Rn 7

Die Nacherfüllung ist ausgeschlossen, wenn sie objektiv unmöglich ist – § 275 I. Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus § 635 III, der nur auf § 275 II, III verweist, liegt aber in der Natur der Sache, weil für den gleichgerichteten Nacherfüllungsanspruch nichts anderes gelten kann als für den Erfüllungsanspruch. Dem gleichgestellt ist gem § 275 I die subjektive Unmöglichkeit, bei der gerade der verpflichtete Unternehmer die gebotene Nacherfüllung nicht erbringen kann. Objektive Unmöglichkeit liegt vor, wenn der in Rede stehende Mangel von niemandem behoben werden kann, auch nicht im Wege der Neuherstellung (AnwK/Raab § 635 Rz 25). Dafür können technische Gründe (unüberwindbare statische Probleme; völlig untauglicher Baugrund), rechtliche Hindernisse (endgültig versagte Baugenehmigung – BGH NJW-RR 93, 560 [BGH 26.01.1993 - X ZR 90/91]) oder zeitliche Zwänge (absolutes Fixgeschäft) maßgebend sein. Ebenfalls unmöglich idS ist die Beseitigung von Planungs- oder Überwachungsfehlern des Architekten, wenn sich diese bereits im Bauwerk verkörpert haben (BGH NZBau 03, 38; anders beim Generalunternehmer Ddorf NZBau 03, 445 [OLG Düsseldorf 23.08.2002 - 22 U 111/01] oder wenn die Beseitigung von Baugenehmigungsproblemen im Wege des Dispenses möglich ist – Hamm MDR 78, 226).

 

Rn 8

Der Unternehmer darf die Nacherfüllung gem § 635 III verweigern, wenn sie ihm unter den Voraussetzungen der Bestimmungen in § 275 II, III nicht zugemutet werden kann (iE s § 275 Rn 19 ff – zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit; § 275 Rn 30 ff – zur persönlichen Unzumutbarkeit) oder wenn sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre (§ 635 III). Die Abgrenzung zwischen § 275 II, wo von einem groben Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen als Unzumutbarkeitsgrund die Rede ist, und § 635 III, der lediglich an unverhältnismäßig hohe Kosten der Nachbesserung anknüpft, ist nicht eindeutig geklärt (vgl AnwK/Raab § 635 Rz 32 ff). Allerdings dürften die Voraussetzungen für das Verweigerungsrecht nach § 275 II schon mit Rücksicht auf das Erfordernis eines groben Missverhältnisses in jedem Fall deutlich höher sein als die des § 635 III, zumal § 275 auf der Rechtsfolgenseite die Leistungsverpflichtung des Unternehmers insgesamt entfallen lässt und damit auch eine (verschuldensunabhängige) Minderung ausschließt, die dem Besteller bei einer Nacherfüllungsverweigerung nach § 635 III erhalten bleibt (vgl hierzu: Kniffka/Krause-Allenstein, Bauvertragsrecht, § 635 Rz 53). IE wird man deshalb die Nacherfüllungsverweigerung des Unternehmers iaR an § 635 III messen können, dessen tatbestandlichen Voraussetzungen trotz einer – dem Gleichlauf mit § 439 IV 1 geschuldeten – sprachlichen Neufassung denen des § 633 II 3 aF entsprechen dürften (ebenso: Kniffka/Krause-Allenstein Bauvertragsrecht § 635 Rz 44). Die hierzu ergangene Rspr kann also weiter herangezogen werden. Danach ist ein unverhältnismäßiger Aufwand gegeben, wenn er in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem mit der Nacherfüllung für den Besteller erzielbaren Erfolg steht (BGH BauR 06, 382; BauR 06, 377 – jeweils zu § 635; zu § 633 II S 3 aF: BGH NJW-RR 97, 1106; BGHZ 96, 111, 123 = BauR 86, 93), dh einem objektiv geringen Interesse des Bauherrn an der Mangelbeseitigung steht ein erheblicher Aufwand ggü (BGH BauR 02, 613; Köln IBR 05, 584), wobei alle Umstände des Einzelfalles einschließlich Verschulden (§ 275 II S 2 – BGH BauR 06, 377; vgl auch: BGH BauR 08, 1140, 1141; BauR 09, 1151 – Gesamtabwägung auch erforderlich bei vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführten Mängeln; NJW 95, 1836) zu berücksichtigen sind (BGH NJW-RR 97, 1106; BauR 02, 613). Auch die Erheblichkeit des Mangels und evtl Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit des Werks spielen eine wichtige Rolle (Schlesw IBR 06, 86 [OLG Schleswig 07.07.2005 - 7 U 22/01]). Entspricht die Werkleistung den anerkannten Regeln der Technik, nicht aber der vereinbarten höherwertigen und risikoärmeren Art der Ausführung, so ist die Inanspruchnahme des Unternehmers auf Beseitigung des darin liegenden Mangels und Verwirklichung der vereinbarten Beschaffenheiten (§ 633 I, II 1) iaR nicht unverhältnismäßig iSd § 635 III (BGH BauR 08, 1140). Soweit die Funktionalität der Werkleistungen beeinträchtigt ist, sind selbst hohe, den Vertragspreis uU deutlich übersteigende Nachbesserungskosten idR nicht unverhältnismäßig (idS BGH BauR 06, 377; NJW 96, 3269; Hamm BauR 04, 1459 u IBR 04, 415; Köln IBR 03, 242). Demggü kommt es für § 635 III auf das Verhältnis zwischen den Nachbesserungskosten und den Vertragspreisen nicht an (BGH BauR 06, 377). Eine Unzumutbarkeit kann indes darin liegen, dass eine erfolgreiche und vollständige Mangelbeseitigung vom Unternehmer nicht geschuldete Vorarbeiten voraussetzt und der Besteller jegliche Zahlung von Sowiesokosten ablehnt (München BauR 03, 720).

 

Rn 9

Verweigert der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht, wird er von der Nacherfüllungspflicht frei und der Besteller verliert sein Leistungsverweigerungsrecht gem §§ 320

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