Rz. 130

Der Geschäftsführer haftet, wenn er selbst bei Wettbewerbsverstößen oder Verletzung gewerblicher Schutzrechte den Deliktstatbestand verwirklicht[527] und die Gesellschaft gem. § 31 BGB haftet. Er haftet gem. § 823 Abs. 1 BGB, wenn er persönlich einen Schaden durch eine unerlaubte Handlung herbeigeführt hat (z.B. bei Verletzung von Vorbehaltseigentum von Lieferanten der GmbH durch Unterlassung gebotener organisatorischer Maßnahmen zum Schutz des Eigentums,[528] entsprechend bei Sicherungseigentum;[529] Haftung auch, wenn das von Geschäftsleitern ins Werk gesetzte Geschäftsmodell der GmbH von vornerein auf Täuschung der Kunden angelegt ist, es sich um ein "Schwindelunternehmen" handelt[530]). Er haftet typischerweise nicht gegenüber Dritten bei Verletzung von Organisationspflichten oder für Pflichtverletzungen von Mitarbeitern.[531] Er hat aufgrund seiner Organstellung keine Garantenpflicht gegenüber außenstehenden Dritten, eine Schädigung ihres Vermögens zu verhindern; die Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung inkl. der Pflicht, für die Rechtmäßigkeit des Handelns der Gesellschaft zu sorgen, bestehen grundsätzlich nur gegenüber der GmbH; bei ihrer Verletzung entstehen grundsätzlich nur Ersatzansprüche der GmbH.[532] Im Wettbewerbsrecht hatte der BGH weitergehend die Geschäftsführerhaftung für Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft nicht nur bejaht, wenn er diese selbst begangen oder in Auftrag gegeben hatte,[533] sondern schon, wenn er die Verstöße kannte und ihre Verhinderung unterließ;[534] das hat der BGH-Wettbewerbssenat mittlerweile eingeschränkt: Der Geschäftsführer hafte nur, wenn er an den Verstößen selbst durch positives Tun beteiligt war (dafür genügt, ein auf Rechtsverletzung angelegtes Geschäftsmodell ins Werk zu setzen) oder die Verstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen.[535] Schutzgesetz gem. § 823 Abs. 2 BGB sind nicht § 43 und § 64 S. 1, S. 3 GmbHG a.F./§ 15b Abs. 1, Abs. 5 InsO n.F.,[536] aber §§ 246, 263,[537] § 265b,[538] 266 (vgl. Rdn 124), § 266a Abs. 1[539] (vgl. Rdn 136) und § 283b Abs. 1 Nr. 3 lit. a StGB.[540] Auch § 1 des Gesetzes zur Sicherung von Bauforderungen ist Schutzgesetz.[541] Vgl. zum Schutzgesetzcharakter der Insolvenzantragspflicht Rdn 133. Ggf. haftet der Geschäftsführer auch nach § 826 BGB.[542] Die Haftung für Produktmängel wird weithin abgelehnt.[543]

[527] Vgl. OLG Hamburg GmbHR 2013, 872 zur Haftung mehrerer Geschäftsführer je nach ihrer Zuständigkeit.
[528] BGHZ 109, 297, 302; sehr krit. Medicus, in: FS Larenz, 1991, S. 155 ff., 164; vgl. auch den sog. Lamborghini-Fall BGH NJW 1996, 1535; zur Verjährung OLG Stuttgart GmbHR 2001, 75 f.
[530] BGH v. 14.7.2015 – VI ZR 463/14, ZIP 2015, 2169 Rn 24 ff. (Geschäftsführerhaftung für Verkauf von wegen Insolvenz der GmbH wertloser Aktien, da deren operatives Geschäft nicht ernsthaft betrieben wurde, sondern Anlegern lediglich ein florierendes Unternehmen vortäuschte, um sie zum Kauf zu bewegen).
[532] BGHZ 194, 26 Rn 22 f. (in casu Ausstellung von Scheinrechnungen); BGH v. 7.5.2019 – VI ZR 512/17, NJW 2019, 2164 Rn 10.
[533] BGH GRUR 1964, 88, 89; BGH GRUR 1985, 1063, 1064.
[535] BGHZ 201, 344 Rn 15 ff.; Rspr. fortgeführt; BGH v. 27.11.2014 – I ZR 124/11, DB 2015, 1401.
[536] BGH v. 21.5.2019 – II ZR 337/17, ZIP 2019, 1719 Rn 19; BGH v. 19.11.2019 – II ZR 233/18, ZIP 2020, 318 Rn 15, was auch für den Zeitraum nach Abschluss der Liquidation gilt, Rn 16, zu § 64 S. 1 GmbHG a.F., nunmehr § 15b Abs. 1 InsO n.F.
[539] BGH GmbHR 2001, 721; BGH GmbHR 2001, 238; BGH NJW 1997, 130; BGH GmbHR 1997, 305; BGHZ 134, 304; Haftung angeblich selbst dann, wenn dem Arbeitnehmer der Arbeitslohn gar nicht ausgezahlt wurde, BGH GmbHR 2000, 816; Voraussetzung Zahlungsfähigkeit des Arbeitgebers, BGH DB 1996, 2429; BGHZ 134, 304; BGH NJW 1998, 1306; enger BGH GmbHR 2002, 1026; OLG Zweibrücken GmbHR 2002, 907; krit. zur Haftung z.B. Stein, DStR 1998, 1055 ("GmbH-Geschäftsführer: Goldesel für leere Sozialkassen?") und offenbar auch Henze, GmbHR 2000, 1075; jedenfalls keine Zurechnung des pflichtwidrigen Verhaltens früherer Geschäftsführer, BGH DB 2002, 422; keine Haftung des Gesellschafters, wenn er nach Niederlegung des Geschäftsführeramts keinen neuen (Not-)Geschäftsführer bestellt, OLG Naumburg DB 2003, 40.
[540] BGH v. 11.12.2018 – II ZR 455/17, ZIP 2019, 462 Rn 30, vgl. aber BGHZ 125, 366, 378 sowie BGH ZIP 1985, 29, 30, wonach bei Vermögensvermengung zwischen GmbH und Gesellschafter Durchgriffshaftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 283 StGB in Betracht kommt; die zuvor h.L. ordnete § 283b StGB generell als Schutzgesetz ein, vgl. MüKo/Fleischer, § 41 Rn 31; Paefgen in Ulmer, § 41 Rn 29.
[541] Vgl. BGH NJW-RR 1990, 280; ...

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