Gesetzestext

 

(1) 1Ist der Gläubiger unbekannt, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Recht ausgeschlossen werden, wenn seit der letzten sich auf die Hypothek beziehenden Eintragung in das Grundbuch zehn Jahre verstrichen sind und das Recht des Gläubigers nicht innerhalb dieser Frist von dem Eigentümer in einer nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 zum Neubeginn der Verjährung geeigneten Weise anerkannt worden ist. 2Besteht für die Forderung eine nach dem Kalender bestimmte Zahlungszeit, so beginnt die Frist nicht vor dem Ablauf des Zahlungstags.

(2) 1Mit der Rechtskraft des Ausschließungsbeschlusses erwirbt der Eigentümer die Hypothek. 2Der dem Gläubiger erteilte Hypothekenbrief wird kraftlos.

 

Rn 1

Während § 1162 nur das Abhandenkommen des Hypothekenbriefs betrifft, ermöglicht § 1170 nach Ablauf der Zehnjahresfrist den Ausschluss des eingetragenen Gläubigers insgesamt. Ohne Ablauf der Zehnjahresfrist besteht eine Ausschlussmöglichkeit nur nach § 1171 oder durch die Bestellung eines Pflegers (§§ 1911, 1913, 1960 f; vgl Böhringer NJW 94, 303). Kann der Eigentümer nachweisen, dass die Forderung erloschen und damit die Hypothek auf ihn übergegangen ist (§ 1163), besteht die Möglichkeit der Grundbuchberichtigung (§ 894); ist dies nicht möglich, kann er nach § 1170 vorgehen. Bei Gesamthypotheken ist § 1175 II zu beachten. Bei Hypotheken für Forderungen aus Schuldverschreibungen auf den Inhaber gilt § 1188 II. Für ZGB-Hypotheken im Beitrittsgebiet gilt § 6 I GBBerG.

 

Rn 2

Voraussetzung des Aufgebotsverfahrens ist, dass der Gläubiger trotz angemessener Nachforschungen (dazu München Rpfleger 18, 380 [OLG München 22.12.2017 - 34 Wx 302/17]) unbekannt ist. Nicht ausreichend ist, dass der bekannte Gläubiger unbekannten Aufenthalts ist (BGH NJW-RR 04, 664) oder dass der Gläubiger verstorben und seine Erben unbekannt sind (hier muss ein Nachlasspfleger bestellt werden; Naumbg FamRZ 13, 967; aA [nicht überzeugend] BGH NJW 14, 693) oder dass der Eigentümer die von ihm behauptete Erfüllung der gesicherten Forderung nicht beweisen kann (München FGPrax 17, 47). Das Aufgebotsverfahren ist dagegen statthaft, wenn für eine ausländische juristische Person die Rechtsnachfolge nicht in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen werden kann (aA für Buchrechte KG Rpfleger 11, 451 [KG Berlin 10.02.2011 - 12 W 33/10]), wenn eine Hypothek für eine nicht existierende juristische Person eingetragen ist (Hamm Rpfleger 13, 510 [OLG München 15.03.2013 - 34 Wx 91/13]) oder wenn bei einer vor über 100 Jahren eingetragenen Hypothek der Berechtigte nicht mehr zu ermitteln ist (›Hans Maier, Kaufmann in Nürnberg‹, München Rpfleger 13, 324 [OLG München 20.11.2012 - 34 Wx 364/12]). Bei einem Briefrecht genügt, dass der Brief unauffindbar und der Aufenthalt des letzten Briefinhabers nicht zu ermitteln ist (BGH ZfIR 14, 611), ebenso wenn ein möglicher bekannter Gläubiger keine Auskunft darüber gibt, ob und wie er an der Hypothek berechtigt ist, der eingetragene Gläubiger den Brief nicht vorlegen oder der Briefbesitzer sich nicht nach § 1155 als Berechtigter legitimieren kann.

 

Rn 3

Das Aufgebotsverfahren richtet sich nach den §§ 433441, 447450, 484 FamFG (s § 1162 Rn 3) und scheitert oft an unangebrachter Kleinlichkeit hinsichtlich der Glaubhaftmachung (ein abschreckendes Bsp Ddorf Rpfleger 20, 659 [OLG Düsseldorf 03.04.2020 - 3 Wx 254/19]). Der Antragsteller braucht nicht zu behaupten oder gar zu beweisen, dass die Forderung erloschen ist. Diese wird durch den Ausschließungsbeschluss nicht berührt und kann weiterhin geltend gemacht werden. Auch der ehemalige Gläubiger einer nach § 10 GBBerG abgelösten Hypothek kann nach § 1170 ausgeschlossen werden (KG Rpfleger 08, 478 [KG Berlin 20.05.2008 - 1 VA 7/06]).

 

Rn 4

§ 1170 ist auf Grundschuld und Rentenschuld entspr anwendbar (§ 1192 I). Hier stellt – da mangels gesicherter Forderung der Übergang der Grundschuld auf den Eigentümer selten erfolgt und noch seltener bewiesen werden kann – § 1170 die einzige Möglichkeit dar, das Recht ohne Zahlung (sonst § 1171) zu löschen.

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