Entscheidungsstichwort (Thema)

Eigenhaftung eines GmbH-Geschäftsführers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Verletzung von Organisationspflichten des Geschäftsführers einer GmbH führt grundsätzlich nur zur Haftung der Gesellschaft. Eine Eigenhaftung des Geschäftsführers käme ausnahmsweise allenfalls in Betracht, wenn der Geschäftsführer den Betrieb in einer Weise organisiert hätte, bei der Eigentumsverletzungen zu Lasten Dritter unweigerlich auftreten müssten (offengelassen).

2. Haben Mitarbeiter der GmbH Pflichten gegenüber einem Kunden verletzt, scheidet eine Eigenhaftung des Geschäftsführers unter Heranziehung von § 831 BGB oder § 166 BGB aus. Die Mitarbeiter der GmbH sind nicht Verrichtungsgehilfen ihres Geschäftsführers und ihr Wissen ist nur der GmbH zuzurechnen, weil sie für diese handeln und nicht für deren Vertretungsorgan.

 

Normenkette

BGB §§ 166, 823, 831

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Aktenzeichen 12 O 456/09)

 

Tenor

In dem Rechtsstreit beabsichtigt der Senat, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, weil die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern.

 

Gründe

Zu Recht hat das LG einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt verneint.

Eine persönliche Haftung der Beklagten als der ehemaligen Geschäftsführerin des Autohauses ist im Ausgangspunkt durchaus denkbar. Auch bei einem allein mit einer Gesellschaft zustande gekommenen Geschäft kann eine Haftung ihrer vertretungsberechtigten Organe sowohl aus schuldrechtlichen wie auch aus deliktischen Anspruchsgrundlagen gegeben sein. Die Voraussetzungen sind jedoch in keiner Hinsicht erfüllt.

1. Schuldrechtlich kann sich eine Haftung des Geschäftsführers einer GmbH aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten gegenüber dem Geschäftspartner ergeben (c.i.c.). Einschlägige - teilweise umstrittene - Fallgruppen sind die sog. Repräsentantenhaftung, die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens sowie das wirtschaftliche Eigeninteresse des Geschäftsführers (hierzu statt Vieler Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, § 43 Rz. 313 - 320). Ersichtlich ist eine Haftung der Beklagten unter keinem dieser Gesichtspunkte begründbar.

Unter Repräsentantenhaftung wird eine Haftung wegen falscher Angaben des Geschäftsführers verstanden. Dergleichen behauptet der Kläger nicht; die Beklagte war am Zustandekommen des Kaufvertrages in keiner Weise beteiligt. Aus diesem Grunde kann auch eine Haftung wegen Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens nicht begründet sein. Im Gegenteil verweist der Kläger nachdrücklich darauf, dass er dem Autohaus als einem Fachbetrieb besonderes Vertrauen geschenkt habe. Die Haftung eines Geschäftsführers in dieser Fallgruppe knüpft aber gerade daran an, dass der Vertragspartner der Gesellschaft an sich kein hinreichendes Vertrauen entgegenbringt und nur durch sein Vertrauen auf die Person ihres Geschäftsführers zum Vertragsschluss verleitet wird (Schneider, a.a.O., Rz. 316). Für eine Haftung wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses schließlich genügt das stets bestehende Interesse eines Geschäftsführers am geschäftlichen Handeln der Gesellschaft nicht.

2. Deliktische Ansprüche gegen die Beklagte bestehen ebenfalls nicht.

a) Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB gegen den Geschäftsführer einer GmbH könnte sich ergeben, wenn dieser selbst als Täter, Anstifter oder Gehilfe durch eine unerlaubte Handlung eines der in den §§ 823 ff BGB absoluten Rechte verletzt hat. Auch dies ist der Beklagten nicht vorzuwerfen.

aa) Ein Anspruch scheitert schon daran, dass der Kläger durch den Kauf des mangelhaften Pick Up keine Eigentumsverletzung erlitten hat; die Verletzung eines anderen in § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechts steht von vornherein nicht in Rede. Das Fehlen einer Eigentumsverletzung ergibt sich im Grunde schon aus dem eigenen Vortrag des Klägers in der Berufungsbegründung (dort S. 2, Bl. 73 d.A.), dass die Eigentumsverletzung "mit der Übertragung des Eigentums begonnen" habe. In der Tat ist richtig, dass der Kläger nie mangelfreies Eigentum erhielt, das dann nachträglich noch von dem Autohaus oder der Beklagten beschädigt worden wäre. Die von dem Kläger beanstandeten Mängel - ungenügende Auflastung, fehlerhafte Gewichtsverteilung, unpassende Federung usw., - waren bereits vorhanden, als ihm das Fahrzeug übergeben und übereignet wurde. Nur deshalb konnte er das Autohaus auf Gewährleistung in Anspruch nehmen; Voraussetzung eines kaufrechtlichen Gewährleistungsanspruchs ist es gerade, dass der beanstandete Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorlag.

Dementsprechend kann in der Veräußerung des Pick Up an den Kläger keine Eigentumsverletzung liegen. Das Eigentum befand sich bereits bei Erwerb in dem Zustand, den er dem Autohaus und der Beklagten zum Vorwurf macht. Der Zustand des Pick Up beim Erwerb und später zum Zeitpunk...

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