Gesetzestext

 

Nach Maßgabe des Versorgungsausgleichsgesetzes findet zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Ausgleich von im In- oder Ausland bestehenden Anrechten statt, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge.

 

Rn 1

Der Versorgungsausgleich ist durch das am 1.7.77 in Kraft getretene 1. EheRG (vom 14.6.76, BGBl I S. 1421) als neues Rechtsinstitut eingeführt worden. Er hat die Aufgabe, im Fall der Scheidung die von den Eheleuten während der Ehe erworbenen Anrechte auf eine Versorgung wegen Alters und Invalidität, soweit diese als Ergebnis der gemeinsamen Lebensleistung anzusehen sind, gleichmäßig aufzuteilen. Seine verfassungsrechtliche Legitimation findet der Versorgungsausgleich in Art 3 II und Art 6 I GG (BVerfG FamRZ 80, 326, 333; 14, 1259 Rz 41; 20, 1078 Rz 49).

 

Rn 2

Nach der ursprünglichen Konzeption beruhte das Recht des Versorgungsausgleichs auf dem – dem Zugewinnausgleich nachgebildeten – Prinzip des Einmalausgleichs: Bei beiden Ehegatten wurden die dem Versorgungsausgleich unterliegenden Versorgungsanrechte addiert, die Summen wurden gegenübergestellt und die Hälfte der Differenz ergab den Gesamtausgleichsanspruch eines Ehegatten (§§ 1587a I, 1587g I BGB aF). Der Einmalausgleich erforderte im Bereich des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs, dass alle Versorgungsanrechte saldiert wurden. Da die einzelnen Versorgungssysteme aber in Finanzierung, Wertentwicklung und Leistungsspektrum sehr unterschiedlich ausgestaltet und die darin begründeten Anrechte in ihrer Qualität nicht ohne Weiteres vergleichbar sind, musste ein einheitlicher Vergleichsmaßstab entwickelt werden, an dem alle Anrechte gemessen werden konnten. Der Gesetzgeber des 1. EheRG bestimmte die Wertentwicklung (Dynamik) der Versorgungsanrechte zum (einzigen) für den vorzunehmenden Vergleich maßgeblichen Kriterium und ordnete außerdem an, dass die Dynamik der gesetzlichen Rentenversicherung als Vergleichsmaßstab (›gemeinsamer Nenner‹) heranzuziehen war, an dem die Wertentwicklung aller anderen Anrechte zu messen war. Anrechte, deren Wert nicht in (nahezu) gleicher Weise stieg wie der Wert gesetzlicher Rentenanwartschaften, mussten vor der Einstellung in die Gesamtausgleichsbilanz in Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung umgewertet und damit den ›volldynamischen‹ Anrechten vergleichbar gemacht werden (§ 1587a III BGB aF). Für die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs – zugunsten des gesamtausgleichsberechtigten Ehegatten – standen zahlreiche Ausgleichsformen zur Verfügung, die grds in einer verbindlich festgelegten Rangfolge heranzuziehen waren (§ 1587b BGB aF, §§ 1, 1b VAHRG). Anrechte des ausgleichspflichtigen Ehegatten bei privatrechtlichen Versorgungsträgern, aus der Beamtenversorgung und aus berufsständischer Versorgung konnten häufig nicht vollständig öffentlich-rechtlich ausgeglichen werden. In diesen Fällen verblieb dem ausgleichsberechtigten Ehegatten nur ein schuldrechtlicher (Rest-)Ausgleich, der jedoch erst nach Eintritt des Versorgungsfalles bei beiden Ehegatten beantragt werden konnte und nur selten in Anspruch genommen wurde. § 10a VAHRG ermöglichte es zwar (seit 1987), rechtskräftige Entscheidungen über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich abzuändern, wenn sich nachträglich Wertveränderungen der ausgeglichenen Anrechte aufgrund von Prognosefehlern oder aufgrund von rechtlichen oder tatsächlichen Veränderungen ergeben hatten. Eine solche Abänderung war jedoch nur auf Antrag und erst ab Eintritt eines Versorgungsfalles oder nach Vollendung des 55. Lebensjahres möglich. Sie setzte zudem voraus, dass sich der Gesamtausgleichssaldo um mindestens 10 % geändert hatte. Tatsächlich wurden aber nur selten Abänderungsverfahren betrieben, wodurch die Möglichkeit, Fehler der Erstentscheidung zu korrigieren, weitgehend ungenutzt blieb.

 

Rn 3

Mit dem Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) wurde das Recht des Versorgungsausgleichs grundlegend reformiert. Es ist – zusammen mit dem FamFG – am 1.9.09 in Kraft getreten. Kernstück der Reform ist das – gesondert kommentierte – VersAusglG. Dort sind alle materiell-rechtlichen Bestimmungen über den Versorgungsausgleich zusammengefasst. Von den früheren Vorschriften im BGB ist nur noch § 1587 erhalten geblieben, der in seiner nF aber nur noch eine knappe Darstellung des Gegenstandes des Versorgungsausgleichs (inhaltlich übereinstimmend mit § 2 I VersAusglG) enthält und hinsichtlich der Einzelheiten des Ausgleichs pauschal auf das VersAusglG verweist.

 

Rn 4

Ziel des reformierten Versorgungsausgleichs ist es, die Versorgungsschicksale der Ehegatten endgültig zu trennen, indem alle von ihnen in der Ehe erworbenen Anrechte hälftig geteilt werden (Hin- und Her-Ausgleich) und die jew ausgleichsberechtigte Person nach Möglichkeit ein eigenstä...

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