Gesetzestext

 

(1) Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert.

(2) 1§ 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. 2Der Bestimmung einer Frist bedarf es auch dann nicht, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.

(3) Der Besteller kann von dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen.

A. Überblick.

 

Rn 1

§ 637 betrifft mit Vorschriften zum Selbstvornahmerecht des Bestellers ein wichtiges Instrument für die interessengerechte Abwicklung von Werkmängeln, das weiterhin keine Entsprechung im Kaufvertragsrecht findet. Das führt im Zusammenspiel mit der durch die Harmonisierung von Kauf- und Werkvertragsrecht bedingten Neufassung des § 650 dazu, dass dem Besteller abw von der früheren Rechtslage kein Selbstvornahmerecht nebst Kostenerstattungs- und Vorschussanspruch mehr zusteht, soweit die Leistungsverpflichtung seines Vertragspartners (nur) die Lieferung unvertretbarer, von ihm selbst hergestellter Sachen betrifft und keine Montageleistungen von Gewicht umfasst (s § 650 Rn 4, 7). § 637 I enthält den Kerntatbestand des Selbstvornahmerechts und des hieran geknüpften Aufwendungsersatzanspruches. Die Vorschrift ersetzt also § 633 III aF, verzichtet jedoch auf das Erfordernis des Verzugs. Stattdessen reicht es jetzt aus, dass – verschuldensunabhängig – eine zuvor vom Besteller gesetzte Nacherfüllungsfrist erfolglos abgelaufen ist. Darüber hinaus stellt § 637 I klar, dass kein Selbstvornahmerecht besteht, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert (§§ 275, 635 II). In § 637 II finden sich die nunmehr gesetzlich geregelten Tatbestände für die Entbehrlichkeit einer fristgebundenen Aufforderung zur Nacherfüllung, die inhaltlich den für den Rücktritt geltenden Vorschriften in §§ 323 II und 636 entsprechen. Der schon nach altem Recht kraft richterlicher Rechtsfortbildung geltende Anspruch des Bestellers auf Kostenvorschuss ist jetzt in § 637 III gesetzlich geregelt. Allg zum Anwendungsbereich des Sachmängelhaftungsrechts § 633 Rn 2 ff; für das Verhältnis der Sachmängelrechte zum allg Leistungsstörungsrecht s § 633 Rn 4 ff, zum Verhältnis der Mängelrechte untereinander § 634 Rn 2 ff.

B. Regelungsgehalt.

I. Selbstvornahme und Aufwendungsersatz – § 637 I.

1. Voraussetzungen.

 

Rn 2

Im Ausgangspunkt enthält § 637 I eine Selbstverständlichkeit. Natürlich steht es dem Besteller frei, etwaige Mängel des abgenommenen Werks selbst zu beseitigen oder beseitigen zu lassen. Der Regelungsgehalt der Vorschrift betrifft also eigentlich (nur) die Frage, wer die hierdurch bedingten Kosten zu tragen hat. Die allg tatbestandlichen Voraussetzungen für diesen Aufwendungsersatzanspruch entsprechen denen der Minderung und des Rücktritts: Die Werkleistungen müssen also im Zeitpunkt der Abnahme mit einem Mangel behaftet gewesen sein, der auch nach Ablauf einer angemessenen Nacherfüllungsfrist nicht beseitigt ist. Dann kann der Besteller grds frei zwischen den sich aus § 634 Nr 2–4 ergebenden Mängelrechten wählen (s § 634 Rn 3 ff), wobei allerdings die Geltendmachung von Schadensersatz zusätzlich ein Verschulden des Unternehmers voraussetzt. Für die Entbehrlichkeit einer fristgebundenen Nacherfüllungssaufforderung gelten ebenfalls die gleichen Voraussetzungen wie beim Rücktritt, was sich aus der inB genommenen Vorschrift des § 323 II und aus § 636 ergibt (hierzu iE: § 636 Rn 5 ff). Das Recht zur Selbstvornahme ist gem § 637 I aE ausgeschlossen, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung gem §§ 275, 635 III verweigern darf (iE hierzu: § 635 Rn 7 ff) und tatsächlich verweigert. Sonst liefe die Freistellung von der Nacherfüllungspflicht leer, weil er dann die – bei der Ersatzvornahme idR sogar höheren – Kosten hierfür tragen müsste. Eine erneute Aufforderung zur Nacherfüllung mit Fristsetzung ist erforderlich, wenn der Unternehmer die nach erstmaliger Fristsetzung vereinbarte Nachbesserungsmaßnahme nicht oder nicht tauglich ausführt (vgl Köln BauR 05, 439 = SFHK § 637 BGB Nr 1).

2. Rechtsfolgen – Allgemeines.

 

Rn 3

Der ergebnislose Ablauf der Nacherfüllungsfrist stellt eine wichtige zeitliche Zäsur dar. Der Unternehmer kann die Nacherfüllung nicht mehr erzwingen, der Besteller kann sie unbeschadet der Geltendmachung etwaiger bereits entstandener Verzögerungsschäden (§§ 280 I, II, 286) aber noch gestatten (s § 634 Rn 3 – BGH BauR 03, 693; BauR 04, 501) und va zunächst auch weiterhin verlangen. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Selbstvornahme mangels Fristsetzung nicht erfüllt oder schreitet der Besteller schon vor Ablauf einer angemessenen Frist zur Selbstvornahme, so steht ihm kein Kostenerstattungsanspruch aus § 637 I zu, und zwar unabhängig davon, ob er die Mängel selbst beseitigt hat oder von einem Dritten hat beseitigen lassen. Evtl Ansprüche aus GoA und Bereicherungsrecht sind ausgeschlossen, weil § 637 eine abschließende Sonderregelung darstellt (BGHZ 46, 2...

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