Rn 6

Wegen der Abhängigkeit des Pflichtteilsanspruchs vom gesetzlichen Erbteil (§ 2303 I 2) sind Passiva lediglich Nachlassverbindlichkeiten und Lasten, die vorlägen, legte man allein die gesetzliche Erbfolge zu Grunde (MüKo/Lange Rz 10). Zu berücksichtigen sind grds Erblasserschulden und Erbfallschulden iSv § 1967 II, zB als Erblasserschulden vererbliche und zur Zeit des Erbfalls noch nicht verjährte Verbindlichkeiten wie Ansprüche aus einem mit dem Erbfall fälligen Nachlassvermächtnis (§ 2191; NJW 14, 3370 [BGH 27.08.2014 - XII ZB 133/12] Rz 20), Ansprüche Dritter nach § 612, Unterhaltsansprüche nach § 1586 oder § 1615l, Grundstückslasten, zulasten des Erben befristet oder unbefristet entstandene Steuerverbindlichkeiten (BGH NJW-RR 93, 131, 132 [BGH 14.10.1992 - IV ZR 211/91]) incl der, die der Erblasser durch die Verwirklichung von Steuertatbeständen nur begründet hat (BFH NJW 12, 3677 [BFH 04.07.2012 - II R 15/11] Rz 13), zuzüglich der damit zusammenhängenden Beratungskosten (BFH NJW 93, 350 [BFH 28.04.1992 - VII R 33/91]), wobei bei Zusammenveranlagung des Erblassers mit seinem Ehegatten (§ 26b EStG) darauf abzustellen ist, wer im Innenverhältnis die Steuerschuld zu tragen hat, da er das Einkommen erzielte (BGH NJW 79, 546 [BGH 06.12.1978 - IV ZR 82/77]; zu § 270 AO BFH aaO Rz 31). Abzuziehende Erbfallschulden sind zB Kosten der standesgemäßen Beerdigung nach § 1968 (München 25.5.11 – 20 U 2853/08: zu Todesanzeige und Blumen), Nachlasssicherungs-, Nachlassverwaltungs- (RG JW 1906, 114), Nachlassprozess- und Inventarkosten (§§ 1993, 2314 II), Kosten der Auskunftserteilung nach § 2314 (BGH FamRZ 89, 856), des Rechtsanwalts im Erbscheinverfahren beim Erbprätendentenstreit jedenfalls dann, wenn er vom Pflichtteilsberechtigten veranlasst war (BGH MDR 80, 831). Ferner ist abzugsfähig der Anspruch auf Zugewinnausgleich nach § 1371 II u III (BGH NJW 88, 136, 137 [BGH 16.09.1987 - IVa ZR 97/86]), der Rückforderungsanspruch nach § 102 SGB XII, und Kosten der Testamentsvollstreckung, (nur) wenn diese für den Pflichtteilsberechtigten von Vorteil ist (BGH NJW 09, 1143, 1144 [BGH 03.12.2008 - IV ZR 58/07]). Im Fall des § 426 ist nur der Anteil zu berücksichtigen, der im Innenverhältnis dem Anteil des Erblassers entspricht (BGH FamRZ 10, 894, 895).

 

Rn 7

Auszuscheiden sind der Pflichtteilsanspruch selbst, der Erbersatzanspruch, Vermächtnisse und Auflagen (BGH NJW 21, 2115 Rz 19; 14, 3370 Rz 20; 88, 136, 137), der Anspruch auf den Dreißigsten (§ 1969), der erst mit dem Erbfall entstehende Unterhaltsanspruch der werdenden Mutter (§ 1963) und des Stiefkindes nach § 1371 IV, idR latente Steuern (Köln ZEV 21, 635 [OLG Köln 21.01.2021 - 24 U 48/20] Rz 18) wie zB nach § 16 EStG (BGH NJW 72, 1269), die aber idR bei der Bewertung des Gegenstandes zu berücksichtigen sind (BGH NJW 82, 2497, 2498; FamRZ 86, 776), den Erben selbst treffende Erbschaftsteuerschulden (vgl BFH NJW 13, 2927 Rz 13) und Beratungskosten (Hamm OLGZ 90, 1520; Ddorf FamRZ 99, 1465; aA BFH NJW 10, 2543 Rz 12, 14), Grabpflegekosten (BGH NJW 21, 2115 Rz 13), grds Verbindlichkeiten, die auf einer Verfügung vTw des Erblassers beruhen, Kosten der Testamentseröffnung, der Erstellung des Erbscheins (München aaO, Rz 58) oder einer Auseinandersetzung unter Miterben (Stuttg JABl BW 78, 76), sowie solche, die im Nachlassinsolvenzverfahren erst nach dem Pflichtteilsanspruch zu befriedigen wären (§ 327 InsO), Bürgschaftsverbindlichkeiten, solange das Ob und die Höhe der Inanspruchnahme offen ist (Köln ZEV 04, 155). Nach I 2 bleibt für den Pflichtteil der Eltern und der Abkömmlinge iRd § 1932 I 2 auch der Voraus des überlebenden Ehegatten bei gesetzlicher Erbfolge (§ 1932) außer Betracht, außer, er gebührte dem Ehegatten als testamentarischem Allein- oder Miterben nicht (BGH NJW 79, 546 [BGH 06.12.1978 - IV ZR 82/77]; Naumbg OLGR 00, 433), oder wenn der Erblasser dem Ehegatten den Pflichtteil oder Voraus entzogen hatte bzw der Ehegatte für erbunwürdig erklärt wurde, nicht aber, weil der Voraus ausgeschlagen wurde (Staud/Herzog Rz 79). Der Pflichtteil des Ehegatten bzw Lebenspartners (§ 10 I 2, 3 LPartG) errechnet sich immer aus dem Gesamtnachlass ohne Abzug des Voraus (BeckOKBGB/Müller Rz 15).

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