Leitsatz (amtlich)

›Zur Inhaltskontrolle einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Beratungsvertrages, die dem Vertragspartner des Verwenders ein gesetzlich nicht vorgesehenes Sonderkündigungsrecht einräumt und die Folgen seiner Ausübung regelt.‹

 

Verfahrensgang

OLG Celle

LG Lüneburg

 

Tatbestand

Die Klägerin ist auf den Gebieten der Unternehmensberatung und Unternehmensbeteiligung tätig. Im September 1989 schloß sie mit der erstbeklagten Kommanditgesellschaft, an der sie eine Beteiligung anstrebte, einen Beratungsvertrag ab. Die Zweitbeklagte ist seit Oktober 1990 Komplementärin der Erstbeklagten. Die Drittbeklagte und Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH war bei Abschluß des Beratungsvertrages persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten.

Der Beratungsvertrag vom 22. September 1989 verpflichtete die Klägerin, die Erstbeklagte bei der Abwicklung ihrer kaufmännischen Geschäftstätigkeit zu unterstützen und zu beraten und ihr für die Bereiche Unternehmenssteuerung, Unternehmensausrichtung, Rechnungswesen, Organisation, Finanzierung und Liquidität sowie Planung und Controlling beratend zur Verfügung zu stehen. Als Vergütung wurde eine monatliche Pauschale von 5.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Dafür sollte die Klägerin der Erstbeklagten 60 Stunden im Monat zur Verfügung stehen; zeitlich darüber hinausgehende Leistungen waren mit einem Stundensatz von 85 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu vergüten. Der Vertrag wurde zunächst für die Zeit vom 15. September 1989 bis zum 31. Dezember 1992 geschlossen und sollte sich stillschweigend um ein Jahr verlängern, wenn er nicht spätestens 14 Tage vor Vertragsablauf schriftlich gekündigt würde. § 9 der Allgemeinen Auftragsbedingungen der Klägerin (künftig: AAB), die Bestandteil des Beratungsvertrages waren, bestimmt unter der Überschrift "Vertragsdauer und Kündigung":

"Der Vertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit. Er kann jedoch schon vorher schriftlich mit einer Frist zum Quartalsende gekündigt werden, wenn betriebliche Gründe des Auftraggebers dies erfordern. In diesem Falle regelt sich die Vergütung des Auftragnehmers wie folgt:

Für die bis zum Vertragsende geleisteten Dienste des Auftragnehmers ist die volle Vergütung zu zahlen. Für die (zu ergänzen: infolge) der vorzeitigen Beendigung nicht mehr zu leistenden Dienste entfällt die Vergütung insoweit, als der Auftraggeber (richtig: Auftragnehmer) dadurch Aufwendungen erspart und/oder durch anderweitige Verwendung der damit freigewordenen Kräfte Einkünfte erzielt hat oder böswillig zu erzielen unterlassen hat."

Die Klägerin entfaltete in der Folgezeit Tätigkeiten für die Erstbeklagte, über deren Umfang die Parteien streiten. Im Februar 1990 übernahm ein anderer Interessent die beklagte Kommanditgesellschaft. Diese kündigte daraufhin den Beratungsvertrag wegen betrieblicher Änderungen im Mai 1990 zum 31. Dezember 1992. Nachdem erhebliche Differenzen über die Berechtigung der von der Klägerin in Rechnung gestellten "Mehrstunden" aufgetreten waren, kündigte die Erstbeklagte den Beratungsvertrag mit Anwaltsschreiben vom 28. August 1990 fristlos. Zur Begründung berief sie sich u.a. auf ein außerordentliches Kündigungsrecht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, weil die von der Klägerin ursprünglich angestrebte Übernahme der Kommanditgesellschaft nach deren Übernahme durch einen anderen Interessenten nicht mehr in Betracht komme. Die Zahlung des Pauschalhonorars stellte die Erstbeklagte mit Ablauf des Monats Mai 1990 ein.

Die Klägerin hat in erster Instanz das vereinbarte Pauschalhonorar für die Monate Juni bis September 1990 in Höhe von 22.800 DM (20.000 DM zzgl. 14 % MWSt.), eine zusätzliche Vergütung von 55.184,55 DM (569, 5 "Mehrstunden" à 85 DM = 48.407,50 DM zzgl. 14 % MWSt. = 6.777, 05 DM), 318, 06 DM Kilometergeld, 27, 93 DM Telefaxgebühren und eine Vergütung von 684 DM für "Abschlußarbeiten", insgesamt einen Betrag von 79.014, 54 DM nebst Zinsen geltend gemacht.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben hilfsweise mit einem Anspruch auf Rückerstattung des für die Monate Februar bis Mai 1990 gezahlten Pauschalhonorars aufgerechnet.

Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 63.061, 95 DM nebst Zinsen verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Die Urteilssumme setzt sich zusammen aus dem Pauschalhonorar für die Monate Juni bis September 1990 in Höhe von 22.800 DM und einer "Mehrstunden"-Vergütung von 40.261, 95 DM. Die Hilfsaufrechnung der Beklagten ist erfolglos geblieben.

Mit der hiergegen gerichteten Berufung haben die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt und widerklagend die Feststellung begehrt, daß der Klägerin auch für die Zeit vom 1. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1992 kein Anspruch auf die monatliche Pauschalvergütung von 5.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zustehe. Die Klägerin ist der Berufung und der Widerklage entgegengetreten und hat den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag hilfsweise auf die ihr für die Zeit ab 1. Oktober 1990 zustehende monatliche Pauschalvergütung gestützt.

Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Beklagten auf 31.860, 15 DM (22.800 DM Pauschalvergütung für die Monate Juni bis September 1990 zzgl. 9.060, 15 DM "Mehrstunden"-Vergütung) ermäßigt, die weitergehende Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Diese nimmt die Kürzung der "Mehrstunden"-Vergütung hin, bekämpft das Berufungsurteil aber insoweit, als die hilfsweise auf die Pauschalvergütung für die Zeit ab 1. Oktober 1990 gestützte Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben worden ist. Die Beklagten beantragen, die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Widerklage in Höhe eines Teilbetrages von 31.201, 80 DM - soweit die Klage nunmehr primär auf die Pauschalvergütung für die Zeit ab 1. Oktober 1990 gestützt ist - in der Hauptsache erledigt ist.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf die vereinbarte Pauschalvergütung für die Zeit nach dem 30. September 1990 verneint und dazu ausgeführt:

Der Beratungsvertrag zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten (künftig: Beklagte) sei zum 30. September 1990 beendet worden. Zwar habe der Beklagten ein Recht zur fristlosen Kündigung weder nach § 627 BGB noch nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zugestanden. Die Klägerin habe die von der Beklagten mit Schreiben vom 28. August 1990 ausgesprochene Kündigung aber als ordentliche Kündigung zum 30. September 1990 akzeptiert. Grundlage eines Anspruchs auf Fortzahlung der vereinbarten Pauschalvergütung über das Vertragsende hinaus könne deshalb nur die Vergütungsregelung in § 9 Abs. 2 Satz 2 AAB sein. Diese Klausel sei indessen gemäß § 9 AGBG unwirksam, weil sie die Vertragspartner der Klägerin auch im hier vorliegenden kaufmännischen Verkehr unangemessen benachteilige. Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit einer "Kündigungsvergütung" sei stets, was die jeweilige gesetzliche Regelung für den Fall der Kündigung zugunsten des Verwenders vorsehe. Die hier heranzuziehenden Vorschriften über den Dienstvertrag sähen bei Vertragsbeendigung durch eine ordentliche Kündigung den Fortbestand der Vergütungspflicht nicht vor. Nach dem in § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB niedergelegten Grundsatz müsse das Äquivalenzverhältnis zwischen tatsächlich erbrachter Dienstleistung und Vergütung gewahrt werden. Davon weiche der letzte Satz des § 9 AAB zum Nachteil der Beklagten ab, weil die Bestimmung der Klägerin auch ohne Erbringung jeglicher Dienstleistung den Anspruch auf die Vergütung erhalte und lediglich in gewissem Umfang einen Vorteilsausgleich zulasse. Die Klausel belaste daher trotz vertraglicher Gewährung eines ordentlichen Kündigungsrechts die Vertragspartner der Klägerin entgegen der gesetzlichen Regelung mit der Pflicht zum Ersatz eines Vertragsaufhebungsschadens bis zur Höhe des Erfüllungsinteresses. Eine solche Rechtsfolge sehe § 628 Abs. 2 BGB nur für den hier nicht gegebenen Fall vor, daß den Kündigenden ein Verschulden an der Vertragsauflösung treffe. Die in § 9 AAB getroffene Vergütungsregelung lasse sich auch nicht mit dem Hinweis auf § 615 BGB rechtfertigen, denn die durch Kündigung herbeigeführte Vertragsbeendigung sei mit dem in § 615 BGB geregelten Fall des Annahmeverzugs des Dienstberechtigten nicht vergleichbar.

II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beratungsvertrag vom 22. Juni 1989 sei als Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter einzuordnen. Daß die Klägerin in erheblichem Umfang und in erster Linie Werkleistungen in Gestalt der Erarbeitung von Konzepten, Programmen und Planungen geschuldet habe, wie die Revision geltend macht, ist dem schriftlichen Vertragstext nicht zu entnehmen. Dort sind die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen vielmehr dahin umschrieben, daß sie die Beklagte bei der Abwicklung ihrer kaufmännischen Geschäftstätigkeit zu unterstützen und zu beraten und ihr für bestimmte Unternehmensbereiche beratend zur Verfügung zu stehen habe. Noch deutlicher kommt der dienstvertragliche Charakter des Vertrages in § 2 AAB zum Ausdruck, der als Gegenstand des Vertrages "die vereinbarte Dienstleistung (Tätigkeit) ... " bezeichnet. Auch in den übrigen Bestimmungen der Allgemeinen Auftragsbedingungen der Klägerin ist stets nur von Dienstleistungen (§§ 1, 8, 9, 11), an keiner Stelle hingegen von einer Werkleistung oder einem bestimmten von der Klägerin geschuldeten Erfolg die Rede. Daß nach dem Willen der Parteien ein anderer als der schriftlich niedergelegte Vertragsinhalt habe maßgeblich sein sollen, ist nicht festgestellt und wird von der Revision nicht geltend gemacht. Die danach zweifelsfreie Einordnung als Dienstvertrag wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß es nach dem von der Revision herangezogenen Berufungsvorbringen der Klägerin und der Aussage des Zeugen E. zu Beginn der Beratungstätigkeit erforderlich war, eine Bestandsaufnahme des Unternehmens zu erarbeiten und zu analysieren, ein Sanierungskonzept zu erarbeiten sowie Konzepte, Planungen und eine Kalkulation der von der Beklagten hergestellten einzelnen Artikel zu erstellen.

2. Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die in § 9 AAB für den Fall der Kündigung getroffene Vergütungsregelung halte der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand.

a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß Prüfungsmaßstab für die Angemessenheit einer Vergütungsregelung jeweils das ist, was ohne die Klausel aufgrund der gesetzlichen Regelung geschuldet sein würde (z.B. BGH, Urteil vom 29. Mai 1991 - IV ZR 187/90 = WM 1991, 1642 unter II 1 m.w.Nachw.). Hiervon geht zutreffend auch die Revision aus.

b) Dem Berufungsgericht kann aber nicht gefolgt werden, soweit es als Vergleichsmaßstab die Vergütungsregelung des § 628 BGB heranzieht. § 628 BGB betrifft schon seinem eindeutigen Wortlaut nach nur die Fälle der außerordentlichen Kündigung eines Dienstvertrages nach §§ 626 oder 627 BGB. Auf die Fälle der ordentlichen Kündigung oder der einvernehmlichen Aufhebung eines Dienstvertrages findet die Vorschrift dagegen keine Anwendung (Palandt/Putzo, BGB, 53. Aufl., § 628 Rdnr. 1; grundsätzlich auch MünchKommBGB-Schwerdtner, 2. Aufl., § 628 Rdnr. 7 m.w.Nachw.). Schon aus diesem Grund ist die in § 628 BGB niedergelegte Vergütungsregelung kein geeigneter Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit des § 9 AAB, denn die Klausel regelt in ihrem zweiten Absatz allein die Rechtsfolgen, die im Falle der im ersten Absatz umschriebenen ordentlichen Kündigung des Beratungsvertrages eintreten sollen.

c) Für den Fall der ordentlichen Kündigung eines Dienstvertrages sieht das Gesetz einen Vergütungsanspruch für die Zeit nach Beendigung des Vertrages nicht vor. Im Hinblick darauf hält das Berufungsgericht die Vergütungsregelung des § 9 Abs. 2 Satz 2 AAB gemäß § 9 AGBG für unwirksam. Für den nichtkaufmännischen Bereich verbietet zudem § 10 Nr. 7 AGBG Klauseln, nach denen der Verwender im Falle der Kündigung des Vertrages eine unangemessen hohe Vergütung für erbrachte Leistungen verlangen kann. Diese Bestimmung gilt zwar nicht unmittelbar unter Kaufleuten, stellt jedoch eine Ausformung der Generalklausel des § 9 AGBG dar und fließt für den kaufmännischen Verkehr als Wertungsmaßstab in die Inhaltskontrolle nach dieser Vorschrift ein (z.B. H. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 7. Aufl., § 10 Nr. 7 Rdnr. 24).

Isoliert vom übrigen Regelungsgehalt des § 9 AAB betrachtet, würde § 9 Abs. 2 Satz 2 AAB schon deswegen einer Inhaltskontrolle nicht standhalten, weil die Klausel eine Vergütung für nicht erbrachte Dienste vorsieht. Dieser Betrachtungsweise, die dem angefochtenen Urteil zugrundeliegt, vermag der erkennende Senat indessen nicht zu folgen. Sie läßt zu Unrecht außer acht, daß das Vertragsverhältnis kraft individueller Regelung auf feste Dauer bis zum 31. Dezember 1992 begründet worden ist, also vorzeitig nur aus wichtigem Grunde - der hier nicht gegeben ist - beendet werden konnte. Unberücksichtigt geblieben ist ferner, daß die Klägerin als Verwenderin der AAB dem Vertragspartner ein Beendigungsrecht für den Fall eingeräumt hat, daß seine Belange dies erfordern, § 9 Abs. 1 Satz 2 AAB. Betriebliche Gründe des Auftraggebers fallen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen in sein Risiko und sind deshalb nicht geeignet, eine Befreiung von seinen Vertragspflichten herbeizuführen, auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Ohne die Kündigungsregel des § 9 Abs. 1 Satz 2 AAB hätte die Beklagte die Dienste der Klägerin daher bis zum 31. Dezember 1992 vergüten müssen, auch wenn sie sie nicht mehr gebrauchen konnte. Die Klägerin hätte sich freilich dienstbereit halten müssen. Das bedarf indessen keiner Vertiefung. Für die Entscheidung des vorliegenden Falles gilt aus dem genannten Grunde, daß die Vergütungsregelung nicht ohne die Kündigungsklausel gesehen und gewertet werden darf. Stellt sich § 9 Abs. 1 Satz 2 AAB aber, wie dargelegt, als Sonderkündigungsrecht im Interesse des Auftraggebers dar, weil der Kündigungsgrund in seiner Risikosphäre liegt, so rückt die Vergütungsregel des § 9 Abs. 2 Satz 2 AAB in unmittelbare Nähe von gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen, die für den Fall, daß der Auftraggeber/Dienstberechtigte die Kündigung zu vertreten hat, dem Auftragnehmer/Dienstverpflichteten Schadensersatz wegen Nichterfüllung zubilligen (z.B. § 628 Abs. 2 BGB). Da gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 AAB eine Vergütung für die Zeit nach - vorzeitiger - Vertragsbeendigung insoweit entfällt, als der Auftragnehmer Aufwendungen erspart und/oder durch anderweitige Verwendung der freigewordenen Kräfte Einkünfte erzielt hat oder böswillig zu erzielen unterlassen hat, kommt die Klausel einer Regelung gleich, die der Bundesgerichtshof in anderem Zusammenhang zwar und vor Geltung des AGB-Gesetzes, aber vergleichbar mit dem vorliegenden Sachverhalt als mit Treu und Glauben vereinbar bezeichnet hat (BGHZ 60, 353 = NJW 1973, 1190).

§ 9 AAB berücksichtigt danach nicht nur die Interessen des Verwenders, sondern trägt auch berechtigten Belangen des Vertragspartners Rechnung und ist deshalb mit § 9 AGBG vereinbar.

3. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, ihre mit Schreiben vom 28. August 1990 erklärte außerordentliche Kündigung könne nicht in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, weil ihr rechtsgeschäftlicher Wille gerade nicht darauf gerichtet gewesen sei, die in § 9 Abs. 2 AAB vorgesehenen Rechtsfolgen herbeizuführen. Die Beklagte hat mit dem erwähnten Kündigungsschreiben die Erklärung abgegeben, den Beratungsvertrag vorzeitig, nämlich mit sofortiger Wirkung, beenden zu wollen, weil dessen Geschäftsgrundlage durch die Übernahme der Kommanditgesellschaft seitens eines anderen Interessenten weggefallen sei. Diese Erklärung durfte die Klägerin, auch wenn sie als außerordentliche Kündigung bezeichnet war, als Ausübung des der Beklagten in § 9 Abs. 1 AAB eingeräumten Sonderkündigungsrechts deuten. Daß eine Kündigung auf dieser Rechtsgrundlage nicht gewollt sei, hätte die Beklagte unmißverständlich zum Ausdruck bringen müssen. Daß dies geschehen sei, ist nicht festgestellt; übergangenen Sachvortrag der Beklagten hierzu zeigt die Revisionserwiderung nicht auf.

III. Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben. Da es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist, war es aufzuheben (§§ 563, 564 Abs. 1 ZPO). Das Revisionsgericht kann nicht abschließend entscheiden, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Diese hängt - auch hinsichtlich der Teilerledigungserklärung der Widerkläger - davon ab, ob und in welchem Umfang die Klägerin in der Zeit vom 1. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1992 infolge der vorzeitigen Beendigung des mit der Beklagten geschlossenen Beratungsvertrages Aufwendungen erspart und anderweitig Einkünfte erzielt oder zu erzielen böswillig unterlassen hat. Zu dem hierzu gehaltenen Sachvortrag der Parteien hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Damit diese nachgeholt werden können, war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993250

BB 1994, 594

DB 1994, 1565

NJW 1994, 1069

BGHR AGBG § 9 Abs. 1 Kündigung 2

DRsp I(120)216c

DRsp I(138)706b

WM 1994, 501

ZIP 1994, 1279

MDR 1994, 664

VersR 1994, 944

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