Arbeitgeber bleibt auf Anwaltskosten des Betriebsrats sitzen

Weil der Arbeitgeber ihm den Besuch von zwei Schulungen verweigerte, nahm sich ein Betriebsratsmitglied einen Anwalt. Die Kosten beglich der Arbeitgeber und zog sie dem Arbeitnehmer vom Gehalt ab. Das war unzulässig, entschied das BAG.

Die Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber läuft im Arbeitsalltag nicht immer rund. Um seine betriebsverfassungsrechtlichen Rechte durchzusetzen, darf der Betriebsrat grundsätzlich auch einen Anwalt beauftragen. Die Kosten, die entstehen, muss der Arbeitgeber gemäß § 40 BetrVG ersetzen. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Rechtsanwaltskosten erforderlich sind und es einen ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss für die Beauftragung einer Kanzlei gibt. Ansonsten kann der Arbeitgeber die Kostenübernahme verweigern. Im vorliegenden Fall machte der Arbeitgeber den Fehler, die Anwaltskosten zu bezahlen. Ein Regress beim Betriebsratsmitglied sei in dieser Konstellation nicht möglich, entschied das Bundearbeitsgericht.

Der Fall: Rechtsstreit um Anwaltskosten eines Betriebsratsmitglieds

Der Arbeitnehmer ist als Busfahrer bei einem Nahverkehrsunternehmen beschäftigt und Mitglied des dortigen Betriebsrats. Dieser beschloss Ende 2019, ihn im Frühjahr 2020 zur Schulung "Arbeitsrecht Teil 3" sowie im Herbst 2020 zu einer Schulung "Der gläserne Mitarbeiter" mit dem Thema Datenschutz zu entsenden. Der Arbeitgeber hielt von diesem Vorhaben nichts. In einem Schreiben teilte er dem Betriebsrat im März 2020 mit, dass er dem Betriebsratsmitglied "keine Genehmigung zur Teilnahme an den Seminaren" erteile. Dies begründete er zum einen damit, dass die Reisetätigkeit wegen der Coronasituation eingeschränkt sei und zum anderen das Thema Datenschutz alle Mitglieder des Betriebsrats betreffe. Daher sei eine Inhouse-Schulung durch den eigenen Datenschutzbeauftragten sinnvoller.

Betriebsratsmitglied lässt sich anwaltlich vertreten

Der Arbeitnehmer beauftragte eine Fachanwaltskanzlei für Arbeitsrecht mit der Vertretung seiner Interessen. Diese teilte dem Arbeitgeber in einem Schreiben mit, dass der Arbeitnehmer als Betriebsratsmitglied nicht ohne Weiteres von den Reisebeschränkungen betroffen sei. Zudem wies die Kanzlei darauf hin, dass sich das Arbeitsrechtseminar auf einen späteren Termin verschoben habe und der Arbeitnehmer an beiden Seminaren teilnehmen werde. Tatsächlich nahm der Arbeitnehmer in seiner Funktion als Betriebsratsmitglied an beiden Schulungen teil.

Arbeitgeber zahlt Anwaltskosten des Betriebsratsmitglieds

Der Arbeitgeber erhielt eine Rechnung der Kanzlei für ihre Tätigkeit in Höhe von insgesamt rund 480 Euro. Diese leitete er an den Arbeitnehmer weiter mit der Aufforderung, den Betrag persönlich zu begleichen, da kein ordnungsgemäßer Beschluss des Betriebsrats für die Beauftragung eines Rechtsanwalts vorliege. Als der Arbeitnehmer dieser Forderung nicht nachkam, beglich der Arbeitgeber die Rechnung. Den Betrag bei der Dezemberabrechnung behielt er vom Gehalt des Arbeitnehmers unter der Bezeichnung "Vorschuss Fachanwalt Arbeitsrecht" ein. Hiergegen klagte der betroffene Betriebsrat, da er der Meinung war, der Arbeitgeber müsse für die Anwaltskosten gemäß § 40 BetrVG aufkommen.

BAG: Arbeitgeber hätte Anwaltskosten nicht zahlen müssen

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, dem Arbeitnehmer die Anwaltskosten in Höhe von 480 Euro zu erstatten. Allerdings folge dies nicht aus § 40 BetrVG, stellte das oberste Arbeitsgericht in seinem Urteil fest. Zwar müsse der Arbeitgeber grundsätzlich die Kosten der Betriebsratstätigkeit gemäß § 40 BetrVG tragen, wozu auch die erforderlichen Anwaltskosten gehören könnten. Dies setze aber nicht nur die Erforderlichkeit der Kosten, sondern auch einen ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss für die Beauftragung eines Anwalts voraus.

Ein Beschluss des Betriebsrats, die Rechtsanwaltskanzlei mit der Durchsetzung des Schulungsanspruchs nach § 37 Abs. 6 BetrVG zu beauftragen, fehlte im vorliegenden Fall. Nach Ansicht des BAG war der Beschluss auch nicht entbehrlich und nicht bereits in dem Beschluss, das Betriebsratsmitglied zur Schulung zu schicken, enthalten. Insofern hätte der Arbeitgeber die Kosten nicht übernehmen müssen.

Kein Regress im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren

Ein Regress der Kosten beim Betriebsratsmitglied sei aus rechtlicher Sicht jedoch unzulässig, stellte das BAG fest. Die in Betracht kommenden Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag oder einer Herausgabe wegen ungerechtfertigter Bereicherung könnten in einer Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Kostenübernahmen gemäß § 40 BetrVG nicht herangezogen werden. Diese Klärung finde ausschließlich im arbeitsrechtlichen Beschlussverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG statt. Ein Rückgriff des Arbeitsgebers auf das Arbeitseinkommen von Betriebsratsmitgliedern in diesem Verfahren widerspräche insbesondere schutzwürdigen Interessen des Betriebsrats und seiner Mitglieder und sei daher weder sach- noch interessensgerecht.


Hinweis: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Oktober 2023, Az: 7 AZR 338/22, Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 30. August 2022, Az: 9 Sa 945/21


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Schlagworte zum Thema:  Betriebsrat, Kosten, Betriebsverfassungsgesetz