Rn 16

Nr 2 ergänzt Nr 1 und soll verhindern, dass der Verwender Gläubigerrechte des Kunden (etwa § 281 I) durch die formularmäßige Vereinbarung unangemessen langer oder unbestimmter Nachfristen beeinträchtigt (BRHP/Becker § 308 Nr 2 Rz 2). Dieser Schutzzweck gebietet es, Nr 2 auf alle Vorschriften (etwa §§ 281, 323, 637, 651k II, 651l I) anzuwenden, die die Geltendmachung von Kundenrechten von einer Nachfrist abhängig machen (Erman/Roloff § 308 Rz 13). Die Vorschrift gilt nur für Nachfristen, die der Verwender als Schuldner für die Erbringung eigener Leistungen bestimmt (MüKo/Wurmnest § 308 Nr 2 Rz 3). Für die sog unechten Nachfristen vgl Rn 8. Ein Fristerfordernis in Fällen, in denen nach dem Gesetz die Nachfristsetzung entbehrlich ist (etwa §§ 281 II, 323 II, 475d), verstößt gegen § 307 (BGH NJW 13, 3022 [BGH 06.06.2013 - VII ZR 355/12] Rz 20).

I. Unangemessen lange Frist.

 

Rn 17

Die Angemessenheit einer Nachfrist ist im Wege einer typisierenden Betrachtung der beteiligten Interessen zu bestimmen (vgl MüKo/Wurmnest § 308 Nr 2 Rz 5). Dabei sind insb die im jeweiligen Geschäftszweig üblichen Beschaffungs- und Herstellungszeiten – ggf verlängert um einen gewissen Sicherheitszeitraum –, aber auch die Interessen des Kunden an alsbaldiger bzw fristgerechter Leistung zu berücksichtigen (BGHZ 92, 28). Die im Einzelfall angemessene Nachfrist darf überschritten werden, wenn die Lieferfrist dadurch nicht erheblich verlängert oder erneuert wird (BGH NJW 85, 857 [BGH 06.12.1984 - VII ZR 227/83]). Da die Nachfrist keine ›Ersatzlieferungsfrist‹ ist und die Lieferfristen nicht erheblich verlängern darf, gilt im Grundsatz: Je großzügiger die Lieferfrist, desto knapper ist die zu gewährende Nachfrist zu bemessen (BGH NJW 85, 320 [BGH 31.10.1984 - VIII ZR 226/83]).

 

Rn 18

Einzelfälle (unangemessen +, nicht –): 2 Wochen bei normalen Verbrauchergeschäften (–BGH NJW 85, 323); 4 Wochen bei Maßanfertigungen in kleinen Betrieben (–Frankf DB 81, 884 [LG Köln 11.03.1981 - 13 S 281/80]); pauschal 4 Wochen im Möbelhandel (+BGH NJW 85, 323 [BGH 31.10.1984 - VIII ZR 226/83]); 6 Wochen im Neuwagengeschäft (–BGH NJW 01, 294 [BGH 27.09.2000 - VIII ZR 155/99]; 82, 333 [BGH 07.10.1981 - VIII ZR 229/80]), bei der Lieferung von Fenstern oder Fassadenverkleidungen (+BGH NJW 85, 857 [BGH 06.12.1984 - VII ZR 227/83]), im Fassadenbau (+Stuttg NJW-RR 88, 788 [BGH 25.02.1988 - VII ZR 152/87]).

II. Nicht hinreichend bestimmte Frist.

 

Rn 19

Die bei Nr 1 dargestellten (s Rn 6) Anforderungen gelten entspr.

III. Verträge zwischen Unternehmern.

 

Rn 20

Über §§ 307 II Nr 1, 310 I finden die Wertungen von Nr 2 auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr Berücksichtigung, die Fristen können aber kürzer bemessen sein (BRHP/Becker § 308 Nr 2 Rz 13).

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