Gesetzestext

 

(1) 1Ist ein Anrecht nicht ausgleichsreif, so findet insoweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt. 2§ 5 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Ein Anrecht ist nicht ausgleichsreif,

1. wenn es dem Grund oder der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt ist, insbesondere als noch verfallbares Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
2. soweit es auf eine abzuschmelzende Leistung gerichtet ist,
3. soweit sein Ausgleich für die ausgleichsberechtigte Person unwirtschaftlich wäre,
4. wenn es bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Versorgungsträger besteht oder
5. wenn sich bei einem Anrecht aus der betrieblichen Altersversorgung oder der privaten Altersvorsorge nach dem Ende der Elternzeit der Kapitalwert als maßgebliche Bezugsgröße und damit der Ausgleichswert verändert hat, weil die ausgleichspflichtige Person innerhalb der bisher bestehenden Leistungspflicht eine Versorgung aus dem Anrecht bezogen hat, und die ausgleichsberechtigte Person verlangt, dass das Anrecht vom Wertausgleich bei der Scheidung ausgenommen wird.

(3) Hat ein Ehegatte nicht ausgleichsreife Anrechte nach Absatz 2 Nr. 4 erworben, so findet ein Wertausgleich bei der Scheidung auch in Bezug auf die sonstigen Anrechte der Ehegatten nicht statt, soweit dies für den anderen Ehegatten unbillig wäre.

(4) Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß den §§ 20 bis 26 bleiben unberührt.

A. Vorbemerkung.

 

Rn 1

Nicht ausgleichsreif sind ausschließlich die in II genannten Anrechte. An der Ausgleichsreife fehlt es, wenn ein Anrecht dem Grunde und der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt ist (BGH FamRZ 13, 1021; 21, 1280). Dies gilt nicht für Anrechte mit einer verfassungswidrigen Wertermittlung (BGH FamRZ 17, 872) und für gepfändete Anrechte (Nürnbg NJW 17, 8) Für Anrechte gem § 19 findet der Ausgleich nach der Scheidung und damit schuldrechtlich statt (Brandbg NJW 13, 177–179). Ist ein Anrecht geringfügig, kann der Ausgleich ausgeschlossen werden (Kobl FamRZ 15, 1504). Gem § 224 IV FamFG sind die noch nicht ausgeglichenen Anrechte in dem Beschl zu benennen. Für die Überprüfung der Ausgleichsreife wird grds auf das Ende der Ehezeit abgestellt, Veränderungen bis zur Entscheidung sind jedoch zu berücksichtigen. Wird zB ein betriebliches Anrecht in dieser Zeit unverfallbar, ist es zu berücksichtigen.

B. Fälle fehlender Ausgleichsreife.

 

Rn 2

Nr 1 erfasst die noch verfallbaren betrieblichen Anrechte, dies gilt auch, wenn die Anwartschaftsdynamik endgehaltsbezogener betrieblicher Anrechte noch verfallbar ist. Die nachehezeitlich eintretende Unverfallbarkeit wirkt auf die Ehezeit, § 5, zurück (BGH FamRZ, 18, 94). Wertveränderungen bei fondsgebundenen Rentenversicherungen unterfallen der Bestimmung nicht (BGH FuR 12, 318; FamRZ 12, 694). Nicht auszugleichen sind Sachleistungen (Stromdeputat), die tatsächliche Inanspruchnahme ist von noch ungewissen Faktoren abhängig, so dass es an der Ausgleichsreife fehlt (BGH FamRB 13, 6). Auch ein Anrecht, das unter dem Vorbehalt der Abänderung (Hofübergabe) steht, ist nicht hinreichend verfestigt (BGH FamRZ 14, 282). Eine Pensionszusage für einen geschäftsführenden Gesellschafter unterfällt nur dem Betriebsrentengesetz wenn der Gesellschafteranteil unter 50 % liegt. Bei einer Beteiligung über 50 % kann deshalb das Anrecht ggf noch verfallbar sein (Stgrt Jurion 13, 4047). Auch ein zur Sicherheit abgetretenes Anrecht wird ausgeglichen (BGH FamRZ 13, 1715). Nr 2 erfasst abzuschmelzende Rechte, ein ›degressives Recht‹ besteht, wenn Anrechnungsbestimmungen bestehen und die Anrechte wegen ihrer Anrechnung auf Versorgungen abgeschmolzen werden. Erfasst werden damit auch die Sachverhalte, die bislang in § 3 I Nr 6 und 7 VAÜG geregelt waren. Gemeint sind auch Abflachungsbeträge in der Beamtenversorgung (BGH FamRZ 2007, 994). Soweit nach dem Ehezeitende eine Rente bezogen wird mit der Folge, dass der zugrunde liegende Barwert sich verringert, könnte die fehlende Ausgleichsreife angenommen werden (BGH, FamRZ 2016, 775). Nr 3 ist dem bisherigen § 1587b IV BGB nachgebildet. Ein Wertausgleich unterbleibt, wenn dieser sich nicht zu Gunsten der ausgleichsberechtigten Person auswirken kann, zB wenn mit dem Ausgleich erst- und letztmalig Anwartschaften Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden, notwendige Wartezeiten hierdurch aber nicht erfüllt werden und die ausgleichsberechtigte Person hieraus keine Rente erzielen kann (Brandbg Jurion 12, 25209). Zu prüfen ist auch, ob die Wartezeit durch freiwillige Beiträge erfüllt werden kann (Dresd, FF 12, 376). Wird aus übertragenen Anrechten während des Bezuges einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht der volle Wert realisiert, begründet dies keine Unwirtschaftlichkeit. Nach Nr 4 sind ausländische Anrechte grds nicht ausgleichsreif. Ausländische Versorgungsträger können v deutschen Gerichten nicht verpflichtet werden, ein Anrecht auszugleichen oder eine Person in ihr Versorgungssystem aufzunehmen. Ausländische Anrechte sind deshalb generell nicht ausgleichsfähig, auch nicht, wenn ausnahmsweise die Mögli...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge