Rn 18

Seitdem die EU in Art 65 Buchst b EGV (Art 81 Buchst c AEUV) eine (beschränkte) kollisionsrechtliche Rechtssetzungskompetenz erhalten hat, sind sukzessive ganze Anknüpfungsgegenstände erfassende, unmittelbar anwendbare europäische Kollisionsnormen erlassen worden. Ausgenommen von dieser Kompetenz ist Dänemark, das auch nicht wie das Vereinigte Königreich und Irland vom opt-in Gebrauch macht (zur staatsvertraglichen Erstreckung einzelner EU-VOen auf Dänemark Nielsen IPRax 07, 506; R. Wagner in: Gottwald (Hrsg) Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen in der Europäischen Union, 2004, 257). Bereits die EuInsVO regelt neben Zuständigkeit und Anerkennung auch, welches Recht im Insolvenzverfahren anwendbar ist. Auf dem Gebiet des Internationalen Schuldrechts ist am 11.1.09 die sog ROM II zu außervertraglichen Schuldverhältnissen (Änderungsvorschlag bzgl Verjährungsfristen bei Verkehrsunfall KOM (2011) 274 endg S 11) in Kraft getreten, die als loi uniforme auch im Verhältnis zu Drittstaaten anwendbar ist (vgl Art 3 ROM II). Die autonome Regelung der außervertraglichen Schuldverhältnisse in Art 38 bis 42 EGBGB bleibt daneben nur noch hinsichtlich der in Art 1 II ROM II ausgenommenen Sachbereiche, namentlich Persönlichkeitsrechte und Kernenergie anwendbar, Art 40 III darüber hinaus zur Präzisierung des ordre pubic nach Art 26 ROM II. Die vertraglichen Schuldverhältnisse regelt, ebenfalls als loi uniforme, die sog ROM I, die seit 17.12.09 die Art 2737 EGBGB und 7 ff EGVVG ersetzt. Im Verhältnis zu Dänemark könnte das Probleme im Hinblick auf die Fortgeltung des EVÜ schaffen, deren Lösung sich auch aus der Nachrangklausel des Art 20 EVÜ nicht ohne weiteres ergibt, dort aber ansetzen kann (f. Fortgeltung Magnus IPRax 10, 30/31). In Dänemark denkt man in Bezug auf die ROM I und II-VOen über Parallelübereinkommen mit der EU nach (Nielsen IPRax 07, 508). Die seit 18.6.11 anwendbare EuUnthVO gilt in ihren prozessrechtl Bestimmungen f sämtl EU-Mitgliedstaaten einschl Dänemark, f d Kollisionsrecht aber weder für Dänemark noch für das Vereinigte Königreich, wobei das Kollisionsrecht ohnehin nur in einem Verweis (Art 15 EuUnthVO) auf das Haager Prot von 2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (www.hcch.net, s.u. IPR-Anh 6) besteht. Art 18 EGBGB wurde infolge des Inkrafttretens der UnthVO gestrichen. Nach Ermächtigung gem Art 20 EUV durch Ratsbeschl v 12.7.10 (AblEU 2010 L189/12) ist das Internationale Recht der Ehescheidung und der Trennung ohne Auflösung des Ehebandes (sog ROM III; vgl deren Kommentierung als IPR-Anh 3) im Wege der ›verstärkten Zusammenarbeit‹ von inzw 17 Mitgliedstaaten vereinheitlicht worden; dazu Helms FamRZ 11, 1763; Gruber IPRax 12, 381; Mörsdorf-Schulte RabelsZ 77 (2013) 786. Als loi uniforme verdrängt die ROM III seit 21.6.12 den Art 17 I 1 nicht nur im Verhältnis zu den teilnehmenden Staaten; Art 17 und 46d sind dementsprechend durch Ges v 23.1.12 angepasst worden. Am 16.8.12 ist auch die EuErbVO in Kraft getreten, die seit 17.8.15 in allen Mitgliedstaaten außer Dänemark, dem Vereinigten Königreich und Irland anwendbar ist (ausf s.u. IPR-Anh 9) und eine Neufassung der Art 25 und 26 erforderlich machte. Ebenfalls mit universalem Anwendungsbereich versehen sind die wiederum im Wege der verstärkten Zusammenarbeit (Art 20 EUV) zustandegekommenen Verordnungen zum Internationalen Güterrecht (EuGüVO für Eheleute und EuPartVO für eingetragene Lebenspartner, beide vom 24.6.16), die auch die intl Zuständigkeit und Anerkennung umfassen und auf ab dem 29.1.19 geschlossene Ehen bzw eingetragene Partnerschaften anwendbar sind, inzwischen in 18 Mitgliedstaaten gelten und Änderungen in Art 14 sowie eine Streichung der Art 15 und 16 zur Folge hatten; zum deutsch-französischen Wahlgüterstand s.o. Rn 7. Die einzelnen Dokumente sind auffindbar über www.eur-lex.europa.eu. Der Europäische Rat und die Kommission verfolgen die stufenweise Gesamtvereinheitlichung des IPR (Stockholmer Programm des Rates, ABl EU 2010 C 155/1, sowie dazu Aktionsplan der Kommission zur Umsetzung, KOM [2010] 171 endg; dazu Wagner IPRax 10, 97, NJW 09, 1911), insges Mansel/Thorn/Wagner IPRax 12, 1 ff; 10, 6 ff und auch zu einem AT des europäischen IPR Jayme IPRax 12, 103; Kohler IPRax 11, 419; Basedow RabelsZ 75 (2011) 671; Roth EWS 11, 314. Zum weniger energischen Stockholm-Nachfolgeprogramm für die Jahre 2015–2019 (ABl EU 14 C 240/13) Wagner IPRax 14, 469.

 

Rn 19

Internationalrechtliche EU-VOen sind zunächst nur auf Grundlage des ehem Art 65 Buchst a EGV (heute: 81 Buchst a AEUV) ergangen und betrafen nicht das anwendbare Recht, sondern die internationale Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung ausl Entscheidungen sowie Fragen der Rechtshilfe, vgl EuEheVO, EuGVO, EuVTVO, EuZVO, EuBVO, EuMahnVO, EuVGFVO, EuUnthVO (dazu s.o. Rn 3 ff). Inzwischen finden sich auch auf Art 81 Buchst c AUEV (ehem Art 65 Buchst b EGV) gestützte Regelungen zur Vereinheitlichung des Kollisionsrechts, und zwar in der EuInsVO

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