Pensionsrückstellungen: Rechnungszins bleibt bei 6%

Die Bundesregierung sieht keinen Handlungsbedarf, den Rechnungszins von sechs Prozent für Pensionsrückstellungen in der Bilanz abzusenken. Dies ist der Antwort (19/3423) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion zu entnehmen. Allerdings entscheidet demnächst das Bundesverfassungsgericht in dieser Frage.

Für Pensionsverpflichtungen müssen Unternehmen Rückstellungen in der Bilanz ausweisen. Diese werden nach versicherungsmathematischen Grundsätzen unter Berücksichtigung verschiedener Rechnungsgrundlagen ermittelt, wobei der Rechnungszins eine wesentliche Größe darstellt. Je höher der Rechnungszins, desto niedriger ist die Pensionsrückstellung. Für die Steuerbilanz ist der Zins in § 6a EStG gesetzlich geregelt und beträgt seit dem Jahr 1982 unverändert sechs Prozent. Handelsrechtlich ist nach § 253 HGB ein durchschnittlicher Marktzinssatz der vergangenen zehn Jahre vorgeschrieben, aktuell 3,42 Prozent. Geringerer Zins bedeutet höhere Rückstellungen. Die Folgen: Unternehmen mit Pensionsverpflichtungen zahlen gegenwärtig erheblich mehr Steuern, als das bei Anwendung eines durchschnittlichen Marktzinses erforderlich wäre.

Antwort der Bundesregierung auf kleine Anfrage der FDP

Aus einer Antwort der Bundesregierung (19/3423) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion geht hervor, dass derzeit für eine Absenkung des Rechnungszins in Höhe von sechs Prozent auf Pensionsrückstellungen kein Handlungsbedarf gesehen wird. Allerdings dürfte hier das letzte Wort noch nicht gesprochen sein: Das Bundesverfassungsrecht wird voraussichtlich die Frage klären, ob der Rechnungszins von sechs Prozent nicht verfassungswidrig ist. Und dann werden die Karten vermutlich neu gemischt werden.

Einmaleffekt wird befürchtet

Die Begründung der Bundesregierung für ein Beibehalten der sechs Prozent: Der Rechnungszins orientiert sich als ertragssteuerliche Größe an der Eigenkapitalverzinsung und nicht am Fremdkapitalzins. Der derzeitige Rechnungszinssatz sei insoweit nicht unrealistisch hoch. Die Folge einer Absenkung wäre nur ein Einmaleffekt: Zwar würden die Unternehmen während der Rückstellungsphase entlastet werden, in späteren Jahren „müssten sie jedoch entsprechend mehr Steuern zahlen“. Einer der Hintergründe für die Argumentation der Bundesregierung ist sicherlich auch ein zu erwartendes Minus in Höhe von mindestens 11,4 Milliarden Euro, wenn der Zinssatz von sechs auf fünf Prozent gesenkt werden würde. Bei vier Prozent Rechnungszins läge der Verlust bei 24,6 Milliarden Euro, bei einem dreiprozentigen Zins sogar bei 40 Milliarden Euro.

Warten auf das Bundesverfassungsgericht

Allerdings ist parallel zur politischen Diskussion rund um die Verzinsung der Rückstellungen die rechtliche Seite zu berücksichtigen. Denn das Finanzgericht Köln hält die 6 Prozent zur Ermittlung von Pensionsrückstellungen in § 6a EStG für verfassungswidrig. Daher hat es das damit verbundene Klageverfahren 10 K 977/17 am 12. Oktober 2017 ausgesetzt, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des Rechnungszinsfußes einzuholen. Der zuständige Senat ist der Auffassung, dass der Gesetzgeber zwar befugt sei, den Rechnungszinsfuß zu typisieren. Er sei aber gehalten, in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, ob die Typisierung noch realitätsgerecht sei. In dem heutigen Zinsumfeld habe sich der gesetzlich vorgeschriebene Zinsfuß so weit von der Realität entfernt, dass er vom Gesetzgeber hätte überprüft werden müssen. Sämtliche Parameter, die man zum Vergleich heranziehen könne (Kapitalmarktzins, Anleihen der öffentlichen Hand, Unternehmensanleihen, Gesamtkapitalrendite), lägen seit vielen Jahren teils weit unter sechs Prozent.

Einnahmeausfälle könnten kompensiert werden

Aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP lässt sich die Argumentationskette für die anstehende Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht schon jetzt deutlich ablesen. Leider machen es die Fragesteller der Bundesregierung in Bezug auf die geschätzten Einnahmeausfälle aus meiner Sicht zu einfach. Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Einnahmeausfälle abzumildern. Verteilungsvorschriften, wie sie zum Beispiel auch bei der Einführung des BilMoG für die Änderungen der handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften angewendet wurden (15 Jahre nach Art. 67 EGHGB) oder wie sie bei der Auslagerung von Pensionsverpflichtungen auf Pensionsfonds nach § 4e in Verb. mit § 3 Nr. 66 EStG (zehn Jahre) gelten, wären ein probates Mittel. Darüber hinaus kann ein Teil der Einnahmeausfälle durch die Änderung des Bewertungsverfahrens vom aktuellen Teilwertverfahren auf das handelsrechtlich übliche Anwartschaftsbarwertverfahren (auch PUC-Methode) kompensiert werden – nach Berechnungen der Aba (Fachverband für betriebliche Altersversorgung) aus dem Jahr 2015 circa 500 Mllionen Euro pro Jahr. Hierzu lohnt sich vielleicht eine neue kleine Anfrage einer Fraktion des Deutschen Bundestages.


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Schlagworte zum Thema:  Pensionsrückstellung, Zinssatz