Rdn 544

 

Literaturhinweise:

Beulke/Witzigmann, Neue Strafbarkeitsrisiken für Verteidiger? Zugleich eine Anmerkung zum, Beschluss des OLG Frankfurt vom 2.11.2012 – 2 Ws 114/12 49, in: Festschrift für Wolf Schiller, 2014, S. 49

Freyschmidt/­Nadeborn, Was darf der (Strafrechtsschutz-)Versicherer wissen? Grundlagen und Grenzen des Auskunftsbegehrens gegenüber Strafverteidigern, StRR 2012, 364

Meyer-Lohkamp/Schwerdtfeger, Strafrechtliche Risiken bei der Weitergabe von Akteninhalten mit kinderpornographischen Inhalten bei der Berufsausübung, StV 2014, 772

Rauwald, Verwendung der Strafakte zur Anspruchsverfolgung durch den Beschuldigten, NJW 2018, 3679

Schulz, Parteiverrat gem. § 356 StGB durch Beschaffung eines Auszugs aus den Verkehrsunfallakten?, zfs 2016, 604

Ziemann, Akteneinsicht und Aktenverwertung im Kinderpornografieverfahren – ein neues Strafbarkeitsrisiko für effektive Verteidigung?, StV 2014, 299

s.a. die Hinw. bei → Akteneinsicht, Allgemeines, Teil A Rdn 226, und bei → Akteneinsicht, Unterrichtung des Beschuldigten, Teil A Rdn 531.

 

Rdn 545

1.a) Neben der Frage, ob und inwieweit der Verteidiger nach AE den Beschuldigten informieren und ihm ggf. Kopien von gefertigten Aktenauszügen übergeben darf (→ Akteneinsicht, Unterrichtung des Beschuldigten, Teil A Rdn 530), ist die Frage von praktischer Bedeutung, inwieweit der Verteidiger dazu gegenüber Dritten berechtigt ist. § 19 Abs. 2 S. 1 BORA schließt eine Weitergabe an Dritte nicht grds. aus. Ausdrücklich wird zwar nur die Weitergabe an den Mandanten gestattet, in Abs. 1 S. 2 ist aber die Rede von "Mandanten oder andere Personen", sodass eine Beschränkung der Zulässigkeit der Weitergabe auf den Mandanten nicht gewollt zu sein scheint (zu allem auch Hartung/Scharmer, § 19 BORA Rn 32).

 

☆ Die nachstehenden Ausführungen gelten auch für in elektronischer Form geführte Akten (→  Akteneinsicht , elektronische Akte , Teil A Rdn  394 ). Durch die Einführung der §§ 32 ff. zum 1.1.2018 haben sich insoweit keine Änderungen ergeben.Akteneinsicht, elektronische Akte, Teil A Rdn 394). Durch die Einführung der §§ 32 ff. zum 1.1.2018 haben sich insoweit keine Änderungen ergeben.

 

Rdn 546

b) Bei der Weitergabe muss der Verteidiger aber gesetzliche Bestimmungen oder eine die AE zulässig beschränkende Anordnung (Verschlusssache) beachten. Dazu sind folgende Grundsätze festzuhalten:

 

Rdn 547

Unzulässig ist die Bekanntgabe des Akteninhalts, wenn eine missbräuchliche Verwendung zu außerhalb des Verfahrens liegenden Zwecken zu befürchten ist, das gilt besonders für gem. § 58a gefertigte Bild-Ton-Aufzeichnungen von im EV durchgeführten Vernehmungen (→ Videovernehmung im Ermittlungsverfahren, Teil V Rdn 5166).

I.d.R. werden keine Bedenken bestehen (so auch zu § 19 BORA Hartung/Scharmer, § 19 BORA Rn 32) gegen eine Unterrichtung oder Aushändigung von Abschriften bzw. Ablichtungen aus den Akten für

einen Dolmetscher oder eine andere Person, die der Verteidiger zur Verständigung mit dem Mandanten eingeschaltet hat (→ Zuziehung eines Dolmetschers im Ermittlungsverfahren, Teil Z Rdn 5478),

den gesetzlichen Vertreter des Mandanten (Dahs, Rn 283),

 

☆ Bei jugendlichen und heranwachsenden Mandanten muss der Verteidiger aber immer im Auge behalten, dass er Verteidiger des Jugendlichen/Heranwachsenden ist. Das bedeutet, dass er vor Überlassung der Akten an den Erziehungsberechtigten abklären sollte, was dieser mit den Akten bezweckt. Ist danach eine Kollision mit den Interessen seines Mandanten nahe liegend, wird er die Unterrichtung bzw. die Weitergabe des Aktenauszugs ablehnen (müssen).jugendlichen und heranwachsenden Mandanten muss der Verteidiger aber immer im Auge behalten, dass er Verteidiger des Jugendlichen/Heranwachsenden ist. Das bedeutet, dass er vor Überlassung der Akten an den Erziehungsberechtigten abklären sollte, was dieser mit den Akten bezweckt. Ist danach eine Kollision mit den Interessen seines Mandanten nahe liegend, wird er die Unterrichtung bzw. die Weitergabe des Aktenauszugs ablehnen (müssen).

die an der Verteidigung beteiligten (juristischen) Mitarbeiter (Dahs, Rn 283; → Verteidiger, Mitarbeit von Dritten bei der Verteidigung, Teil V Rdn 4944),
einen vom Verteidiger beauftragten SV, was auch für den SV gilt, den der Verteidiger nur intern für → Verteidiger, Eigene Ermittlungen des Verteidigers, Teil V Rdn 4883, als Hilfsperson ein­geschaltet hat (Beck-Ignor/Peters, S. 96 ff.; Bosbach, Rn 142; Dahs, a.a.O.; s.a. → Sachverständigenbeweis, Teil S Rdn 4060, mit Musterschreiben, Teil S Rdn 4085; OLG Brandenburg NJW 1996, 67), wozu ggf. auch Dateien mit (kinder)pornografischem Inhalt gehören (BGH NStZ 2014, 514 m. Anm. Barton StRR 2014, 349 und Meyer-Lohkamp/Schwerdtfeger StV 2014, 772; Beulke/Witzigmann, S. 49 ff.; Barton, a.a.O.; eingehend Ziemann StV 2014, 299 ff.; a.A. OLG Frankfurt am Main NJW 2013, 1107 m. abl. Anm. König).
den Verteidiger eines Mitbeschuldigten, da dieser selbst ein AER hat (s. aber Dahs, a.a.O., der grds. der Meinung ist, dass die AE an Verteidiger von Mit...

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