
Der Bundesrat hat eine Gesetzesänderung verabschiedet, die es Eltern ermöglicht, Kinderkrankengeld zu beantragen, wenn sie ihre Kinder wegen Kita- oder Schulschließungen in der Coronapandemie zu Hause betreuen müssen. Der Bezug von Kinderkrankengeld in solchen Fällen ist rückwirkend ab 5. Januar 2021 möglich.
Der Bundesrat hat eine Gesetzesänderung verabschiedet, die es Eltern ermöglicht, Kinderkrankengeld zu beantragen, wenn sie ihre Kinder wegen Kita- oder Schulschließungen in der Coronapandemie zu Hause betreuen müssen. Der Bezug von Kinderkrankengeld in solchen Fällen ist rückwirkend ab 5. Januar 2021 möglich.
Die Coronapandemie stellt berufstätige Eltern weiterhin vor Herausforderungen. Schulen und Kitas bleiben vorläufig weitgehend geschlossen. Beschäftigten bleibt oftmals keine andere Möglichkeit, als ihre Kinder selbst zu Hause zu betreuen. Wie lange dürfen sie der Arbeit fernbleiben? Was ist mit der Entgeltfortzahlung? Und was gilt, wenn das Kind selbst erkrankt? Ein Überblick über die wichtigsten Fragen.
Dürfen Arbeitnehmer bei einer Schul- oder Kitaschließung für die Kinderbetreuung zu Hause bleiben?
Wenn bei Schließung der Kita oder der Schule die Betreuung eines Kindes, das aufgrund seines Alters betreut werden muss, nicht anders sichergestellt werden kann, dann haben die Eltern als Arbeitnehmer in der Regel ein Leistungsverweigerungsrecht, weil ihnen die Erbringung ihrer Leistungsverpflichtung aus dem Arbeitsvertrag unzumutbar ist (§ 275 Abs. 3 BGB). Voraussetzung hierfür ist es, dass keine anderweitige Betreuung möglich ist, also etwa durch Nachbarn, den Ehepartner oder eine eingerichtete Notbetreuung.
Für den Lockdown im Dezember 2020 / Januar 2021 bieten die Bundesländer für den Fall, dass den Eltern eine Kinderbetreuung nicht möglich ist, analog zum ersten Lockdown eine Notbetreuung an. Mit einer Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes hat der Gesetzgeber im Dezember im Infektionsschutzgesetz auch die Entschädigung von Eltern geregelt, die ihre Kinder aufgrund verlängerter Schulferien, ausgesetztem Präsenzunterricht oder Hybridunterricht zu Hause betreuen müssen. Voraussetzung ist, dass keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind sichergestellt werden kann. Anspruchsberechtigt sind Sorgeberechtigte von Kindern, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die behindert und hilfebedürftig sind. Die Gesetzesänderung wurde am 18. Dezember 2020 vom Bundesrat verabschiedet.
Im Beschluss vom 5. Januar 2021 zur Verlängerung des Lockdowns wurde angekündigt, § 45 SGb V dahingehend zu ändern, dass Eltern, die wegen Kita- oder Schulschließungen in der Coronapandemie ihre Kinder zu Hause betreuen müssen, die Möglichkeit bekommen, Kinderkrankengeld beziehen zu können. Das hat der Gesetzgeber mittlerweile umgesetzt. Die Änderung des § 45 SGB V wurde am 18. Januar vom Bundesrat verabschiedet.
Kinderbetreuung: Was ist mit dem Anspruch auf Lohnfortzahlung?
Ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen. Die gesetzliche Regelung dazu findet sich in § 616 BGB: Dort steht, dass der Vergütungsanspruch bestehen bleibt, wenn die Verhinderung nur eine "verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit" andauert. Dies sind nach allgemeiner Auffassung höchstens zehn Tage. Der Anspruch aus § 616 BGB kann zudem von vornherein durch arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarungen eingeschränkt oder sogar vollständig ausgeschlossen sein.
Wer zahlt bei längerer Schul- und Kitaschließung?
Wenn Schulen und Kitas nicht nur kurzzeitig schließen, sondern einen Betreuungsbedarf über mehrere Wochen entstehen lassen, entfällt der Anspruch nach § 616 BGB auf Lohnfortzahlung komplett. Auch ein Anspruch auf Krankengeld bei Erkrankung des Kindes (Kinderpflegekrankengeld) besteht während dieser Zeit nicht, da das Kind nicht wegen einer Krankheit zu Hause betreut werden muss. Arbeitnehmer sind zunächst darauf angewiesen, Überstunden zu nehmen oder bezahlten oder unbezahlten Urlaub zu nehmen. Es empfiehlt sich, die Situation mit dem Arbeitgeber zu besprechen und gemeinsam mit ihm nach flexiblen, einvernehmlichen Lösungen zu suchen.
Coronakrise: Erhalten Arbeitnehmer Entschädigung wegen Kinderbetreuung?
Um diese Problematik in der aktuellen Coronapandemie aufzufangen, wurden die gesetzlichen Regelungen im Infektionsschutzgesetz ausgeweitet: Arbeitnehmer haben seit dem 30. März 2020 gemäß 56 Abs. 1a IfSG einen Anspruch auf Entschädigung, wenn sie während einer Schul- oder Kitaschließung ihre Kinder selbst betreuen müssen.
Der Arbeitgeber muss einem Arbeitnehmer nach dieser Regelung den Verdienstausfall in Höhe von 67 Prozent des Nettoeinkommens begrenzt auf einen monatlichen Höchstbetrag von 2.016 Euro erstatten. Diese Verdienstausfallentschädigung kann für maximal zehn Wochen pro Elternteil gezahlt werden. Alleinerziehende haben einen Anspruch auf bis zu 20 Wochen. Arbeitgeber müssen die Entschädigung längstens sechs Wochen für die zuständige Behörde auszahlen, danach ist der Antrag bei der Behörde selbst zu stellen. Die Unternehmen können sich das ausgezahlte Geld von der zuständigen Behörde zurückholen.
Was sind die Voraussetzungen für eine Entschädigung?
Die Regelungen betreffen Eltern mit Kindern unter zwölf Jahren oder behinderten Kindern, die hilfebedürftig sind. Hier gibt es keine Altersgrenze. Die Entschädigung wird nur gezahlt, wenn Eltern keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit haben und ihnen kein Arbeitsentgelt gezahlt wird.
Was gilt, wenn das Kind des Arbeitnehmers in Quarantäne muss?
In Fällen, in denen das Gesundheitsamt ein Kind - nicht aber die Eltern - unter Quarantäne stellt, hat das "Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" (in Kraft getreten am 19. November 2020) durch eine Änderung des § 56 IfSG klargestellt, dass die Eltern nach § 56 Absatz 1a IfSG einen Anspruch auf Entschädigung haben.
Verlängerung der Entschädigungsregelung
Durch das "Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" wurde die Entschädigungsregelung für Eltern nach dem Infektionsschutzgesetz angepasst. Die Entschädigungsregelung des § 56 Absatz 1a IfSG wurde bis zum 31. März 2021 verlängert. Zudem wurde bei der Entschädigungsregelung für Eltern festgehalten, dass bei einem unter Quarantäne gestellten Kind ebenfalls eine Entschädigungszahlung möglich ist. Die Änderungen sind am 19. November 2020 in Kraft getreten.
Erweitertes Kinderkrankengeld nach § 45 SGB V
Die Inanspruchnahme von Kinderkrankengeld setzt eigentlich voraus, dass Eltern ein krankes Kind betreuen müssen. Erwerbstätige Eltern dürfen grundsätzlich zehn Arbeitstage im Jahr freinehmen, um ein krankes Kind zu betreuen, und erhalten dafür Kinderkrankengeld. Aufgrund der Coronapandemie wurde der Anspruch bis Ende des Jahres 2020 auf jährlich 15 Arbeitstage pro Kind erhöht.
Im Lockdown-Beschluss vom 5. Januar 2021 war angekündigt worden, gesetzlich zu regeln, dass das Kinderkrankengeld im Jahr 2021 für zehn zusätzliche Tage pro Elternteil (20 zusätzliche Tage für Alleinerziehende) gewährt wird. Diese Änderung des § 45 SGB V wurde mittlerweile von Bundestag (Beschluss vom 14. Januar 2021) und Bundesrat (Beschluss vom 18. Januar 2021) verabschiedet. Der Anspruch auf Kinderkrankengeld gilt nun auch ohne Erkrankung eines Kindes für die Fälle, in denen eine Betreuung des Kindes zu Hause erforderlich wird, weil die Schule oder der Kindergarten bzw. die Klasse oder Gruppe pandemiebedingt geschlossen ist oder die Präsenzpflicht im Unterricht ausgesetzt bzw. der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wurde.
Wichtig: Für die Dauer der Zahlung des Kinderkrankengeldes nach § 45 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit § 45 Abs. 2a Satz 3 SGB V ruht für beide Elternteile der Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz (IfSG). Das Kinderkrankengeld geht dem Anspruch aus dem Infektionsschutzgesetz also vor.
Lesen Sie dazu mehr in unserer News "Kinderkrankengeld: Erweiterter Anspruch im Jahr 2021".
Seminar-Tipp: Änderungen in der Entgeltabrechnung Noch nie waren und sind Personalabteilungen mit einer solchen Vielzahl an neuen und dynamischen Regelungen konfrontiert gewesen wie zum Jahreswechsel 2020/2021 - sei es bezüglich Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld, Entgeltfortzahlung bei Quarantäne oder Schulschließung, Corona-Sonderbonus und vielem mehr. In ihrem Online-Seminar "Jahreswechsel 2020/2021: Änderungen in der Entgeltabrechnung" vom 18. Januar 2021 gab Referentin Christiane Droste-Klempp einen kompakten und aktuellen Überblick über diese speziellen Themen und beantwortete Fragen dazu. |
Alle relevanten HR-Themen zum Jahreswechsel 2020-2021 finden Sie in dieser Übersicht.
Das könnte Sie auch interessieren:
Änderungen beim Elterngeld während der Corona-Krise
Beschäftigungsverbot bei Schwangerschaft: Was Arbeitgeber beachten müssen
Bei § 56 IfSG gibt es eine Deckelung in Höhe von 2.016 EUR pro Monat als Höchstbetrag, bei § 45 SGB V gibt es eine Begrenzung auf maximal 112,88 EUR (Wert 2021) pro Tag.
Mit freundlichem Gruß
Ihre Haufe Online-Redaktion
In Fällen, in denen das Gesundheitsamt ein Kind - nicht aber die Eltern - unter Quarantäne stellt, könnte ein Anspruch für die Eltern nach § 56 Absatz 1a IfSG in Betracht kommen, wenn man davon ausgeht, dass insoweit das Betreten untersagt wird."
Bei diesem Sachverhalt sind mir Erstattungen nicht bekannt - ich habe lange Recherche betrieben und dann zu der Überzeugung gekommen, dass der Fall von
Kita-Schließung abzugrenzen ist.
In einem anderen Beitrag schreibt Lexware selbst übrigens hierzu:
"Nur im Falle einer behördlichen Quarantäne-Anordnung wird ein Verdienstausfall erstattet" Nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts sei bei Kontaktpersonen zweiten Grades(in diesem Fall die Eltern) eine behördliche Quarantäne-Anordnung nicht angezeigt. (aus dem Haufe Letter: Lohnfortzahlung nicht in jedem Corona-Verdachtsfall). Auch die befragte Krankenkasse der Mitarbeiterin war dieser Auffassung.
Wir sind auf Leistungsverweigerungsrecht gegangen. Bei uns ist der § 616 BGB jedoch vertraglich ausgeschlossen und die Mitarbeiterin musste ihre Überstunden opfern. Sollte es hierzu eine klare Entscheidung geben, die besagt dass wir das Gehalt auszahlen dürfen und der Sachverhalt durch IfSG erstattet wird, wäre ich froh dies zu erfahren.
Letztlich eine Auslegungsfrage, ob die Quarantäneanordnung für das Kind ein Betretungsverbot der Kita/Schule darstellt.
Offizielle Stellen sind sich da keineswegs einig. Während beispielsweise der Landschaftsverband Rheinland keine Entschädigungspflicht sieht ("Nein. Es besteht wegen der notwendigen Betreuung des Kindes kein Anspruch auf Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG"), bejaht die Landesdirektion Sachsen für Inneres, Soziales und Gesundheit einen Entschädigungsanspruch ("Sobald ein Gesundheitsamt gegenüber einzelnen Klassenverbänden, Kita-Betreuungsgruppen oder einzelnen Kindern bzw. behinderten Kindern eine Quarantäne anordnet, unterliegen diese faktisch einem Betretungsverbot für die jeweilige Einrichtung. Die sorgeberechtigten Eltern können im Falle eines betreuungsbedingten Verdienstausfalles eine Entschädigung nach § 56 Abs.1a IfSG beantragen.").
Uns erscheint die sächsische Rechtsauslegung die einleuchtendere zu sein.
"Es kann sich um eine zumutbare Betreuungsmöglichkeit handeln, soweit die Möglichkeit des ortsflexiblen Arbeitens (zum Beispiel Homeoffice) besteht und die Nutzung zumutbar ist. Ob die Nutzung zumutbar ist, ist im Einzelfall zu entscheiden. Kriterien hierfür sind die sind Art und Dauer der Tätigkeit. Arbeitgebern wird empfohlen, mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu besprechen, in welchem Umfang die Arbeit im Homeoffice neben der Kinderbetreuung realisiert werden kann. Sofern dies aufgrund der Doppelbelastung unzumutbar ist, muss dies vom Arbeitgeber bei der Antragstellung bestätigt werden. Es besteht dann der Anspruch aus § 56 Absatz 1 a IfSG".
Das führt in der Praxis zu Diskussionen, wann eine Kinderbetreuung im Homeoffice noch zumutbar ist. Bei einem 1 Jahre oder 2,5 Jahre alten Kind fallen mir jedoch wenig Argumente ein, die ein Arbeitgeber ins Feld führen kann, um gleichzeitiges Arbeiten noch als zumutbar zu erklären. Diese Diskussion sollte man also durchaus führen und darauf hinweisen, dass es den Entschädigungsanspruch für genau diese Fälle gibt und dass Homeoffice eben nicht bedeutet, gleichzeitig sein Kind betreuen zu können.
MfG
Frank Bollinger
Haufe Online-Redaktion
Mein Partner ist selbstständig und ich arbeite 5 Tage in Vollzeit. Meine Tochter ist knapp 2 1/2 und braucht natürlich noch Betreuung. Keine Kurzarbeit. Großeltern weit weit weg.
Beide im Home Office in Vollzeit plus Kind bedeutet bei uns 5 Uhr Arbeitsbeginn, halb 2 abklatschen, Kind übernehmen, der andere arbeitet bis abends 22 Uhr. Zwischendurch mal fix was essen.
Ist auch schön, dass sowas als zumutbar angesehen wird ;-)
Und nirgends wird darauf eingegangen. Es heißt nur Lohnfortzahlung, Entschädigung blabla.... die kriegt man aber nur im absoluten Notfall, wenn Home Office als Option ebenfalls ausgenutzt wurde.
Dass 2 Leute in Vollzeit im Home Office mit kleinem Kind und ohne Betreuung aber keinen Spaß macht, dürfte jeder wissen.
Mich ärgert nur, dass diese "Möglichkeit" nie erwähnt wird und es immer nur heißt es gibt Möglichkeiten der Lohnfortzahlung.
Vielen Dank!