Gesetzestext

 

(1) Andere als die in den §§ 422 bis 424 bezeichneten Tatsachen wirken, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt, nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten.

(2) Dies gilt insbesondere von der Kündigung, dem Verzug, dem Verschulden, von der Unmöglichkeit der Leistung in der Person eines Gesamtschuldners, von der Verjährung, deren Neubeginn, Hemmung und Ablaufhemmung, von der Vereinigung der Forderung mit der Schuld und von dem rechtskräftigen Urteil.

A. Bedeutung.

 

Rn 1

Die Vorschrift postuliert den Grundsatz der Einzelwirkung, soweit keine der in §§ 422–424 benannten Tatsachen vorliegen oder sich aus dem Schuldverhältnis nicht ausnw Gesamtwirkung ergibt. Die Aufzählung in II ist nur beispielhaft, keineswegs abschließend (Rn 10 ff). § 425 betrifft nur solche Tatsachen, die nach Begründung der Gesamtschuld eingetreten sind (BGH NJW 87, 2863, 2864 [BGH 09.04.1987 - IX ZR 138/86]).

B. Tatsachen des Abs 2.

I. Kündigung.

 

Rn 2

In II ist nur die Fälligkeitskündigung gemeint (BGH NJW 13, 3232, 3233 f [BGH 13.03.2013 - XII ZR 34/12]), formularmäßige Abbedingung der Einzelwirkung ist Verstoß gg § 307 (zu § 9 AGBGB aF BGHZ 108, 98, 101). Die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen muss dagegen ggü allen Gesamtschuldnern einheitlich erklärt werden, sie ist sonst unwirksam (Arbeitsverhältnis: BAG DB 72, 244; NJW 84, 1703, 1705; Darlehen: BGH NJW 02, 2866; Hamm NJW-RR 00, 714; München NJW-RR 96, 370; Mietverhältnis: BGHZ 26, 102, 103; 96, 302, 310). IdR genügt es, wenn der Kündigungsgrund in der Person eines Gesamtschuldners gegeben ist (Darlehen: München NJW-RR 96, 370 [OLG München 05.05.1995 - 14 U 875/94]; Mietverhältnis: Ddorf NJW-RR 87, 1370, 1371 [OLG Düsseldorf 18.03.1987 - 15 U 183/86]; aber nach LG Darmstadt NJW 83, 52 [LG Darmstadt 27.08.1982 - 17 S 67/82] uU Pflicht zum Neuabschluss mit vertragstreuem Mieter).

II. Verzug.

 

Rn 3

Nur derjenige Gesamtschuldner gerät in Verzug, bei dem die Voraussetzungen des § 286 vorliegen; Mahnung ggü Kfz-Versicherer hat allerdings wg § 10 IV AKB Gesamtwirkung zu Lasten des Versicherten (Nürnbg NJW 74, 1950 f [OLG Nürnberg 30.04.1974 - 7 U 5/74]). Verlangt der Gläubiger ggü einem der in Verzug befindlichen Gesamtschuldner Schadensersatz statt der Leistung, ändert dies an dem Inhalt der Schuld der anderen Gesamtschuldner nichts (RGZ 65, 26, 28 f; 140, 10, 18). Sind mehrere Gesamtschuldner in Verzug, wird aber nur einer verklagt, ist nur dieser zur Kostenerstattung verpflichtet (BGH NJW 90, 909 f [BGH 10.10.1989 - XI ZR 130/88]).

III. Verschulden.

 

Rn 4

Der Verschuldensvorwurf hat grds Einzelwirkung. Daher haftet bei einer pVV des Mietverhältnisses idR nur derjenige Mieter, der schuldhaft gehandelt hat (LG Berlin NJW-RR 02, 1452). Die Vereinbarung zwischen dem Gläubiger u den Gesamtschuldnern kann ausdr oder stillschweigend die Abrede enthalten, dass ein Gesamtschuldner für das Verschulden eines anderen Gesamtschuldners (u dessen Erfüllungsgehilfen) einzustehen hat, so ggü einem Besteller bei gemeinsamer Herstellung eines Werkes durch mehrere Unternehmer (BGH NJW 52, 217; Nürnbg NJW-RR 91, 28), ggü einem Gast bei gemeinsamem Betreiben einer Gaststätte (BGH VersR 69, 830, 831), bei Beschädigung eines gemieteten Kfz durch Mitmieter ohne Führerschein (BGHZ 65, 226, 228 f), wenn Schaden in der sog Gesamtsphäre der Mieter entstanden ist u dem Vermieter eine individuelle Zuordnung nicht möglich ist (so für die gemeinschaftliche Nutzung einer Waschmaschine Celle MDR 98, 896 [OLG Celle 18.02.1998 - 2 U 29/97]). Eine Personengesellschaft muss sich das Verhalten ihres geschäftsführenden Gesellschafters analog § 31 zurechnen lassen, ihre Gesellschafter haften als Gesamtschuldner, auch wenn sie selbst kein Schuldvorwurf trifft (BGHZ 154, 88, 93 ff; Kobl VersR 05, 655; K. Schmidt NJW 05, 2801, 2804 ff; abw für die Partnerschaftsgesellschaft § 8 II, IV PartGG).

 

Rn 5

Ein mitwirkendes Verschulden des Geschädigten (u seines Erfüllungsgehilfen) im Verhältnis zu einem von mehreren Gesamtschuldnern ist regelmäßig zugunsten aller Gesamtschuldner zu berücksichtigen, auch wenn der Gläubiger nur einzelnen Gesamtschuldnern gegenüber in einer die Anwendung der §§ 254, 278 rechtfertigenden Sonderbeziehung steht, während andere Gesamtschuldner allein aus Delikt haften (BGHZ 90, 86, 90 f; BGH ZIP 17, 273).

IV. Unvermögen.

 

Rn 6

Der Primäranspruch erlischt bei objektiver Unmöglichkeit ggü allen Gesamtschuldnern, Unvermögen befreit hingegen nur den jeweils betroffenen Schuldner (§ 275). Die Schadensersatzpflicht nach §§ 280 I, III, 283; 311a II besteht nur ggü dem Schuldner, der die Unmöglichkeit zu vertreten hat. Bei zu vertretendem Unvermögen haftet der Betroffene auf Schadensersatz, die übrigen Schuldner weiterhin auf die Primärleistung. Der Rücktritt nach § 326 V kann gem § 351 nur mit Gesamtwirkung erklärt werden.

V. Verjährung.

 

Rn 7

Der Eintritt der Verjährung sowie deren Hemmung, Ablaufhemmung sowie Neubeginn gestaltet sich nach den individuellen Verhältnissen der Gesamtschuldner verschieden. Dies gilt auch für die gesamtschuldnerische Haftung einer juristischen Person, ihrer Or...

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