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Koalitionsvertrag zur befristeten Teilzeit

Der Koalitionsvertrag gibt zu Mindestlohn, Leiharbeit und Teilzeit die Richtung vor. Die Auswirkungen hat der Bundesverband der Arbeitsrechtler in Unternehmen (BVAU) unter die Lupe genommen. Sandra Bierod-Bähre, Regionalgruppenleiterin beim BVAU, nennt praktische Folgen im Teilzeitrecht.

"Pacta sunt servanda" – im Arbeitsrecht ist dieser Grundsatz der Vertragstreue bekanntlich bereits deutlich modifiziert, um während der Dauer des Arbeitsverhältnisses Anpassungen aufgrund wirtschaftlicher oder persönlicher Veränderungen der Beschäftigten (einseitig) vornehmen zu können.

Nun beabsichtigt die voraussichtliche Koalition, die "Teilzeitfalle" dadurch zu entschärfen, dass Beschäftigte zeitlich befristet die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit senken können und nach Befristungsende zum früheren Arbeitszeitumfang zurückkehren – entgegen etlicher schlagwortartiger Überschriften betrifft dies übrigens nicht nur Vollzeitbeschäftigte. Ob eine Mindestarbeitszeit verlangt wird oder zum Beispiel befristet die Wochenarbeitszeit von 15 auf fünf Stunden gesenkt werden kann, bleibt zunächst ebenso offen, wie die Vorgabe einer Mindest- oder Höchstbefristungsdauer.

Andere Motive für Teilzeit als Erziehung und Pflege?

Obwohl im Koalitionsvertrag ausdrücklich zwei Motive genannt werden, auf deren Grundlage die Stunden reduziert werden können ("z. B. wegen Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen"), könnte auf ein Motivprivileg verzichtet werden. Der Gesetzgeber wird dann nicht das Pflegezeitgesetz oder das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) weiterentwickeln, sondern vielmehr § 8 Teilzeit - und Befristungsgesetz (TzBfG) neu fassen, um während der Teilzeit auch "andere persönliche Ziele, wie Weiterbildung oder gesellschaftliches Engagement verwirklichen" zu können (so Bundestags-Drucksache 17/13084).

Unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber Anträge auf befristete Arbeitszeitsenkung ablehnen kann, ist noch unklar. Sollten hierfür sogar dringende betriebliche Gründe benötigt werden und die Abkehr vom Motivprivileg eintreten, wird das anfänglich genannte Prinzip der Vertragstreue deutlich aufgeweicht.

Klare Regeln zu Mindestbeschäftigung und Sachgrund

Nutzen viele Beschäftigte die befristete Teilzeit, dürfte dies zu einer kompensatorischen Ausweitung der befristeten Beschäftigung im Unternehmen führen. Des einen Nutzen, des anderen Nachteil? Wünschenswert ist daher, dass Beschäftigte erst nach einer angemessenen Mindestbeschäftigungsdauer die befristete Teilzeit beanspruchen können. Diese sollte zudem – im Gesetz klar formuliert – als Sachgrund ein befristetes Arbeitsverhältnis rechtfertigen (ähnlich § 21 BEEG). Für eine berechenbare Personalplanung ist es zudem notwendig, festzulegen, ab wann Beschäftigte erneut in befristete Teilzeit gehen könnten und ob innerhalb der  befristeten Teilzeit noch einmal die Arbeitszeit befristet verringert werden kann.

Darlegungslast für Arbeitgeber?

Für bestehende Teilzeitarbeitsverhältnisse sieht der Koalitionsvertrag zudem vor, die Darlegungslast im TzBfG auf den Arbeitgeber zu übertragen und bestehende Nachteile für Teilzeitbeschäftigte (weiterhin) zu beseitigen. Diese Formulierungen dürften Änderungen insbesondere bei den §§ 4, 9 TzBfG bedeuten, lassen allerdings noch hinreichend Raum für Detailverhandlungen.

In vielen Unternehmen dürften zwar bei entsprechender Klarheit und Berechenbarkeit kaum Umsetzungsschwierigkeiten entstehen. Bei einer auf unterschiedlichen Arbeitszeitmodellen (quotiert) basierenden Personalstruktur bestehen jedoch berechtigte Bedenken. So ist es etwa zum Beispiel auch künftig notwendig, einer schwankenden Kundenfrequenz in Dienstleistungsbereichen, etwa im Einzelhandel, mit einer stabilen Beschäftigtenverteilung in verschiedenen Arbeitszeitvolumen begegnen zu können.

Autor: Sandra Bierod-Bähre ist Leiterin der Regionalgruppe "West" des Bundesverbands der Arbeitsrechtler in Unternehmen e.V. (BvAU).