- Berechnung des Mindestlohns bei Saisonarbeitskräften
- Lohnsteuer bei ausländischen Saisonarbeitskräften
- Saisonarbeit: Die wichtigsten Regeln zur Sozialversicherung

Überall, wo nur kurzzeitig erhöhter Arbeitsbedarf besteht, setzen Arbeitgeber auf Saisonarbeit. Das klassische Beispiel ist der Erntehelfer oder die Erntehelferin in der Landwirtschaft. Arbeitsrechtlich sind bei Saisonarbeitskräften vor allem bei der Berechnung des Mindestlohns einige Besonderheiten zu beachten.
Mit den ersten schönen Tagen im Frühjahr werden wieder verstärkt saisonale Aushilfskräfte als Erntehelferinnen und Erntehelfer in der Landwirtschaft benötigt. Für sie gilt grundsätzlich der gesetzliche Mindestlohn von mittlerweile 12 Euro. Dieser ist nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) grundsätzlich als Geldleistung zu zahlen. Bei der Entlohnung von Saisonarbeitskräften ergeben sich dennoch Fragen, zum Beispiel, ob Zulagen oder Ausgaben für Kost und Logis auf die Lohnuntergrenze anzurechnen sind.
Anrechenbarkeit von Lohnbestandteilen: Rechtsprechung von EuGH und BAG übertragbar
Nicht nur bei Saisonarbeitskräften stellt sich in der Praxis regelmäßig die Frage, welche Vergütungsbestandteile bei der Berechnung des Mindestlohns zu berücksichtigen sind. Das Mindestlohngesetz enthält keine Regelungen dazu, inwieweit Zulagen oder sonstige Leistungen anzurechnen sind.
Allerdings ist zwischenzeitlich anerkannt, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Bestimmung des Mindestlohns und der Anrechenbarkeit von Zulagen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz auch im Zusammenhang mit dem Mindestlohn zu berücksichtigen ist. Danach sind alle zwingend und transparent geregelten Gegenleistungen des Arbeitgebers für die Arbeitsleistung der Arbeitnehmenden Bestandteile des Mindestlohns (BAG-Urteil vom 21. Dezember 2016, Az. 5 AZR 374/16).
Mindestlohn bei Saisonarbeit: Was ist anrechenbar?
In diesem Sinne hat das BAG bereits in einem ersten Urteil entschieden: Sonderzahlungen und Zuschläge können den Mindestlohnanspruch erfüllen. Variable Vergütungsbestandteile können prinzipiell dann angerechnet werden, wenn sie eine Gegenleistung für die reguläre Tätigkeit des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin darstellen. Nicht anrechenbar sind dagegen die Vergütungsbestandteile, die einen anderen Zweck verfolgen. Darunter fallen zum Beispiel Zulagen, die zusätzliche Aufwendungen der Arbeitnehmenden abdecken sollen oder Zulagen, die eine Honorierung einer überdurchschnittlichen Leistung hinsichtlich Qualität oder Quantität darstellen.
Kost und Logis: Sachbezüge auf Mindestlohn anrechenbar
Eine häufige Frage bei Saisonarbeitskräften im Zusammenhang mit dem Mindestlohn ist jene nach der Anrechenbarkeit von Kost und Logis. Für die Anrechnung von Sachleistungen ist prinzipiell die Vorschrift des § 107 Abs. 2 Gewerbeordnung (GewO) zu beachten. Danach können Arbeitgeber und Arbeitnehmende Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts vereinbaren, wenn dies dem Interesse des Arbeitnehmenden oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht.
Noch ist jedoch unklar, ob ein Stundenlohn, der in der Vergütungsabrechnung mit weniger als 12 Euro ausgewiesen ist, neben freier Kost und Logis dem gesetzlichen Mindestlohn entspricht. Eine ursprünglich zum Mindestlohngesetz geplante Verordnung, ob und in welcher Höhe Kost und Logis zum Stundenlohn hinzuaddiert werden dürfen, ist nicht vorhanden. Letztlich dürfte es klarer sein, den gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde zu bezahlen und der Saisonarbeitskraft Kost und Logis gesondert in Rechnung zu stellen.
Zollkriterien für Berücksichtigung von Kost und Logis beim Mindestlohn
In der Praxis wird jedoch für Saisonarbeitskräfte die Anrechnung von Kost und Logis auf den gesetzlichen Mindestlohn in entsprechender Anwendung des § 107 Abs. 2 GewO zugelassen. Das ist nach den Vorgaben der für die Prüfung der Einhaltung der Arbeitgeberpflichten nach § 20 MiLoG zuständigen Behörden der Zollverwaltung möglich.
Hierzu prüfen die Behörden der Zollverwaltung bei der Kontrolle des Mindestlohns im Hinblick auf Saisonarbeitskräfte, ob folgende Voraussetzungen gegeben sind:
- eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmenden.
- Qualität der gewährten Sachleistung von "mittlerer Art und Güte": Unterkunft und Verpflegung dürfen qualitativ nicht zu beanstanden sein.
- Einhaltung der Pfändungsfreigrenzen und Sachbezugsgrenzwerte durch den Arbeitgeber.
Keine Anrechnung bei Entsendefällen
Die Anrechnung von Kost und Logis ist allerdings bei entsandten Arbeitnehmenden ausgeschlossen. Aus der EU-Entsenderichtlinie folgt, dass der Arbeitgeber die Unterbringungs- und Verpflegungskosten zu tragen hat, wenn er Arbeitnehmende zur Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen aus dem Herkunftsstaat in ein anderes Land entsendet, da diese Sachbezüge untrennbar mit der Entsendung verbunden sind.
Zusätzlich ist zu beachten: Soweit Arbeitgeber zur Zahlung eines Mindestentgelts auf Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) oder auf Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) verpflichtet sind, ist eine Anrechnung von Sachleistungen nicht zulässig.
Sachleistungen: Pfändungsfreigrenze beachten
Prinzipiell ist bei einer Anrechnung von Sachleistungen auf den Mindestlohn zu beachten: Sie darf die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Dies folgt aus § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO. Der einzelne Arbeitnehmer muss also in jedem Fall über ein Nettogehalt in Höhe der Pfändungsfreigrenze (momentan bei ledigen, nicht unterhaltspflichtigen Mitarbeitenden also 1.339,99 Euro) verfügen können. Neben dieser Grenze gelten zusätzlich Höchstgrenzen bei der Anrechnung vom Arbeitgeber gewährter Verpflegungsleistungen sowie bei der Anrechnung einer als Sachbezug zur Verfügung gestellten Unterkunft.
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