Gesetzestext

 

(1) Im Versorgungsausgleich sind die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten (Ehezeitanteile) jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen.

(2) 1Ausgleichspflichtige Person im Sinne dieses Gesetzes ist diejenige, die einen Ehezeitanteil erworben hat. 2Der ausgleichsberechtigten Person steht die Hälfte des Werts des jeweiligen Ehezeitanteils (Ausgleichswert) zu.

A. Anwendungsbereich.

 

Rn 1

In dem Kapitel 1 sind die grundlegenden allg Bestimmungen für den Versorgungsausgleich und dessen Durchführung zu finden. Die in den §§ 15 enthaltenen Bestimmungen haben Bedeutung für jedes Ausgleichsverfahren. § 1 regelt den Grundsatz der Halbteilung aller von den Ehegatten in ihrer Ehe erworbenen Versorgungsanrechte (Abs 1) und bestimmt die Ausgleichsverpflichtung und -berechtigung in Bezug auf die dem Ausgleich unterliegenden einzelnen Anrechte (Abs 2).

B. Halbteilungsgrundsatz (Abs. 1).

 

Rn 2

§ 1 I bestimmt, dass das von den Ehegatten in der Ehezeit erworbene Vorsorgevermögen hälftig geteilt wird. Der Halbteilungsgrundsatz bezieht sich auf jedes einzelne von ihnen in der Ehe erworbene Anrecht. Er soll eine gleiche Teilhabe der Ehegatten an dem in der Ehe erwirtschafteten Vorsorgevermögen gewährleisten (BTDrs 16/10144, 31, 45; BGH FamRZ 16, 781 Rz 36). Das bedeutet nicht nur, dass die jew ausgleichsberechtigte Person die Hälfte eines vom anderen Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Anrechts erhält, sondern auch, dass der ausgleichspflichtigen Person die Hälfte des ihr – bezogen auf die Ehezeit – zur Verfügung stehenden Anrechts verbleibt (BGH FamRZ 18, 894 Rz 44 ff; 19, 190, Rz 10 f). Der Halbteilungsgrundsatz wird allerdings nicht strikt eingehalten. Die in den §§ 3 III und 18 enthaltenen Bagatellklauseln haben zur Folge, dass nicht in allen Fällen ein Versorgungsausgleich stattfindet und dass nicht sämtliche ehezeitlichen Versorgungsanrechte zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden. Dagegen bestehen aus verfassungsrechtlicher Sicht keine grds Bedenken. Denn bei der Ordnung von Massenerscheinungen wie dem Versorgungsausgleich und aus Praktikabilitätsgründen können typisierende und generalisierende Regelungen notwendig sein und müssen deshalb in einem gewissen Rahmen Härten und Ungerechtigkeiten hingenommen werden (BVerfG FamRZ 20, 1078 Rz 93 ff; BGH FamRZ 12, 192 Rz 17). Bei der Auslegung einzelner Vorschriften und bei Ermessensentscheidungen ist der Halbteilungsgrundsatz jedoch zu berücksichtigen (BTDrs 16/10144, 45; BGH FamRZ 12, 192 Rz 33).

 

Rn 2a

Der Begriff der Teilung umfasst sowohl die öffentlich-rechtlichen Ausgleichsformen der internen Teilung iR desselben Versorgungssystems (§§ 10–13) und der externen Teilung über ein vom ausgleichsberechtigten Ehegatten bestimmbares anderes Versorgungssystem nach den §§ 14–17 als auch schuldrechtliche Ausgleichsansprüche nach den §§ 20–26 (BTDrs 16/10144, 45). Teilungsgegenstand sind die von beiden Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten. Diese werden in § 1 I als ›Ehezeitanteile‹ legal definiert. Die konkrete Berechnung der Ehezeit ergibt sich aus § 3 I. Wie der Ehezeitanteil eines Anrechts zu ermitteln ist, wird in § 5 allg umrissen und in den §§ 39–46 in den Einzelheiten geregelt. Die Ehezeitanteile sind in der für das jeweilige Versorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße zu berechnen (§ 5 I) und auch zu teilen (BTDrs 16/10144, 50; BGH FamRZ 12, 1545 Rz 9; 17, 1655 Rz 11 f).

C. Persönlicher Anwendungsbereich des Versorgungsausgleichs (Abs. 1).

I. Ehescheidung.

 

Rn 2b

Gem § 1587 BGB und § 1 I VersAusglG findet der Versorgungsausgleich zwischen geschiedenen Eheleuten statt. Damit ist ein vorzeitiger Ausgleich schon während des Getrenntlebens – anders als beim Zugewinnausgleich (§§ 1385, 1386 BGB) – ausgeschlossen. Für die Durchführung des Versorgungsausgleichs wird vielmehr ein Scheidungsausspruch vorausgesetzt. Allerdings ist nicht erforderlich, dass die Scheidung bereits rkr ist, wenn der Versorgungsausgleich durchgeführt wird. Da der öffentlich-rechtliche Wertausgleich nach den §§ 9–19 und der schuldrechtliche Ausgleich einer privaten Invaliditätsversorgung nach § 28 grds vAw im Verbund mit der Scheidung zu regeln sind (§ 137 I, II 1 Nr 1 und 2 FamFG), wird das Versorgungsausgleichs-Verfahren insoweit schon mit Anhängigkeit des Scheidungsantrags eingeleitet und idR zusammen mit dem Scheidungsausspruch in einer Verbundentscheidung (§ 142 I FamFG) abgeschlossen. Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich kann jedoch nicht vor Rechtskraft der Scheidung wirksam werden (§ 148 FamFG). Die Vorschriften über den Versorgungsausgleich sind auch bei Scheidungen von Ehen anwendbar, die Personen gleichen Geschlechts nach dem 30.9.17 geschlossen haben (Gesetz v 20.7.17, BGBl I S 2787, in Kraft getreten am 1.10.17). Bei Scheidung der in eine Ehe umgewandelten Lebenspartnerschaft findet jedenfalls dann ein Versorgungsausgleich statt, wenn er auch bei Aufhebung der Lebenspartnerschaft hätte stattfinden müssen. Ist eine Ehe im Ausland nach deutschem Recht geschieden worden, sodass ein Versorgungsausgleich hätte durchgeführt werden müssen, ist dieser – soweit nach § 107 I FamFG erforderlich, n...

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