Exit-Strategie: Was Unternehmen beachten müssen

Die ersten Betriebe öffnen wieder und holen ihre Belegschaften oder Teile davon zurück an die Arbeitsplätze. Es gilt den schwierigen Spagat zu managen, einerseits betriebliche Abläufe so normal wie möglich wieder hochzufahren, andererseits aber den weiter bestehenden Restriktionen und Auflagen Rechnung zu tragen. Was zu beachten ist.

Wie es schon beim Lockdown der Fall war, wird sich auch die vorsichtige Rückkehr in eine betriebliche Normalität in Zeiten der Corona-Pandemie nur gemeinsam mit dem Betriebsrat gestalten lassen. Es gilt, Regelungen zu treffen bezüglich Arbeitszeit, Dienst- und Schichtplänen und womöglich sogar zu neuen Vergütungssystemen. Auch die nun zu beachtenden neuen Regelungen zum Arbeitsschutz durch den "SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard" bedürfen der betrieblichen Gestaltung.

Exit-Strategie: Raus aus der Kurzarbeit?

Hat man vor einigen Wochen eine baldige Rückkehr an die betrieblichen Arbeitsplätze noch nicht für möglich gehalten und deshalb die Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit für einen zu langen Zeitraum abgeschlossen, müssen nun mit dem Betriebsrat die Details einer geordneten Rückkehr vereinbart werden. Sofern es weiter Arbeitsausfälle gibt (mindestens zehn Prozent der Beschäftigten müssen eine mindestens zehnprozentige Kürzung des Monatslohns erfahren), kann Kurzarbeit aufrechterhalten bleiben. Zu regeln wäre in diesem Fall, wie man die Kurzarbeit möglichst gleichförmig zurückfährt, damit die Nachteile möglichst gerecht verteilt sind. Hier ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Kurzarbeit kann auch zeitweise ausgesetzt werden. In diesem Fall ist dafür Sorge zu tragen, dass es bei Unterbrechungen der Kurzarbeit hinsichtlich der gesetzlichen Karenzzeiten nicht zu Anspruchsverlusten kommt.

Zeiterfassung, Datenschutz, Urlaubsplanung: was zu beachten ist

Will man eine halbwegs effektive Kontrolle darüber haben, wer sich wo wie lange im Betrieb aufhält, wird dies nur mit funktionierenden Melde-, Zugangs- und Erfassungssystemen funktionieren. Solche Systeme sind mitbestimmungspflichtig.

Gerade im Zusammenhang mit der Erfassung von Gesundheitsdaten der Arbeitnehmer ist an den Datenschutz zu denken. Die Vorgaben der DSGVO sind zu beachten.

Was ist mit dem Urlaub 2020? Sollen die Arbeitnehmer alle darauf warten dürfen, bis Reisen wieder möglich sind? Betriebe, die sicherstellen möchten, dass sich der Urlaub der Mitarbeiter einigermaßen gleichmäßig über das Jahr verteilt und betriebliche Abläufe jederzeit aufrechterhalten werden können, sollte dazu eine Betriebsvereinbarung aufstellen. (Lesen Sie dazu auch: "Wann Arbeitgeber Zwangsurlaub anordnen können").

Wie differenziert man unter den Mitarbeitern? Zu denken ist an spezielle Gesundheitsschutz-Maßnahmen für Risikogruppen wie ältere Mitarbeiter oder Mitarbeiter mit Vorerkrankungen.

Funktionieren noch alle Geschäftsmodelle, die vor der Corona-Pandemie erfolgreich waren? Falls die Unternehmensstrategie diesbezüglich angepasst werden muss, ist zu überlegen, welche Auswirkungen dies auf den Personalbedarf hat.

Wichtige beziehungsweise für eine Aufrechterhaltung des Betriebes unverzichtbare Bereiche sollten nach Möglichkeit in Doppel-Teams getrennt werden, sodass bei erforderlich werdenden Quarantäne-Maßnahmen nicht ganze Bereiche wegbrechen. Dazu bedarf es flexibler Arbeitszeitregelungen und intelligenter Schichtmodelle. (Lesen Sie dazu auch: "Kinderbetreuung in der Corona-Krise: Rechte von Arbeitnehmern zu Freistellung und Lohnfortzahlung").

Andere Arbeitszeitmodelle passen eventuell nicht mehr zu bestehenden Vergütungsstrukturen. Auch Bonus-, Tantieme- oder Provisionsregelungen könnten auf den Prüfstand kommen, weil Ziele unerreichbar geworden sind oder Regelungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme staatlicher Zuschüsse Boni verbieten.

Neuer Arbeitsschutzstandard zur Vermeidung von Corona-Infektionen

Beim Gesundheitsschutz ist der "SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard" einzuhalten. Dies bedeutet unter anderem:

  • Beachtung des Abstandsgebots von mindestens 1,5 Metern bei der Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsorganisation.
  • Schaffung betrieblicher Regelungen zur raschen Aufklärung von Verdachtsfällen auf eine Infektion mit dem Coronavirus.
  • Zurverfügungstellung von Schutzmasken bei unvermeidbarem Kontakt zu anderen Personen bzw. nicht einhaltbaren Schutzabständen.
  • Aufstellen von Regeln zur Hygiene und zur Reinigung der Arbeitsstätten und Sozialräumen sowie zur Lüftung.
  • Aufstellen von Regeln zu Infektionsschutzmaßnahmen bei Außendiensten und Transportfahrten.
  • Nach Möglichkeit personenbezogene Verwendung von Werkzeugen und Arbeitsmitteln. Bei Nutzung von Arbeitsmitteln durch andere Personen ist eine vorherige Reinigung bei der Übergabe vorzusehen.
  • Dienstreisen und Präsenzveranstaltungen sollten auf das absolute Minimum reduziert bzw. nach Möglichkeit durch Telefon- und Videokonferenzen ersetzt werden.
  • Büroarbeit ist nach Möglichkeit ins Homeoffice zu verlegen.

Und nicht zu vergessen – auch wenn es hoffentlich bei rein vorsorglichen Regelungen bleibt – ist die Frage, ob man für einen eventuell nötigen erneuten Lockdown gerüstet wäre. Wären alle Optionen vorbereitet, die dann abermals genutzt werden müssten?

Exit-Strategie: Feste Arbeitsgruppe empfehlenswert

Da die meisten der zu ergreifenden Maßnahmen und Regelungen nur in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat möglich sind, ist die Einrichtung einer festen betrieblichen Arbeitsgruppe zu empfehlen. Diese kann auf Basis einer fachgerechten Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber angemessene Arbeitsschutz- und Verhaltensregeln bedarfsgerecht festlegen und sie situationsbezogen jederzeit anpassen.


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