Die Kombination von Altersvollrente, Hinterbliebenenrente und Minijob ist nicht ungewöhnlich. Wegen der für die Hinterbliebenenrente geltenden Einkommensanrechnung lohnt es sich unter dem Strich, Rentenversicherungsbeiträge in den Minijob zu investieren.
Hinterliebenenrentner müssen ihrem Rentenversicherungsträger jährlich ihre Einkommensverhältnisse offenlegen. Einkommen wirkt sich bei Überschreitung eines Freibetrags negativ auf die Höhe der Hinterbliebenenrente aus. Ein 450-Euro-Minijob allein beeinflusst die Hinterbliebenenrente nicht. Anders ist dies aber, wenn gleichzeitig noch eine Altersvollrente bezogen wird. Lesen Sie hier, warum es in diesem Fall sinnvoll sein kann, im Minijob Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung zu zahlen.
Freibetrag bei Hinterbliebenenrente
Ein Einkommen wird dann auf die Hinterbliebenenrente (Witwen-/Witwerrente und Erziehungsrente) angerechnet, wenn der zulässige Freibetrag überschritten wird. Dieser beläuft sich für Hinterbliebenenrenten auf das 26,4-fache des aktuellen Rentenwerts, der jährlich zum 1. Juli angepasst wird. Somit ergeben sich nach dem Stand des Rentenwerts vom 1. Juli 2019 folgende Freibeträge:
West: 33,05 Euro (Rentenwert 2019) x 26,4 = 872,52 Euro
Ost: 31,89 Euro (Rentenwert 2019) x 26,4 = 841,90 Euro
Bei Überschreitung der Freibeträge wird die Hinterbliebenenrente gekürzt.
Hinterbliebenenrente: zu berücksichtigendes Einkommen
Grundsätzlich können alle Einkommen, die neben einer Hinterbliebenenrente erzielt werden, die Höhe der Hinterbliebenenrente beeinflussen. Dazu gehören insbesondere Arbeitsentgelte aus Beschäftigungen und andere Renten wie beispielsweise eine Altersvollrente. Nicht berücksichtigt werden hingegen sogenannte "bedarfsorientierte Leistungen" (z. B. Arbeitslosengeld II, Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) oder Einnahmen aus staatlich geförderten Altersvorsorgeverträgen (z. B. Riester-Rente).
Ermittlung des Kürzungsbetrags
Wenn das jeweilige Nettoeinkommen den Freibetrag übersteigt, werden 40 Prozent des übersteigenden Betrags von der Hinterbliebenenrente abgezogen (= Kürzungsbetrag). Das Nettoeinkommen ist durch Abzug einer Pauschale vom Bruttoeinkommen zu ermitteln. Die Höhe des pauschalen Abzugs richtet sich nach der Einkommensart. So beträgt der Pauschalabzug beispielsweise bei Arbeitsentgelt 40 Prozent des Bruttobetrages, bei Altersrenten sind es 14 Prozent.
Brutto- und Nettoentgelt bei Minijobs
Bei 450-Euro-Minijobbern, die ihr Arbeitsentgelt brutto für netto erhalten, weil ausschließlich der Arbeitgeber die Beiträge zahlt, wird das Arbeitsentgelt auch zu 100 Prozent bei der Einkommensanrechnung berücksichtigt. Anders verhält sich das, wenn Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gezahlt werden und neben dem Arbeitgeber auch der Arbeitnehmer Beitragsanteile trägt. Obwohl sich die tatsächliche Beitragsbelastung für den Minijobber nur auf 3,6 Prozent (18,6 Prozent voller Beitragssatz ./. 15 Prozent Arbeitgeberanteil) des Arbeitsentgelts beläuft, wird das Bruttoentgelt pauschal um 40 Prozent auf das Nettoentgelt heruntergerechnet.
Beiträge zur Rentenversicherung bei Altersvollrentnern mit Minijob
Altersvollrentner, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze einen Minijob aufnehmen, sind rentenversicherungsfrei. In diesen Fällen zahlt nur der Arbeitgeber einen Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung. Der Minijobber kann aber gegenüber dem Arbeitgeber auf die Rentenversicherungsfreiheit verzichten und die Zahlung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung beantragen.
Hinweis: Die Zahlung von Pflichtbeiträgen ist nur möglich, wenn der Arbeitnehmer in diesem Minijob nicht zu einem früheren Zeitpunkt ausdrücklich die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht beantragt und sich damit gegen die Zahlung von Pflichtbeiträgen ausgesprochen hat.
Beispiel zur Einkommensanrechnung
Ausgangslage (Wohnort im Rheinland):
Hinterbliebenenrente: | 550 Euro |
Altersvollrente: | 1.200 Euro |
Minijob: | 400 Euro |
Variante A: Minijob ist rentenversicherungsfrei
Berechnung des zu berücksichtigenden Nettoeinkommens:
Altersvollrente: 1.200 Euro (brutto) ./. 14 Prozent (Pauschale) = 1.032,00 Euro
Arbeitsentgelt: 400 Euro (brutto) ./. 0 Prozent (keine Abzüge) = 400,00 Euro
Netto-Gesamteinkommen = 1.432,00 Euro
./. Freibetrag = 872,52 Euro
verbleiben = 559,48 Euro
davon 40 Prozent (Kürzungsbetrag) = 223,79 Euro
Höhe der Hinterbliebenenrente (550 Euro ./. 223,79 Euro) = 326,21 Euro
Variante B: Minijob ist rentenversicherungspflichtig
Berechnung des zu berücksichtigenden Nettoeinkommens:
Altersvollrente: 1.200 Euro (brutto) ./. 14 Prozent (Pauschale) = 1.032,00 Euro
Arbeitsentgelt: 400 Euro (brutto) ./. 40 Prozent (Pauschale) = 240,00 Euro
Netto-Gesamteinkommen= 1.272,00 Euro
./. Freibetrag = 872,52 Euro
verbleiben = 399,48 Euro
davon 40 Prozent (Kürzungsbetrag) = 159,79 Euro
Höhe der Hinterbliebenenrente (550 Euro ./. 159,79 Euro) = 390,21 Euro
Vergleich der Varianten A und B:
Höhe der Hinterbliebenenrente Variante A = 326,21 Euro
Höhe der Hinterbliebenenrente Variante B = 390,21 Euro
./. RV-Beitragsanteil aus dem Minijob (400 Euro x 3,6 Prozent) = 14,40 Euro = 375,81 Euro
Vorteil bei rentenversicherungspflichtigem Minijob = 49,60 Euro
Auswirkungen der Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung auf die Altersvollrente
Mit Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung erhöhen Minijobber ihre bereits laufende Altersvollrente. Die nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze bis zum Vorjahr gezahlten Pflichtbeiträge werden bei der nächsten Anpassung der Regelaltersrente zum 1. Juli rentensteigernd berücksichtigt. Dies wirkt sich dann zwar wiederum auf die Einkommensanrechnung für die Hinterbliebenenrente aus, der finanzielle Gesamtvorteil wird dadurch aber letztendlich nicht beseitigt.