Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung. nachwirkender Kündigungsschutz

 

Normenkette

KSchG § 15; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 16.06.1989; Aktenzeichen 15 Sa 1395/88)

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 07.06.1988; Aktenzeichen 12 Ca 384/87)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung des Army and Air Force Exchange Service, Europe (AAFES) der Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika vom 27. November 1987. Diese unterhält in Frankfurt eine Autoreparaturwerkstatt, die bis zum 1. Juni 1987 nicht vom AAFES selbst, sondern von verschiedenen Privatunternehmern betrieben wurde, mit denen sog. Konzessionsverträge nach dem Recht des District of Columbia der Vereinigten Staaten von Amerika abgeschlossen worden waren.

Der Kläger war seit dem 5. Oktober 1955 mit einer Unterbrechung von 1965 bis 1967 bei dem EES (Europeen Exchange System) und bei verschiedenen Konzessionären tätig. Er war Kfz-Mechaniker und schulte später zum Bürokaufmann um. Am 4. April 1985 schloß er mit der damaligen Konzessionärin (im folgenden: FWP) einen Arbeitsvertrag als technischer Ein- und Verkäufer im Ersatzteilwesen ab. Dem Arbeitsvertrag liegt kraft Vereinbarung der TVAL II zugrunde. Nach § 4 des Arbeitsvertrages wurde der Kläger in die Gehaltsgruppe C-5-5-E eingruppiert, bei Vertragsschluß mit einem Monatsgehalt von 2.670,-- DM brutto.

Die FWP betrieb die Werkstatt seit dem 1. Juni 1980; ihr Geschäftsführer M. hatte bis dahin die Konzession innegehabt. Der letzte zwischen AAFES und FWP abgeschlossene Konzessionsvertrag lief am 31. Mai 1987 aus und wurde nicht mehr verlängert. Seitdem betreibt der AAFES die Werkstatt in eigener Regie. Mit Schreiben vom 12. Juni 1987 nahm der AAFES das Angebot der FWP, Werkzeug und Material im Wert von 14.369,– DM zu übernehmen, an. Der Kläger war bis zum Auslaufen des Konzessionsvertrages stellvertretender Vorsitzender des bei der FWP gebildeten Betriebsrats.

Am 20. Mai 1987 wandte sich der AAFES durch folgenden Aushang an alle Arbeitnehmer der FWP:

„Betr.: Übernahme

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 1. Juni 1987 übernimmt AAFES die Garage von Herrn M., (Pächter).

Wir möchten Ihnen hiermit mitteilen, daß Sie zu denselben Bedingungen übernommen werden, mit denen Sie bei Herrn M. beschäftigt waren.”

Der Kläger arbeitete nach dem 31. Mai 1987 zunächst zu unveränderten Bedingungen bei dem AAFES weiter. Nach einem Eingruppierungsgespräch im Juli 1987 erhielt er eine Mitteilung über seine Heraufgruppierung von der VergGr. C-4-A-99 (Monatsgehalt 2.947,– DM brutto) in die VergGr. C-05-06 (Monatsgehalt 2.997,– DM brutto).

Mit Schreiben vom 24. November 1987 bot der AAFES dem Kläger, der bis dahin die Unterzeichnung eines neuen Arbeitsvertrags verweigert hatte, den Abschluß eines Arbeitsvertrags nach dem TVAL II, VergGr. T-4/7 mit einem Monatsgehalt von 2.602,– DM brutto zuzüglich einer freiwilligen Besitzstandszulage in Höhe von 395,– DM für die Zeit vom 1. Juni 1987 bis 31. Mai 1988 an.

Nachdem der Kläger innerhalb einer ihm gesetzten Frist das Abgebot des AAFES nicht angenommen hatte, erhielt er am 27. November 1987 gegen 10.00 Uhr eine Änderungskündigung zum 31. Dezember 1987, verbunden mit dem Angebot, einen Arbeitsvertrag nach dem TVAL II, Gehaltsgruppe T-4/7 mit einem Monatsgehalt von 2.602,– DM brutto abzuschließen. Am selben Tag gegen 15.00 Uhr ging dem Kläger eine weitere Änderungskündigung mit nahezu demselben Wortlaut zu, jedoch mit dem darüber hinausgehenden Angebot der Zahlung einer freiwilligen Besitzstandszulage in Höhe von 395,– DM für die Zeit vom 1. Juni 1987 bis 31. Mai 1988. Daraufhin unterzeichnete der Kläger den Arbeitsvertragsentwurf des AAFES vom 20. November 1987 unter dem Vorbehalt, daß die Änderungen in Form der Eingruppierung (C 5 auf T 4) und die anrechenbare Beschäftigungszeit nicht sozial ungerechtfertigt sind. Außerdem erklärte der zunächst beauftragte Prozeßvertreter des Klägers die Annahme beider Angebote des AAFES unter Vorbehalt in der Klageschrift vom 7. Dezember 1987 (zugestellt am 24. Dezember 1987).

Mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung vom November 1987 erhielt der Kläger ein Weihnachtsgeld von 948,55 DM, verbunden mit dem Hinweis, es handele sich um einen Vorschuß auf die noch genau zu berechnende Weihnachtsgeldzahlung. Ende Februar 1988 wurde ihm mündlich mitgeteilt, er habe keinen über den bereits gezahlten Betrag hinausgehenden Anspruch. Der Jahresverdienst des Klägers betrug im Zeitraum vom 1. November 1986 bis 31. Oktober 1987 34.940,– DM brutto.

Der Kläger ist der Auffassung, die Kündigungen seien unwirksam. Er hat geltend gemacht, am 31. Mai 1987 sei der Betrieb der FWP auf den AAFES übergegangen. Zum einen habe der AAFES durch den Aushang vom 20. Mai 1987 den Arbeitnehmern der FWP ausdrücklich die Weiterbeschäftigung zu denselben, also zu den bei der FWP bestehenden Arbeitsbedingungen zugesagt. Zum anderen sei der Betrieb der FWP nach § 613 a BGB nach Beendigung des Konzessionsvertrags, der im Grunde genommen ein Pachtvertrag sei, auf den AAFES übergegangen. Der AAFES habe Material und Zubehör übernommen, auch sei das Nutzungsrecht an der Werkstatt, für die die FWP – unstreitig – eine Pacht von 2.000,– US-Dollar bezahlt habe, an ihn zurückgefallen. Die Änderungskündigungen vom 27. November 1987 seien deshalb gemäß § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam.

Die Kündigungen seien außerdem gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG unzulässig, weil er als ehemaliges Betriebsratsmitglied nachwirkenden Kündigungsschutz genieße. Ferner sei die Betriebsvertretung nicht ordnungsgemäß angehört und die Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende nicht beachtet worden. Schließlich seien die Änderungskündigungen sozial ungerechtfertigt, weil seine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe T-4/7 unrichtig sei. Der Anhang T zum TVAL II finde nur auf Arbeitnehmer in Betrieben mit Einzelhandelstätigkeiten Anwendung, nicht aber auf ihn, da er laut Arbeitsplatzbeschreibung ausschließlich für den Bürobereich, wie z.B. das Erstellen von Kostenvoranschlägen und die Bestellung von Ersatzteilen zuständig sei.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

  1. festzustellen, daß die Änderungskündigungen vom 27. November 1987 rechtsunwirksam und sozialwidrig seien und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien Über den 31. Dezember 1987 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 4. Mai 1985 fortbestehe;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.263,15 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, zwischen dem Kläger und dem AAFES habe seit dem 1. Juni 1987 ein faktisches Arbeitsverhältnis bestanden. Der Betrieb der FWP sei nicht gemäß § 613 a BGB auf den AAFES übergegangen. Die FWP habe auf der Grundlage des Konzessionsvertrages keinen selbständigen Betrieb geführt, sondern lediglich Leistungen und Dienste im Namen und auf Rechnung des AAFES erbracht. Es fehle sowohl am Übergang von Betriebsmitteln als auch an einer Übernahme durch Rechtsgeschäft, weil die FWP lediglich die Betriebsmittel zurückgegeben habe, die ihr der AAFES zur Verfügung gestellt habe.

Eine rechtsgeschäftliche Zusicherung des AAFES, den Kläger zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen liege nicht vor. Der Aushang vom 20. Mai 1987 bestätige lediglich, daß die Weiterbeschäftigung nach dem TVAL II erfolgen solle. Vorsorglich sei die Erklärung mit Schreiben vom 24. November 1987 an den Kläger wegen Irrtums angefochten worden.

Die Änderungskündigungen seien auch im übrigen rechtswirksam. Der Kläger genieße keinen nachwirkenden Kündigungsschutz als ehemaliges Betriebsratsmitglied, denn er sei am 1. Juni 1987 beim AAFES eingestellt worden. Die Betriebsvertretung sei durch Schreiben vom 17. November 1987 ordnungsgemäß angehört worden. Sie habe der Änderungskündigung zugestimmt. Schließlich sei die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt, denn der Kläger sei zutreffend nach den Bestimmungen des TVAL II eingruppiert. Die von ihm ausgeübte Tätigkeit entspreche den Tätigkeitsmerkmalen der Gehaltsgruppe T 4, wie die vorgelegte Arbeitsplatzbeschreibung belege.

Das Arbeitsgericht hat die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung vom 27. November 1987 für sozial ungerechtfertigt erachtet. Zugleich hat es die Beklagte zur Zahlung von 1.263,15 DM verurteilt. Das Berufungsgericht hat den Urteilstenor dahin neu gefaßt, daß beide Änderungskündigungen vom 27. November 1987 sozial ungerechtfertigt seien. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Klagabweisung. Der Kläger bittet die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

A) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe am 27. November 1987 entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts zwei Kündigungen ausgesprochen. Die dem Kläger um 10.00 Uhr zugegangene Kündigung sei bereits mangels Anhörung der Betriebsvertretung unwirksam, weil diese ausweislich des Anhörungsbogens nur über die zweite Kündigung unterrichtet worden sei.

Die um 15.00 Uhr zugegangene Kündigung sei rechtsunwirksam.

Zwischen dem Kläger und dem AAFES habe ein wirksames Arbeitsverhältnis bestanden, der AAFES sei in die Rechte und Pflichten des zwischen dem Kläger und der FWP bis dahin bestehenden Arbeitsverhältnisses eingetreten. Der Aushang vom 20. Mai 1987 habe das Angebot an die Arbeitnehmer der FWP enthalten, zu denselben Arbeitsbedingungen wie bisher von dem AAFES beschäftigt zu werden. Der Wille des AAFES, den Verträgen ausschließlich den TVAL II zugrundezulegen, sei für die Arbeitnehmer nicht erkennbar gewesen. Der Kläger habe das Angebot des AAFES angenommen, wobei der Zugang der Erklärung nach § 151 Satz 1 BGB nicht erforderlich gewesen sei. Der AAFES habe die Erklärung auch nicht wirksam angefochten, weil es bereits an einer fristgerechten Anfechtung fehle.

Abgesehen davon sei der AAFES gemäß § 613 a BGB in die Rechte und Pflichten aus dem zwischen dem Kläger und dem FWP bestehenden Arbeitsverhältnis eingetreten, denn der Betrieb der FWP sei durch Rechtsgeschäft, nämlich durch „Rückfall” des Betriebes aufgrund des befristeten Konzessionsverhältnisses, auf den AAFES übergegangen.

Die Änderungskündigung des AAFES vom 27. November 1987 sei nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG unwirksam, denn der Kläger genieße als ehemaliges Betriebsratsmitglied nachwirkenden Kündigungsschutz für die Dauer eines Jahres. Dieser besondere Kündigungsschutz habe gegenüber dem AAFES als neuem Arbeitgeber fortbestanden.

Die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers sei zudem nach § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt. Die darlegungspflichtige Beklagte habe keine Tatsachen vorgetragen, die eine andere Eingruppierung rechtfertigen könnten.

Auch die Zahlungsklage sei begründet. Das tarifliche Weihnachtsgeld belaufe sich auf 6 1/3 % des Jahresverdienstes vom 1. November 1986 bis 31. Oktober 1987, also auf 2.211,70 DM. Daraus ergebe sich ein noch auszuzahlender Differenzbetrag von 1.263,15 DM. In diesem Zusammenhang komme es auf die Frage des Betriebsübergangs nicht an, weil der Kläger die erforderliche Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten aufgrund seiner arbeitsvertraglich anrechenbaren Beschäftigungszeiten zurückgelegt habe.

B) Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

I. 1. Die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auffassung, es handele sich vorliegend um zwei voneinander unabhängige Änderungskündigungen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei sein Auslegungsergebnis darauf gestützt, die erheblichen inhaltlichen Abweichungen der Änderungsangebote sprächen für das Vorliegen zweier Kündigungen. Der Kläger habe dies auch so verstanden und seinen Klageantrag entsprechend formuliert.

2. Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, daß die erste Kündigung vom 27. November 1987 bereits wegen mangelnder Mitwirkung der Betriebsvertretung gemäß Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut i. Verb. m. § 72 Abs. 1, § 79 Abs. 1 u. 4 BPersVG unwirksam ist. Dies gesteht jetzt auch die Revision zu. Die Beklagte hat nämlich die Ordnungsmäßigkeit des Mitwirkungsverfahrens maßgeblich darauf gestützt, der Betriebsvertretung sei der Anhörungsbogen vom 17. November 1987 zugeleitet worden. Da in diesem Formular die von der Beklagten erstrebten Arbeitsbedingungen so angegeben waren, wie später in der zweiten Änderungskündigung (2.602,– DM zuzüglich 395,– DM Besitzstandszulage), konnte die erste Kündigung mit ihrem anderslautenden Änderungsangebot (2.602,– DM) nicht Gegenstand der Anhörung gewesen sein.

II. Das Landesarbeitsgericht hat weiter zutreffend angenommen, die zweite Kündigung vom 27. November 1987 sei bereits gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG unwirksam.

1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist die ordentliche Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrats innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Amtszeit unzulässig; dies gilt auch für eine ordentliche Änderungskündigung (BAGE 28, 152, 159 = AP Nr. 2 zu § 15 KSchG 1969, zu III 3 der Gründe; BAGE 51, 200, 207 = AP Nr. 19 zu § 15 KSchG 1969, zu B II 2 a der Gründe; BAG Urteil vom 9. April 1987 – 2 AZR 279/86 – AP Nr. 28 zu § 15 KSchG 1969). Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Vorschrift ohne Rechtsfehler bejaht. Nach seinen Feststellungen endete die Amtszeit des bei der FWP bestehenden Betriebsrats jedenfalls am 31. Mai 1987; der Kläger war bis zu diesem Zeitpunkt Mitglied des Betriebsrats. Die Kündigung ist daher schon deshalb unzulässig, weil sie der AAFES nicht als außerordentliche, sondern lediglich als ordentliche Kündigung ausgesprochen hat (BAG Urteil vom 5. Juli 1979 – 2 AZR 521/77 – AP Nr. 6 zu § 15 KSchG 1969, zu III 2 der Gründe). Zwar ist die Änderungskündigung vom 27. November 1987 nicht ausdrücklich als ordentliche Kündigung bezeichnet, jedoch folgt dies aus dem Umstand, daß sie unter Einräumung einer Kündigungsfrist ausgesprochen wurde. Als befristete außerordentliche Kündigung könnte sie nur dann begriffen werden, wenn dies der AAFES klargestellt hätte (KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 626 BGB Rz 24). Daran fehlt es.

2. Soweit die Revision rügt, der nachwirkende Kündigungsschutz stehe dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil sein Amt als Betriebsratsmitglied am 31. Mai 1987 geendet habe und deshalb auch seine Rechte aus diesem Amt erloschen seien, so dringt sie mit dieser Rüge nicht durch. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob der Betrieb der FWP am 1. Juni 1987 gemäß § 613 a BGB auf den AAFES mit der Maßgabe übergegangen ist, daß der nachwirkende Kündigungsschutz des Klägers bei dem AAFES fortbestand. Das Berufungsgericht hat dies zwar angenommen. Nach Ansicht des Senats reichen aber die festgestellten Tatsachen noch nicht aus, um hieraus einen Betriebsübergang nach § 613 a BGB herleiten zu können. Die Parteien haben insoweit weitgehend nur Rechtsansichten vorgetragen, die sie aus Verträgen hergeleitet haben. Es fehlt jedoch an einer genauen tatsächlichen Bestimmung der früheren Betätigung der FWP, um beurteilen zu können, ob der AAFES einen „Betrieb” übernommen hat (vgl. hierzu BAGE 35, 104, 106; BAGE 48, 345, 348 f.; BAGE 48, 365, 371; BAGE 53, 267, 273 = AP Nr. 24, 41, 42 und 58 zu § 613 a BGB, jeweils zu 1; II 1; II 1; B II 3 b, aa der Gründe). Insbesondere ist es unklar, ob und wenn ja, welche Kundenbeziehungen zur FWP bestanden haben und ob der AAFES in diese Beziehungen eintreten konnte oder tatsächlich eingetreten ist (vgl. zu dieser Problematik BAGE 53, 267 = AP Nr. 58 zu § 613 a BGB; Senatsurteil vom 26. Februar 1987 – 2 AZR 321/86 – AP Nr. 63 zu § 613 a BGB; BAGE 39, 208 = AP Nr. 31 zu § 613 a BGB; BAGE 48, 345, 348 = AP, a.a.O.; insbesondere Urteil vom 21. Januar 1988 – 2 AZR 480/87 – AP Nr. 72 zu § 613 a BGB).

3. Das bedarf keiner weiteren Klärung, weil das Landesarbeitsgericht jedenfalls ohne Rechtsfehler angenommen hat, das Arbeitsverhältnis des Klägers sei kraft Vereinbarung auf den AAFES übergeleitet worden.

a) Soweit das Berufungsgericht ausgeführt hat, das Schreiben des AAFES vom 20. Mai 1987, das durch Aushang den Arbeitnehmern der FWP bekanntgemacht worden ist, habe ein Angebot an die Arbeitnehmer beinhaltet, sie zu denselben Bedingungen zu übernehmen, zu denen sie bei der FWP beschäftigt waren, ist die Auslegung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Weder sind die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB verletzt, noch liegt ein Verstoß gegen Denk- oder allgemeine Erfahrungssätze vor, ebenso sind Umstände, die für die Auslegung von Bedeutung sind, nicht außer acht gelassen worden (vgl. BAGE 22, 424, 426 = AP Nr. 33 zu § 133 BGB, zu 1 der Gründe; BAG Urteil vom 30. Mai 1980 – 7 AZR 215/78 – AP Nr. 8 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag).

b) aa) Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen nach § 613 a BGB erfüllt sind, bleibt es den Parteien unbenommen, das Arbeitsverhältnis im Wege eines dreiseitigen Rechtsgeschäfts zwischen Arbeitnehmer, altem Arbeitgeber und neuem Arbeitgeber auf den letzteren überzuleiten (vgl. BAGE 26, 301, 305 = AP Nr. 1 zu § 613 a BGB, zu III 2 a der Gründe; BAGE 45, 140, 145 = AP Nr. 37 zu § 613 a BGB, zu III 2 a der Gründe; BGH Urteil vom 26. März 1987 – IX ZR 69/86 – AP Nr. 66 zu § 613 a BGB; MünchKomm-Schaub, BGB, 2. Aufl., § 613 a Rz 11 a). Diese Rechtsfolge hat das Berufungsgericht frei von Rechtsfehlern angenommen.

bb) Soweit die Beklagte geltend macht, das Schreiben habe lediglich das Angebot zum Inhalt gehabt, Arbeitsverträge nach den Bestimmungen des TVAL II mit den Arbeitnehmern der FWP abzuschließen, kann ihr unter Zugrundelegung der Ausführungen des Berufungsgerichts nicht gefolgt werden.

cc) Für die Richtigkeit der Auslegung des Berufungsgerichts spricht, daß in dem Schreiben von der „Übernahme der Arbeitnehmer zu denselben Bedingungen” die Rede ist, nicht hingegen vom Abschluß neuer Arbeitsverträge. Dies konnte aus der Sicht des Klägers nur so verstanden werden, sein Arbeitsverhältnis solle unverändert auf den AAFES übergeleitet werden. Wenn es aber beim bisherigen Vertragsinhalt bleiben sollte, gab es für den Kläger keinen Grund zur Annahme, der AAFES wolle einen neuen Arbeitsvertrag abschließen.

dd) Der Auslegung des Berufungsgerichts steht nicht entgegen, daß der bisherige Arbeitgeber in dem Schreiben untechnisch mit „Herrn M.” bezeichnet wurde. Denn für die Beteiligten stand außer Frage, daß damit die FWP, deren Geschäftsführer Herr M. war, gemeint war. Weiter ist es unerheblich, daß die FWP nicht ausdrücklich ihr Einverständnis mit der Überleitung der Arbeitsverträge erklärt hatte. Es konnte für die Beteiligten wiederum nicht zweifelhaft sein, daß die FWP nach dem Auslaufen des Konzessionsvertrags mit der Überleitung der Arbeitsverhältnisse einverstanden war.

ee) Das Berufungsgericht hat weiter zutreffend festgestellt, der Kläger habe das für ihn vorteilhafte Angebot – konkludent – angenommen, indem er ab dem 1. Juni 1987 beim AAFES weitergearbeitet hat. Ein Zugang der Annahmeerklärung war nach § 151 Satz 1 BGB nicht erforderlich, weil der AAFES, wie dem Wortlaut des Schreibens zu entnehmen ist (… werden Sie übernommen …), eine solche nicht erwartete. Schließlich ist dem Berufungsgericht auch darin zu folgen, daß der AAFES seine Erklärung nicht mit Schreiben vom 24. November 1987 wirksam angefochten hat. Es fehlt schon an einer fristgerechten Anfechtungserklärung im Sinne des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die Beklagte nicht vorgetragen hat, wann sie vom Anfechtungsgrund Kenntnis erlangte.

ff) Darüber hinaus hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt, aus der Formulierung in dem Schreiben vom 24. November 1987, mit der Erklärung vom 20. Mai 1987 sei gemeint gewesen, daß ein neuer Arbeitsvertrag abzuschließen sei, sei für den Kläger nicht erkennbar die Erklärung enthalten gewesen, an diesem Schreiben nicht festhalten zu wollen. Das ist zutreffend. Allein die Mitteilung, man habe an sich etwas anderes gemeint als erklärt, reicht nicht aus, eine klare Anfechtungserklärung rechtfertigen zu können. Es hätte vielmehr klargestellt werden müssen, daß nicht über die Auslegung irgendwelcher Erklärungen in Zukunft gestritten werden sollte, sondern daß eine abgegebene Erklärung wegen Mißverständlichkeit angefochten wird.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts beinhaltet die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen das Fortbestehen der von dem Kläger erworbenen Rechte und Pflichten, es bezieht also die Wirkung des nachträglichen besonderen Kündigungsschutzes als ehemaliges Betriebsratsmitglied gegenüber dem AAFES ein.

III. Besteht das Arbeitsverhältnis unverändert fort, so ist auch der der Höhe nach nicht streitige Zahlungsanspruch begründet.

 

Unterschriften

Hillebrecht, Bitter, Dr. Ascheid, Peter Jansen, Wisskirchen

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1100133

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