Gesetzestext

 

Der Erbe kann von jedem, der auf Grund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat (Erbschaftsbesitzer), die Herausgabe des Erlangten verlangen.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Der Erbschaftsanspruch (§§ 2018 bis 2031) erleichtert es dem Erben, der als Gesamtrechtsnachfolger in die Vermögensverhältnisse des Erblassers eintritt, in den vollständigen Besitz der Erbschaft zu gelangen, ohne gegen den Erbschaftsbesitzer Einzelklagen zu erheben. Zugleich wird der gutgläubige Erbschaftsbesitzer geschützt, indem ihm § 2022 großzügigen Verwendungsersatz und ein erweitertes Zurückbehaltungsrecht einräumt. Der Erbschaftsanspruch als Gesamtanspruch (Rn 13) tritt neben die Einzelansprüche, etwa aus §§ 985, 1007, 861, 858, 688. Ggü den Einzelansprüchen bietet der Erbschaftsanspruch dem Erben den Vorteil, dass er nur beweisen muss, dass er Erbe ist und, dass der Beklagte den Besitz auf Grund eines ihm nicht zustehenden Erbrechts erlangt hat. Den eigentlichen Erwerbstitel für die Einzelgegenstände muss der Erbe hingegen weder darlegen noch beweisen (Rn 18).

B. Der anspruchsberechtigte ›Erbe‹.

 

Rn 2

Der Erbschaftsanspruch steht zunächst dem wahren Erben zu. Anspruchsberechtigt ist aber auch der Miterbe vor der Auseinandersetzung, der zunächst die Leistung wegen der gesamthänderischen Bindung jedoch nur an alle Miterben verlangen kann (§ 2039 1), ebenso die Hinterlegung (§ 2039 2) für alle Miterben, weiter anspruchsberechtigt ist der Vorerbe bis zum Eintritt des Nacherbfalls und der Nacherbe im Anschluss nach Eintritt des Nacherbfalls.

 

Rn 3

Zum Kreis der Anspruchsberechtigten gehört auch der Erbteilserwerber nach § 2033 I, der Pfändungsgläubiger eines Erbteils, der Erbschaftskäufer, jedoch erst nach Abtretung durch den Verkäufer gem § 2374 (Soergel/Dieckmann § 2018 Rz 1) sowie der verwaltende Testamentsvollstrecker, §§ 2211 f, der Nachlassverwalter, § 1984 und der Insolvenzverwalter nach § 80 InsO.

 

Rn 4

Der Nachlasspfleger hat auf Grund seines Rechts zum Besitz und zur Verwaltung des Nachlasses nach § 1960 das Recht von jedem, der Nachlassgegenstände im Besitz hat, deren Herausgabe zu verlangen, und zwar auch vom wahren Erben, solange dessen Erbrecht noch nicht rechtskräftig festgestellt ist, iÜ ist es nicht Aufgabe des Nachlasspflegers, den für den Anspruch aus § 2018 vorgreiflichen Streit um das Erbrecht zur Entscheidung zu bringen (str BGH NJW 83, 226; aA: Staud/Raff § 2018 Rz 3). Darüber hinaus wendet der BGH den Herausgabeanspruch des Nachlasspflegers analog auch auf die Surrogate nach § 2019 an (BGH NJW 83, 226 [BGH 06.10.1982 - IVa ZR 166/81]), auch eine Anwendung der §§ 2021 und 2022 erscheint daher folgerichtig, sodass der Streit im Ergebnis ohne Folgen ist.

C. Anspruchsgegner.

 

Rn 5

Anspruchsgegner ist der Erbschaftsbesitzer. Dabei haften mehrere Erbschaftsbesitzer als Gesamtschuldner (Oldbg FamRZ 98, 1468). Gleichgestellt ist einem Erbschaftsbesitzer nach § 2030 derjenige, der die Erbschaft durch Vertrag vom Erbschaftsbesitzer erwirbt und derjenige, der Nachlassgegenstände zunächst ohne Erbrechtsanmaßung aus dem Nachlass erlangt hat und erst später für sich als Erbe in Anspruch nimmt (BGH FamRZ 85, 1019).

 

Rn 6

Der Erbe des Erbschaftsbesitzers ist selbst Erbschaftsbesitzer und daher, wenn er Erbschaftsgegenstände im Besitz hat, dem Erben ggü zur Herausgabe verpflichtet (str; so BGH NJW 85, 3068 [BGH 05.06.1985 - IVa ZR 257/83]; einschränkend: MüKo/Helms § 2018 Rz 23). Erbschaftsbesitzer ist auch, wer die Stellung eines Vorerben behauptet (Bremen OLGR 02, 187, vgl Rz 9) sowie der Miterbe, der sich als Alleinerbe berufen fühlt oder einen höheren als den ihm tatsächlich zustehenden Erbteil beansprucht (Staud/Raff § 2018 Rz 13, vgl Rn 8) und wer als Erbe Gegenstände verteidigt, die er bereits zu Lebzeiten des Erblassers aus dessen Vermögen (RGZ 81, 293) oder nach dem Erbfall zunächst ohne Erbrechtsanmaßung erlangt hat (RGRK/Kregel § 2018 Rz 6).

 

Rn 7

I. Kein Erbschaftsbesitzer ist, wer zwar Erbschaftsgegenstände besitzt, aber zu keiner Zeit ein Erbrecht in Anspruch genommen hat, insb der rechtsgrundlose Besitzer (Stuttg ZEV 13, 555). Der Anspruch aus § 2018 besteht somit nicht ggü demjenigen, der etwas aus der Erbschaft erlangt hat, ohne sich auf einen Titel oder ein sonstiges Recht zu berufen, wie zB der Dieb. In diesen Fällen stehen dem Erben die Besitzschutzansprüche der §§ 857 ff, der Anspruch aus dem früheren Besitz nach § 1007 und der Auskunftsanspruch nach § 2027 zur Verfügung (Grüneberg/Weidlich § 2018 Rz 6). Erbschaftsbesitzer ist demnach auch nicht, wer seinen Besitz mit einem Einzelerwerb rechtfertigt, wie zB mit einer Übereignung auf Grund eines Rechtsgeschäfts mit dem Erblasser zu dessen Lebzeiten, mit einer Schenkung von Todes wegen oder mit der Erfüllung eines Vermächtnisses (Erman/Horn § 2018 Rz 4). Kein Erbschaftsbesitzer sind der Nachlassverwalter, -insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker und Nachlasspfleger, da sie kraft Gesetzes besitzen und sich somit kein Erbrecht anmaßen (Staud/Gursky § 2018 Rz 12).

 

Rn 8

Der Miterbe wird, auch wenn er eine...

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