden und hat sich das Anrecht realisiert. In der Anwartschaftsphase fehlt es dagegen an einer für den Versorgungsausgleich geeigneten Ausgleichsmasse (BTDrs 16/10144, 69; Frankf FamRZ 14, 761, 763).

 

Rn 2d

Beim Ausgleichsberechtigten müssen nicht die gleichen gesundheitlichen Voraussetzungen erfüllt sein wie beim Ausgleichspflichtigen. Es genügt vielmehr, dass er die gesundheitlichen Anspruchsvoraussetzungen für eine Invaliditätsrente aus dem Versorgungssystem erfüllt, dem er selbst angehört, hilfsweise die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen (teilweiser) Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung gem § 43 I 1 Nr 2, II 1 Nr 2 SGB VI. Für dieses weite Verständnis sprechen sowohl der Wortlaut des Gesetzes als auch die Gesetzesbegründung (BTDrs 16/10144, 69; BGH FamRZ 22, 1761 Rz 29 ff).

D. Ehezeitanteil (Abs 2).

 

Rn 3

Ist ein Anrecht der privaten Invaliditätsversorgung in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, gilt es gem § 28 II i...

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