Gesetzestext

 

Der ausgleichsberechtigte Ehegatte kann vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangen, wenn

1. die Ehegatten seit mindestens drei Jahren getrennt leben,
2. Handlungen der in § 1365 oder § 1375 Absatz 2 bezeichneten Art zu befürchten sind und dadurch eine erhebliche Gefährdung der Erfüllung der Ausgleichsforderung zu besorgen ist,
3. der andere Ehegatte längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat und anzunehmen ist, dass er sie auch in Zukunft nicht erfüllen wird, oder
4. der andere Ehegatte sich ohne ausreichenden Grund beharrlich weigert oder sich ohne ausreichenden Grund bis zur Stellung des Antrags auf Auskunft beharrlich geweigert hat, ihn über den Bestand seines Vermögens zu unterrichten.

[Ohne Titel]

 

Rn 1

Die einzelnen, die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft rechtfertigenden Gründe sind in § 1385 zusammengefasst, wobei diese Norm neben dem Gestaltungs- auch den Leistungsausspruch zulässt. § 1386 gibt hingegen die Möglichkeit des reinen Gestaltungsantrages. Wegen der Voraussetzungen verweist er auf § 1385. Vorzeitiger Zugewinnausgleich und Zugewinnausgleich nach Ehescheidung sind verschiedene Streitgegenstände (BGH FamRZ 19, 1535). Ist bereits eine Folgesache zum Güterrecht anhängig, lässt dies das Rechtsschutzinteresse an einem Antrag nach § 1385 nicht entfallen (Dresd FamRZ 17, 1563), während eine vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nach Scheidung nicht mehr möglich ist; eine gleichwohl ergangene Entscheidung ist gegenstandslos (BGH FamRZ 19, 1535) Wird hingegen auf vorzeitigen Zugewinnausgleich erkannt, ist die Folgesache ›Zugewinn‹ aus dem Verbund herauszutrennen und als erledigt anzusehen, da es keinen Regelungsbedarf mehr gibt (Ddorf FamRZ 22, 1919). Bei bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft, also dem hier vorgelagerten Zeitraum, haben die Ehegatten einen Unterrichtungsanspruch über sämtliche vermögensrechtliche Belange. Dieser wird aus § 1353 Abs 1 S 2 hergeleitet und endet mit dem Scheitern der Ehe (BGH FamRZ 22, 593).

I. Getrenntleben seit mindestens drei Jahren (Nr 1).

 

Rn 2

Voraussetzung ist, dass die Eheleute seit mindestens drei Jahren voneinander getrennt leben. Danach wird das Scheitern der Ehe ohnehin unwiderlegbar vermutet (§ 1566 II). Wegen des Begriffs der Trennung wird auf § 1567 verwiesen. Weitere Voraussetzungen stellt das Gesetz nicht auf, insb ist der Wegfall des Schutzes vor Gesamtvermögensgeschäften unerheblich (München FamRZ 13, 132). Auch der Darlegung eines berechtigten Interesses an der Aufhebung der Zugewinngemeinschaft bedarf es nicht (BGH FamRZ 19, 1045).

 

Rn 3

Die Dreijahresfrist muss spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung über den Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich abgelaufen sein. Sie muss drei Jahre ununterbrochen angedauert haben. Haben die Eheleute im Verlauf der Frist wieder zusammengelebt, unterbricht oder hemmt dies den Fristablauf dann nicht, wenn die Voraussetzungen des § 1567 II erfüllt sind.

 

Rn 4

Unerheblich ist, ob ein Ehegatte die Trennung schuldhaft herbeigeführt hat. Auch dann, wenn die Trennung durch schuldhafte schwere Eheverfehlungen des antragstellenden Ehegatten herbeigeführt worden ist, kann dieser nach Fristablauf Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich stellen (Staud/Thiele Rz 11).

II. Befürchtung von Gefährdungshandlungen (Nr 2).

 

Rn 5

Der Tatbestand der Nr 2 beruht auf der Annahme der Gefährdung des zukünftigen Ausgleichsanspruchs als Folge der in der Norm genannten Verhaltensweisen.

 

Rn 6

Voraussetzung ist, dass als Folge der Verfügungen oder vermögensmindernden Handlungen eine erhebliche Gefährdung der künftigen Zugewinnausgleichsforderung zu besorgen ist. Für diese Annahme ist es ausreichend, dass die nahe liegende Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Zugewinnausgleichsanspruchs in Entstehung, Umfang oder Durchsetzung besteht. So zB bei Verminderung des Vermögens durch unentgeltliche Zuwendungen (Frankf FamRZ 21, 1870). Das ist trotz erheblicher Verminderung des Barvermögens nicht der Fall, wenn anderweitig ausreichende Vermögenswerte vorhanden sind (Oldbg FamRZ 16, 723; München FamRZ 14, 1295).

 

Rn 7

Im Fall des Gesamtvermögensgeschäfts (§ 1365) ist dies dann zu bejahen, wenn nicht sicher ist, ob das Geschäft in vollem Umfang rückgängig zu machen oder wenn nicht klar ist, ob der Ehegatte zur Revokation bereit oder in der Lage ist. Bei illoyalen Vermögensminderungen iS § 1375 II folgt die Gefährdung des Zugewinnausgleichanspruchs aus der Möglichkeit, dass ein sich errechnender Ausgleichsanspruch angesichts der Kappungsgrenze nach § 1378 II nicht mehr realisiert werden kann. Stets muss die Gefahr real sein, wobei maßgeblich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz ist (Köln FamRZ 03, 539).

 

Rn 8

Es ist ausreichend, wenn die Gefährdungshandlungen nur zu befürchten sind, während sie nicht bereits vollzogen sein müssen. Deshalb sind nur Umstände vorzutragen und ggf zu beweisen, die bei vernünftiger unvoreingenommener Betrachtung Anlass zu ernsthaft...

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