Gesetzestext

 

1Ist zur Zeit des Erbfalls die Geburt eines Erben zu erwarten, so kann die Mutter, falls sie außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, bis zur Entbindung angemessenen Unterhalt aus dem Nachlass oder, wenn noch andere Personen als Erben berufen sind, aus dem Erbteil des Kindes verlangen. 2Bei der Bemessung des Erbteils ist anzunehmen, dass nur ein Kind geboren wird.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift, die ohne praktische Bedeutung ist, ergänzt § 1923 II (BayObLG Rpfleger 81, 327). Vor dem Hintergrund, dass das Erbrecht auch der Sicherstellung der Versorgung naher Familienangehöriger dient, ist die Begründung eines Unterhaltsanspruchs der werdenden Mutter zulasten des Nachlasses bei zu erwartender Alleinerbschaft des nasciturus oder aus seinem noch hypothetischen Erbteil sinnvoll. Der an die Mutter gezahlte Unterhalt ist mit dem Erbteil des Kindes zu verrechnen. Der Erblasser kann den Anspruch weder beschränken noch ausschließen.

B. Anspruchsvoraussetzungen

I. Unterhaltsgläubiger.

 

Rn 2

Allein die Mutter des Kindes, nicht das Kind, ist Gläubigerin des Unterhaltsanspruchs.

 

Rn 3

Der Anspruch ist eine Nachlassverbindlichkeit iSv § 1967 II. Die Dreimonatseinrede des § 2014 kann ggü dem Unterhaltsanspruch des § 1963 nicht geltend gemacht werden (MüKo/Küpper § 2014 Rz 3).

II. Berufungsgrund des nasciturus.

 

Rn 4

Entscheidend ist, ob der nasciturus zum Erben bestimmt wurde und ob er Erbe wäre, wenn er im Zeitpunkt des Erbfalls bereits leben würde (NK-BGB/Krug § 1963 Rz 3). Gleichgültig ist, welcher Erbenordnung er angehören wird. Für die Ersatzerbenstellung genügt es, wenn der Ersatzerbfall vor der Geburt eintritt. Bei Bestehen eines Pflichtteilsanspruchs ist § 1963 analog anwendbar (Staud/Mesina § 1963 Rz 4; aA MüKo/Leipold § 1963 Rz 3). Die Stellung als Vermächtnisnehmer ist nicht ausreichend.

 

Rn 5

Da die Unterhaltsansprüche aufgrund der Erwartung der Geburt geschuldet werden, können die erbrachten Unterhaltszahlungen nicht zurückgefordert werden, wenn das Kind nicht lebend geboren oder nach der Geburt gestorben ist (Staud/Mesina § 1963 Rz 12).

III. Nachweis der Vaterschaft.

 

Rn 6

Er ergibt sich aus der Vermutung des § 1592 Nr 1 für das eheliche Kind; für das nichteheliche Kind kann das Vaterschaftsanerkenntnis bereits vor der Geburt abgegeben werden; dann ist § 1592 Nr 2 erfüllt. Ansonsten genügt für § 1600d II die Glaubhaftmachung dieser Voraussetzungen (Soergel/Naczinsky § 1963 Rz 2).

IV. Inhalt des Anspruchs.

 

Rn 7

Anspruchsvoraussetzung ist die Schwangerschaft, die Erbberechtigung des werdenden Kindes und die Bedürftigkeit der Mutter nach § 1602. Sie ist bedürftig, wenn sie ihren Unterhalt weder aus Einkünften noch aus Arbeitseinkommen oder Vermögen bestreiten kann. Kann sie den Dreißigsten nach § 1969 geltend machen, ist sie für diese Zeit mit § 1963 ausgeschlossen (MüKo/Leipold § 1963 Rz 5).

 

Rn 8

Geschuldet ist der angemessene Unterhalt bis zur Entbindung, der sich an der Lebensstellung der Mutter orientiert. Daher sind die Grundsätze des § 1615l anwendbar (§ 1615l Rz 3 ff).

 

Rn 9

Gehört das Kind einem anderen Familienstamm an und ist es daher mit dem Erblasser nicht verwandt, besteht ein Rückerstattungsanspruch. Nimmt die Anspruchstellerin irrig an, sie sei schwanger, schließt § 814 den Bereicherungsanspruch nach § 812 I aus (Erman/Schmidt § 1963 Rz 8). Wusste die Unterhaltsgläubigerin, dass sie nicht schwanger ist, trifft sie die verschärfte Haftung nach §§ 819, 823, 826 iVm § 263 StGB.

C. Prozessuales.

 

Rn 10

Da § 1963 in § 231 FamFG nicht genannt ist, gelten die allgemeinen Zuständigkeitsregeln der §§ 12 ff ZPO. Dies gilt auch für den einstweiligen Rechtsschutz. Für den Unterhaltsanspruch dürfte die Regelungsverfügung nach § 940 ZPO statthaft sein, wenn die anspruchsbegründenden Tatsachen, dh diejenigen, die die Vaterschaft des Erblassers begründen, glaubhaft gemacht werden können, §§ 936, 920 II, 294 ZPO.

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