Phantomlohnfalle: Arbeit auf Abruf

Wenn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart ist, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nach dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, handelt es sich um die sog. Arbeit auf Abruf. Problematisch sind in diesem Zusammenhang die Sachverhalte, in denen keine wöchentliche Arbeitszeit festgelegt ist.

Bestimmungen zur Arbeit auf Abruf enthält § 12 des Gesetzes zur Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG). Danach ist grundsätzlich bei einer entsprechenden Vereinbarung über Arbeit auf Abruf eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festzulegen.

Gesetzliche Änderungen seit dem 1. Januar 2019

Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ist hingegen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen.

Beispiel: Der Arbeitgeber vereinbart mit dem Arbeitnehmer A eine Mindestarbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich. Mit Arbeitnehmer B vereinbart er eine Höchstarbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich.

Ergebnis: Bei Arbeitnehmer A kann der Arbeitgeber zusätzlich 7,5 Stunden Arbeitszeit abrufen und damit die wöchentliche Arbeitszeit auf 37,5 Stunden erhöhen. Bei Arbeitnehmer B war darf der Arbeitgeber lediglich sechs Stunden wöchentlich weniger abrufen und damit die Arbeitszeit auf 24 Stunden reduzieren.

Kombination von Höchst- und Mindestarbeitszeit unzulässig

Der Arbeitgeber kann entweder eine wöchentliche Höchst- oder eine Mindestarbeitszeit mit dem Arbeitnehmer vereinbaren. Unzulässig ist die Kombination von Mindest- und Höchstarbeitszeit in dem zulässigen Umfang.

Vergütungsanspruch bei fehlender Arbeitszeitvereinbarung erhöht

Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, galt bis zum 31. Dezember 2018 eine Arbeitszeit von 10 Stunden wöchentlich als vereinbart. Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrecht – Einführung einer Brückenteilzeit ist in solchen Sachverhalten die vereinbarte Arbeitszeit auf 20 Stunden wöchentlich erhöht worden.

Ruft der Arbeitgeber diese Arbeitszeit nicht innerhalb des vereinbarten Bezugszeitraums ab, gerät er in Annahmeverzug und muss dennoch 20 Stunden wöchentlich vergüten.

Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen

Für die Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich das sog. Entstehungsprinzip. Daher ist bei der Beitragsberechnung das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, dass der Arbeitnehmer beanspruchen kann.

Ist die vom Arbeitgeber abgerufene Arbeitszeit niedriger als die unter Berücksichtigung der möglichen Unterschreitung vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit, besteht dennoch ein Entgeltanspruch und damit ein Beitragsanspruch der Sozialversicherungsträger für die nicht abgerufenen Stunden. Das gilt auch für die Differenz der geleisteten Wochenstunden zu 20 Wochenstunden, sofern keine konkrete Arbeitszeitvereinbarung vorliegt.

Auswirkungen auf die Versicherungspflicht

Erfolgt die Arbeit auf Abruf im Rahmen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung, ist zwingend eine Vereinbarung über die wöchentliche Arbeitszeit erforderlich. Andernfalls wird im Rahmen der Betriebsprüfung eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden zugrunde gelegt. In diesen Fällen wird die Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von 450 Euro monatlich bereits mit dem Mindestlohnanspruch überschritten, was zur Sozialversicherungspflicht führen würde.

Abweichende Regelungen in Tarifverträgen möglich

Tarifverträge können hinsichtlich der möglichen Abweichungen von der vereinbarten Mindest- und Höchstarbeitszeit und der Festlegungen ohne wöchentliche Arbeitszeitvereinbarung davon abweichende Regelungen auch zu Ungunsten des Arbeitnehmers enthalten.