Gesetzestext

 

(1) Wird die Pauschalreise durch den Reisemangel erheblich beeinträchtigt, kann der Reisende den Vertrag kündigen. Die Kündigung ist erst zulässig, wenn der Reiseveranstalter eine ihm vom Reisenden bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu leisten; § 651k Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Wird der Vertrag gekündigt, so behält der Reiseveranstalter hinsichtlich der erbrachten und nach Absatz 3 zur Beendigung der Pauschalreise noch zu erbringenden Reiseleistungen den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis; Ansprüche des Reisenden nach § 651i Absatz 3 Nummer 6 und 7 bleiben unberührt. Hinsichtlich der nicht mehr zu erbringenden Reiseleistungen entfällt der Anspruch des Reiseveranstalters auf den vereinbarten Reisepreis; insoweit bereits geleistete Zahlungen sind dem Reisenden vom Reiseveranstalter zu erstatten.

(3) Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die infolge der Aufhebung des Vertrags notwendigen Maßnahmen zu treffen, insbesondere, falls der Vertrag die Beförderung des Reisenden umfasste, unverzüglich für dessen Rückbeförderung zu sorgen; das hierfür eingesetzte Beförderungsmittel muss dem im Vertrag vereinbarten gleichwertig sein. Die Mehrkosten für die Rückbeförderung fallen dem Reiseveranstalter zur Last.

A. Zweck.

 

Rn 1

Bei erheblichen Mängeln kann der Reisende nach fruchtloser Fristsetzung (aber § 651k II 2) kündigen (I), und zwar schon vor Reiseantritt, wenn die Kündigungsvoraussetzungen schon bestehen (BGH NJW 90, 572 [BGH 23.11.1989 - VII ZR 60/89]; 80, 2192 [BGH 26.06.1980 - VII ZR 210/79]; Ddorf NJW-RR 98, 51). Mit Kündigung entfällt nicht (mehr) der Anspruch auf den Reisepreis auch für schon erbrachte Leistungen (II 1). Daher bleiben Minderung und Schadensersatz unberührt. § 314 bleibt auch für den Reisenden im Einzelfall anwendbar (str). Zum Rücktritt vgl §§ 651h, 651g.

B. Voraussetzungen.

I. Mangel iSv § 651i II (Abs 1 S 1).

 

Rn 2

Die Reise muss einen Mangel haben (§ 651i II).

II. Erheblichkeit (Abs 1 S 1).

 

Rn 3

Der Mangel muss die Reise objektiv erheblich beeinträchtigen. Wie bei Minderung (§ 651m I 2) ist maßgeblich der Anteil der Mangel in Relation zur gesamten Reiseleistung und wie gravierend sich der Mangel für den Reisenden ausgewirkt hat. Dabei ist das Maß, mit dem ein Mangel die Reise beeinträchtigt, auf Grund einer an Zweck und konkreter Ausgestaltung der Reise sowie Art und Dauer der Beeinträchtigung orientierten Gesamtwürdigung zu beurteilen (LG Frankfurt 22.5.19 – 2–24 O 149/18 Rz 85); der Reisepreis ist insoweit irrelevant (BGH NJW 12, 2107, 2110 [BGH 17.04.2012 - X ZR 76/11]). Diese Gesamtwürdigung ist aus der Sicht eines Durchschnittsreisenden unter Würdigung aller Umstände vorzunehmen (BGH NJW 13, 3170 [BGH 14.05.2013 - X ZR 15/11] Rz 34). Daraus ergibt sich, ob dem Reisenden die Fortsetzung der konkreten Reise angesichts der Art, Schwere und Dauer der Reisemängel zumutbar ist. Für die Beurteilung sind neben Mängeln auch bloße Unannehmlichkeiten zu berücksichtigen (Frankf NJW-RR 05, 132 [LG Frankfurt am Main 17.06.2004 - 2-19 O 516/03]).

 

Rn 4

Auch vielzählige kleinere Mängel können insgesamt erheblich sein. Teils wird durch Quantifizierung ein fiktiver Minderungsprozentsatz bezüglich des mangelbehafteten Teils angesetzt, von dem ab eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise idR vorliegt (ab 25%: LG Duisburg RRa 08, 119 [LG Duisburg 20.12.2007 - 12 S 92/07]; ab 35%: LG Frankfurt RRa 11, 169, 171; 63, 65; 10, 27, 28; ab 50% [Vergleich zu § 651 f II aF]: LG Hannover RRa 11, 54, 55).

 

Rn 5

Bsp für erhebliche Beeinträchtigungen sind, dass vor Reiseantritt ohne wichtigen Grund der Abflug- oder Ankunftsort (LG Kleve RRa 97, 228; zur Abflugverzögerung s.a. LG Aachen MDR 89, 817 [LG Aachen 26.04.1989 - 7 S 647/88]; LG Frankfurt NJW-RR 97, 820) oder die zugesicherte Fluggesellschaft (LG Köln NJW-RR 00, 786) oder -klasse (Ddorf NJW-RR 08, 785 [OLG Düsseldorf 13.12.2007 - I-12 U 39/07]: Economy statt First Comfort Class) gewechselt wird, ein Schiff wegen ausgefallenen Bustransfers (AG Frankfurt RRa 95, 73) nicht erreicht wird oder dieses untergeht (Frankf RRa 96, 84), zentrale Ausflugsziele wegfallen (vgl BGH NJW 18, 1534 [BGH 16.01.2018 - X ZR 44/17] Rz 17, 24) oder im Winter in einem Skigebiet die im Prospekt beschriebene Liftanlage außer Betrieb ist (AG Münster RRa 04, 186 [AG Münster 28.11.2003 - 59 C 2377/03]), der Reisende auf eine Tierplage allergisch reagiert (Ddorf NJW-RR 92, 245 [OLG Düsseldorf 13.11.1991 - 18 U 123/91]), ständiger Baulärm (unabhängig von zwischenzeitlichem Hinweis des Veranstalters, Celle MDR 20, 278 [BGH 27.11.2019 - VIII ZR 165/18]) den Erholungszweck der Reise vereitelt (LG Düsseldorf NJW-RR 02, 269 [LG Düsseldorf 19.01.2001 - 22 S 261/99]; LG Stuttgart NJW- RR 86, 349), die Unterbringung statt wie zugesagt nicht in einem FKK-Hotel erfolgt oder umgekehrt (Frankf 16 U 143/02), in die Unterkunft Wasser einbricht (Ddorf NJW-RR 95, 314; AG Bad Homburg NJW-RR 97, 818 [AG Bad Homburg 12.09.1996 - 2 C 2245/96-20]; Köln NJW-RR 07, 62) oder sie baulich nicht fertig gestellt ist (Ddorf NJW-RR 98, 53 [OLG Düsseldorf 15.05.1997 - 18 U 142...

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