Verfahrensgang

AG Groß-Gerau (Urteil vom 26.01.1982; Aktenzeichen 21 C 1250/81)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Schlußurteil des Amtsgerichts Groß-Gerau vom 26. Jan. 1982 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Streitwert der Berufung: 3.000,– DM (250,– DM × 12).

 

Gründe

Der Beklagte … (Beklagter zu 2.) und die erstinstanzlich Beklagte … (Beklagte zu 1.) waren auf Grund 1978 mündlich abgeschlossenen Mietvertrags Mieter der Klägerin in der Wohnung Nr. … in der in … Wegen vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten zu 1. (insbesondere Lärmbelästigungen, von ihr verursachte Streitereien zwischen den Beklagten) kündigte die Klägerin den Beklagten am 2.4.1981 zum 30.6.1981 das Mietverhältnis. Durch Teilversäumnisurteil des Amtsgerichts Groß-Gerau vom 29.9.1981 ist die Beklagte zu 1. zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt worden. Mit dem angefochtenen Behlußurteil hat das Amtsgericht die Räumungsklage gegen den Beklagten zu 2. abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie ist unbegründet. Die Entscheidung des Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden. Durch die Kündigung vom 2.4.1981 ist zwar das Mietverhältnis auch zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2. beendet worden, auch wenn sich dieser selbst, was unstreitig ist, nicht vertragswidrig verhalten hatte. Denn das mit mehreren Mietern auf Grund eines Vertrags begründete Mietverhältnis kann diesen gegenüber nur einheitlich gekündigt werden (BGH Z 26, 103), und das Amtsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß es zu unbilligen Ergebnissen führen würde, wenn in solchen Fällen dem vertragsgetreuen Mieter gegenüber nicht wirksam gekündigt werden könnte mit der Folge, daß eine Kündigung gänzlich ausgeschlossen wäre, der vertragsuntreue Mieter also stets auf die Vertragstreue des anderen verweisen könnte. Da somit das Mietverhältnis auch mit dem Beklagten zu 2. beendet worden ist, hätte an sich auch dieser die Mietsache zurückzugeben (§ 556 Abs. 1 BGB). Die Kammer ist aber im Ergebnis mit dem Amtsgericht der Auffassung, daß das Räumungsverlangen der Klägerin gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt und deshalb abzuweisen ist, da sie es unterlassen hat, dem Beklagten zu 2. die Fortsetzung des Mietverhältnisses, d.h. den Neuabschluß zu den bisherigen Bedingungen, was der Beklagte zu 2. ersichtlich begehrt, anzubieten. Damit soll allerdings keine Grundsatzentscheidung getroffen werden; die Kammer sieht ihre Entscheidung streng begrenzt auf den vorliegenden besonderen Fall. Danach hat sich der Beklagte zu 2. keinerlei eigene Vertragsverletzungen zuschulden kommen lassen, und es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, wie der Beklagte zu 2., der mit der Beklagten zu 1. nicht verheiratet war oder ist, deren Vertragsverletzungen hätte verhindern können, zumal er auch selbst das Opfer ihres offenbar rabiaten Verhaltens geworden ist. Wie vom Amtsgericht zutreffend ausgeführt, sind dem Beklagten zu 2. die Vertragsverletzungen der Beklagten zu 1., obwohl beide als Mieter Gesamtschuldner waren, nicht zuzurechnen (§§ 422 bis 425 BGB). Die Klägerin hat im übrigen selbst keinen sonstigen stichhaltigen Grund genannt, weshalb sie den Beklagten zu 2. nicht weiterhin als Mieter akzeptieren wollte oder könnte. Mit Rücksicht auf dieses Ergebnis ist nicht näher auf die vom Beklagten zu 2. behauptete Geschäftsunfähigkeit der Beklagten zu 1. zur Zeit der Kündigung einzugehen. Sie ist jedenfalls nicht näher dargelegt. Aus ihrem, der Beklagten zu 1., der Kündigung zugrunde liegenden Verhalten und ihrem – zeitweisen – Aufenthalt in einer psychiatrischen Anstalt kann jedenfalls noch nicht auf eine dauernde und zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestehende Geschäftsunfähigkeit geschlossen werden. Es kann sich – worauf die Klägerin hinweist – um nur vorübergehende auffällige Verhaltensweisen der Beklagten zu 1. gehandelt haben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Der Streitwert ergibt sich aus dem 12-fachen Betrag des monatlichen Mietzinses (250,– DM × 12, § 16 GKG).

 

Unterschriften

Rheinfurth, Richter Berkhoff ist verhindert zu unterschreiben, weil er in Urlaub ist Rheinfurth, Bez

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1252426

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