Gesetzestext

 

(1) 1Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. 2Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben. 3Ist die Vergütung für eine spätere Zeit im Voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete sie nach Maßgabe des § 346 oder, wenn die Kündigung wegen eines Umstands erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.

(2) Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles veranlasst, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.

A. Zweck und Anwendungsbereich.

 

Rn 1

I bestimmt die Vergütung des Dienstverpflichteten bei außerordentlicher Kündigung, II verhindert, dass der Vertragsteil, der die fristlose Kündigung verursacht hat, Vorteile daraus zieht (BAG NZA 89, 31). § 628 gilt nur für außerordentliche Kündigungen (§§ 626, 627) (ErfK/Müller-Glöge § 628 Rz 1) und nach Beginn der Dienstleistung. Wegen § 612 keine analoge Anwendung auf andere Beendigungstatbestände (BGH NJW 94, 1070 [BGH 26.01.1994 - VIII ZR 39/93]). Besteht aber ein wichtiger Grund iSv § 626 I, so kann § 628 entspr angewendet werden (zu II: BAG AP Nr 14, 16 zu § 628; Nr 8 zu § 4 KSchG 1969; zu I 2: ErfK/Müller-Glöge § 628 Rz 6). § 628 gilt für alle Dienstverhältnisse einschl Arbeitsverhältnisse, jedoch Sonderregelungen in § 23 BBiG (vgl BAG NJW 07, 3594 [BAG 08.05.2007 - 9 AZR 527/06]) und § 89a II HGB. § 628 ist abdingbar (BGH NJW 14, 2715; zu beachten ist § 307, bei Pauschalierung des Schadensersatzes § 309 Nr 5); im Arbeitsrecht allerdings vor Beendigung nicht zu Ungunsten des ArbN (arg. § 622 VI, MüKo/Henssler § 628 Rz 110); zwingende Vorgaben (zB MuSchG, EFZG, BUrlG) dürfen nicht umgangen werden (ErfK/Müller-Glöge § 628 Rz 49).

B. Teilvergütung, Abs 1 S 1.

 

Rn 2

Der nach § 614 vorleistungspflichtige Dienstverpflichtete kann vom Dienstberechtigten Vergütung seiner bisherigen Leistungen verlangen, bei Pauschalvergütung anteilig im Verhältnis zu den geschuldeten Leistungen (BGH NJW 14, 2715).

C. Herabsetzung der Teilvergütung, Abs 1 S 2.

 

Rn 3

I 2 bezieht sich nur auf den Teilvergütungsanspruch nach I 1 (BGH NJW 97, 189 [BGH 17.10.1996 - IX ZR 37/96]) und greift (1.), wenn der Dienstverpflichtete kündigt, ohne dazu durch vertragswidriges Verhalten des Dienstberechtigten veranlasst worden zu sein (Alt 1), selbst wenn er zu seiner Kündigung durch eigene gravierende persönliche Probleme bestimmt wurde (ErfK/Müller-Glöge § 628 Rz 9), und (2.), wenn der Dienstberechtigte kündigt, weil er dazu durch vertragswidriges Verhalten des Dienstverpflichteten veranlasst wurde (Alt 2). Veranlassen meint adäquate Kausalität (BGH NJW 63, 2068 [BGH 12.06.1963 - VII ZR 272/61]). Vertragswidriges Verhalten der jeweiligen Partei oder ihrer Erfüllungsgehilfen muss schuldhaft (§§ 276, 278) sein (BGH NJW 19, 1870 [BGH 07.03.2019 - IX ZR 221/18]), zB der Ausspruch einer fahrlässig für wirksam gehaltenen außerordentlichen Kündigung (BAG AP Nr 2 zu § 276 – ›Vertragsverletzung‹). Haben sich beide Seiten schuldhaft vertragswidrig verhalten, wird der Teilvergütungsanspruch gem I 1 des Dienstverpflichteten analog § 254 gekürzt (ErfK/Müller-Glöge § 628 Rz 9b). Anspruchskürzung iÜ nur, wenn das Interesse an der bisherigen Leistung gerade infolge der Kündigung weggefallen ist (BAG AP Nr 2 zu § 628 – ›Teilvergütung‹), erbrachte Dienstleistungen für den Dienstberechtigten also ganz oder teilweise nutzlos sind (BGH NJW-RR 12, 294 [BGH 29.09.2011 - IX ZR 170/10]).

D. Vorausgezahlte Vergütung, Abs 1 S 3.

 

Rn 4

I 3 ist eine eigene Anspruchsgrundlage (MüKo/Henssler § 628 Rz 43) und gestaltet die Rückgewährpflicht verschuldensabhängig: Nur wenn der Dienstverpflichtete die Kündigung zu vertreten hat, muss er gem I 3 Alt 1 iVm § 346 II die Vergütung auch bei Entreicherung zurückgewähren. I 3 gilt entspr, wenn die Vergütung bereits gezahlt wurde (MüKo/Henssler § 628 Rz 45).

E. Schadensersatz wegen Auflösungsverschuldens, Abs 2.

 

Rn 5

II gilt bei Kündigung des Dienstverpflichteten oder des Dienstberechtigten und ist Spezialregelung ggü Schadensersatz aus Vertrag und unerlaubter Handlung (BAG DB 04, 1784).

 

Rn 6

Das Dienstverhältnis muss wirksam beendet sein (BAG AP Nr 14 zu § 628), nicht unbedingt durch außerordentliche Kündigung (Rn 1). Die Beendigung muss in der Frist des § 626 II (§ 626 Rn 12 ff) erfolgen (BGH NJW 20, 2538; BAG AP Nr 13, 14 zu § 628). Das vertragswidrige Verhalten desjenigen, der die Kündigung des anderen Teiles veranlasst hat, muss das Gewicht eines wichtigen Grundes gem § 626 I haben (BAG NJW 12, 1900), Insolvenzeröffnung reicht nicht aus (BAG DB 07, 2265). Beschränkung des Aufgabenbereichs des Geschäftsführers ohne Verletzung des Anstellungsvertrags ist nicht ...

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