Im obigen Beispiel[1] liegen gestufte Herstellungs- und Lieferprozesse vor, die wirtschaftlich und juristisch klar unterscheidbar sind. Werden die Verträge auch in der geschilderten Form tatsächlich durchgeführt, bietet die Abgrenzung zur Arbeitnehmerüberlassung keine Probleme. Schwierigkeiten ergeben sich in der Praxis, und das vor allem in der Bauwirtschaft wie im Montagesektor, wenn die Verträge nicht sorgfältig formuliert sind, vor allem aber, wenn die tatsächliche Vertragsdurchführung sich nicht mit der Vertragsgestaltung deckt.

Werk- oder Dienstverträge liegen vor[2], wenn der Auftragnehmer die vereinbarten Leistungen in eigener Verantwortung übernimmt, die Geräte und Materialien selbst beschafft und einsetzt, die von ihm eingesetzten Mitarbeiter ausschließlich seinem Weisungsrecht unterstehen und in eigenen Arbeitsgruppen mit eigenem Führungspersonal beschäftigt werden sowie nicht in den Betriebsablauf des Auftraggebers eingegliedert sind. Ferner ist kennzeichnend, dass dem Auftraggeber bei fehlerhafter Leistung Gewährleistungsansprüche zustehen und dass das Entgelt projektbezogen vereinbart ist. Sind diese typischen Merkmale im Wesentlichen nicht erfüllt (wobei es auf eine wertende Gesamtbetrachtung ankommt), ist von Arbeitnehmerüberlassung auszugehen.[3]

Tatsächlich werden allerdings in vielen Fällen, in denen diese Kriterien nicht erfüllt sind, durch entsprechende Vertragsgestaltung Subunternehmerverhältnisse "vorgespiegelt", um eine in Wahrheit vorliegende Arbeitnehmerüberlassung zu verschleiern. Abgesehen davon, dass in den Fällen einer derart getarnten Arbeitnehmerüberlassung die Gefahr besteht, Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nach § 16 AÜG zu begehen (für die Bußgelder in empfindlicher Höhe vorgesehen sind), sollte der Abschluss von Schein-Werk- oder Schein-Dienstverträgen auch wegen der erheblichen Haftungsrisiken vermieden werden.[4]

Unter Umgehungsaspekten sind solche Subunternehmerverhältnisse unproblematisch, bei denen der Subunternehmer den Auftrag mit seinen Arbeitnehmern im eigenen Betrieb ausführt.

Zweifelhaft kann die Rechtslage dagegen sein, wenn der Subunternehmer den Auftrag ganz oder teilweise im Betrieb des Auftraggebers mit seinen Mitarbeitern durchführt. In diesem Fall muss besonders darauf geachtet werden, dass in dem Subunternehmervertrag keine Regelungen aufgenommen werden, die auf das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung hindeuten. Ist der Subunternehmervertrag nach seinem Leistungsgegenstand ein Werkvertrag, dann sollten die folgenden Fragen eindeutig geregelt sein:

  • Genaue Beschreibung des Vertragsgegenstands, das heißt hier des zu erbringenden Teilprojekts,
  • Verantwortlichkeit des Subunternehmers für Geräte, Werkzeuge und Material; Verantwortlichkeit und Haftung des Subunternehmers für die eigenen Mitarbeiter; ausschließliches Arbeitgeber-Weisungsrecht des Subunternehmers gegenüber seinen Mitarbeitern,
  • projektbezogene Vergütungsregelung; Haftung und Gewährleistung des Subunternehmers.

Insbesondere der Ausschluss der für den Werkvertrag typischen Haftungs- und Gewährleistungsrisiken stellt ein Indiz für das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung dar.

Ist der Subunternehmervertrag nach seinem Leistungsgegenstand ein auf die Erbringung von selbstständigen Dienstleistungen gerichteter Dienstvertrag, so sind bei Vertragsabschluss folgende Punkte zu beachten:

  • genaue Beschreibung der zu erbringenden Dienstleistungen,
  • Verantwortlichkeit des Subunternehmers für Geräte, Werkzeuge und Material; Verantwortlichkeit und Haftung des Subunternehmers für die eigenen Mitarbeiter; ausschließliches Arbeitgeber-Weisungsrecht des Subunternehmers für seine Mitarbeiter,
  • Haftung des Subunternehmers für Schlechtleistungen seiner Erfüllungsgehilfen,
  • projektbezogenes Entgelt,
  • Kündigungsregelung.

Für die Beurteilung, ob ein Werk- oder Dienstvertrag einerseits oder Arbeitnehmerüberlassung andererseits vorliegt, kommt es nicht auf die Bezeichnung durch die Vertragsparteien oder auf den Inhalt des geschlossenen Vertrags an, sondern auf die tatsächliche Durchführung.[5] Daher ist darauf zu achten, dass die tatsächliche Durchführung des Subunternehmerverhältnisses nicht in Widerspruch zu den vertraglichen Vereinbarungen steht. Insbesondere darf nicht – entgegen dem Vertragsinhalt – eine Eingliederung des Subunternehmer-Personals in den Betriebsablauf des Generalunternehmers und damit eine Unterstellung unter das arbeitsrechtliche Weisungsrecht des Generalunternehmers erfolgen.

[1] S. Abschn. 4.1.
[4] Vgl. hierzu: Stracke/Schüren/Hamann, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 5. Aufl. 2018, § 16 AÜG Rz. 33 ff.; Leitner, NJW 1991 S. 293; s. zu den Folgen Abschn. 2.6.

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