Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang von Handelsvertreter auf Unternehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Vertritt ein Handelsvertreter ausschließlich einen Unternehmer und ist in dem Handelsvertretervertrag vorgesehen, daß der Unternehmer im Bezirk des Handelsvertreters nur unter besonderen Voraussetzungen tätig werden und bei den vom Handelsvertreter geworbenen Kunden nicht akquirieren darf, so stellen diese Rechte und die vom Handelsvertreter geworbenen Kunden die wesentlichen - immateriellen - Mittel seines Betriebes dar.

2. Ein solcher Betrieb eines Handelsvertreters geht auch dann durch Rechtsgeschäft im Sinn des § 613a Abs 1 Satz 1 BGB auf den Unternehmer über, wenn der Handelsvertreter den Handelsvertretervertrag und ein ihn zur Nutzung der vom Unternehmer angemieteten Geschäftsräume und dessen Inventar berechtigendes Rechtsverhältnis kündigt, dem Unternehmer keinen Nachfolger benennt und im Handelsvertretervertrag für diesen Fall bestimmt ist, daß der Unternehmer die vom Handelsvertreter geworbenen Kunden betreuen darf.

 

Orientierungssatz

Am 26.1.1989 ist in dieser Sache ein Ergänzungsurteil ergangen, in dem der Kostenanspruch des Urteils vom 21.1 1988 dahingehend ergänzt wurde, daß die Beklagte auch die durch die Streithilfe im Revisionsverfahren verursachten Kosten zu tragen hat.

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 06.05.1987; Aktenzeichen 2 Sa 93/87)

ArbG Köln (Entscheidung vom 07.11.1986; Aktenzeichen 17 Ca 6167/86)

 

Tatbestand

Die Klägerin war seit dem 1. Juni 1985 zusammen mit zwei weiteren Mitarbeiterinnen als kaufmännische Angestellte bei der L Informationssysteme GmbH (künftig: Streitverkündete) beschäftigt.

Die Streitverkündete war gemäß Handelsvertretervertrag vom 10. Oktober 1983 selbständige Handelsvertreterin der Beklagten, vornehmlich für den Bezirk, der das Territorium der IBM-Region "Nord-West" mit den IBM-Niederlassungen Aachen, Bielefeld, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Koblenz, Köln, Münster, Osnabrück, Siegen und Wuppertal umfaßt. Der Handelsvertretervertrag enthielt, soweit hier von Interesse, folgende Regelungen:

I. Gegenstand der Vertretung

.....

1. Die zu vermarktende Produktpalette entspricht

z.Z. der kompletten Produktlinie der Firma

IBM und kann nach Absprache mit E gegebenenfalls

erweitert werden.

2. E behält sich vor, in dem genannten Bezirk persönlich

durch ihre Angestellten oder durch andere Vertreter

tätig zu werden.

Diese Nichtexklusivität beinhaltet eine Konkurrenzsituation

zwischen den verschiedenen Vertretern.

E verpflichtet sich, in dem vorgenannten Bezirk/Gebiet

selbst oder durch andere Handelsvertreter nur nach

vorheriger Ankündigung und Begründung tätig zu werden.

...

E verpflichtet sich, während der ganzen Laufzeit

dieses Vertrages bei der von dem Handelsvertreter erworbenen

Kundschaft keine Akquisition zu unternehmen.

II. Pflichten des Handelsvertreters

1. Der Handelsvertreter hat die Aufgabe, mit Kunden seines

Bezirks Vermietungen, Käufe und Verkaufsgeschäfte für

E zu vermitteln. Er hat keine Abschlußvollmacht.

...

3. Er wird insbesondere die Abnehmer und Interessenten

seines Bezirks regelmäßig besuchen. ...

...

7. Im Falle von Reklamationen irgendwelcher Art, die von

einem Kunden bei dem Handelsvertreter vorgebracht

werden, ist der Handelsvertreter verpflichtet, den

Unternehmer sofort zu informieren. Der Handelsvertreter

hat keine Vollmacht, E in diesen Fällen zu

vertreten.

...

IX. Kündigungsentschädigung

...

b) Will der Handelsvertreter den mit E geschlossenen Vertrag

kündigen, ist er verpflichtet, während der Kündigungsfrist

einen von E angenommenen Nachfolger vorzustellen.

Falls er keinen Nachfolger vorstellt, wird

E nach Ablauf der Kündigungsfrist frei sein, die Kundschaft

dieses Handelsvertreters zu betreuen oder einem

anderen Handelsvertreter zu übergeben.

Die von der Streitverkündeten benutzten Geschäftsräume hatte die Beklagte angemietet, der Streitverkündeten zur Nutzung überlassen und ihr auch die im Rahmen des Handelsvertreterverhältnisses erforderlichen Betriebsmittel zur Verfügung gestellt.

Mit Schreiben vom 12. Februar 1986 kündigte die Streitverkündete der damals schwangeren Klägerin "aus den Ihnen bekannten betriebsbedingten Gründen zum frühestmöglichen Termin nach Ablauf der Mutterschutzfrist". Dem war eine fristgerechte, zum 30. Juni 1986 gegenüber der Beklagten ausgesprochene Kündigung des Handelsvertretervertrages durch die Streitverkündete vorausgegangen.

Mit Schreiben ihrer Anwälte vom 18. März 1986 kündigte die Streitverkündete den Handelsvertretervertrag mit der Beklagten mit Wirkung zum 19. März 1986 fristlos. In dem Schreiben heißt es, die Streitverkündete werde ihre Tätigkeit sofort einstellen. Rein vorsorglich und ohne Rücksicht darauf, ob rechtlich zwischen der Streitverkündeten und der Beklagten ein Untermietvertrag bestehe, werde hiermit das Nutzungsverhältnis bezüglich der Büroräume nebst Einrichtungen ebenfalls fristlos gekündigt. Ab 1. April 1986 benutzte die Beklagte die von ihr gemieteten Räume mit Inventar, um den Vertrieb der bislang von der Streitverkündeten vertretenen Produkte zu bearbeiten. Sie schloß ferner mit den beiden anderen von der Streitverkündeten beschäftigten Mitarbeiterinnen Arbeitsverträge, durch die diese "neu eingestellt" wurden.

Ebenfalls mit einem Schreiben vom 18. März 1986 beurlaubte die Streitverkündete die Klägerin ab dem 21. März 1986 bis zum Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses unter Fortzahlung ihres Gehalts mit der Begründung, sie sei gezwungen worden, den Handelsvertretervertrag mit der Beklagten fristlos zu kündigen und ihren Betrieb stillzulegen. Mit Schreiben vom 18. März sowie vom 9. und 28. April 1986 beantragte sie beim Regierungspräsidenten in K (Hauptfürsorgestelle) die Zustimmung zur vorzeitigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin. Zur Begründung trug sie vor, mit der fristlosen Kündigung des Handelsvertretervertrages und des Nutzungsverhältnisses bezüglich der Büroräume und -einrichtungen sei eine sofortige Stillegung ihres Betriebes verbunden. Ihre Geschäftstätigkeit werde nicht fortgeführt. Vielmehr entfalte die Beklagte eine eigene, neue Geschäftstätigkeit. Die Hauptfürsorgestelle wies den Antrag durch Bescheid vom 14. Juli 1986 mit der Begründung zurück, der Betrieb der Streitverkündeten sei nicht stillgelegt worden, sondern gemäß § 613 a Abs. 1 BGB durch Rechtsgeschäft auf die Beklagte übergegangen.

Die Klägerin hat am 5. Juni 1986 entbunden und nach Ablauf der Mutterschutzfrist Erziehungsurlaub bis zum 5. April 1987 in Anspruch genommen. Zuvor hatte sie mit Schreiben vom 4. April 1986 der Beklagten ihre Dienste angeboten. Die Beklagte hatte ihre Beschäftigung mit Schreiben vom 4. und 18. April 1986 mit der Begründung abgelehnt, mit ihr bestehe kein Vertragsverhältnis und zwischen ihr und der Streitverkündeten habe kein Betriebsübergang stattgefunden.

Mit ihrer am 12. August 1986 beim Arbeitsgericht eingegangenen und gegen die Beklagte sowie die jetzige Streitverkündete gerichteten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei von der Streitverkündeten wegen Betriebsübergangs ausgesprochen worden und deshalb unwirksam. Ihr Arbeitsverhältnis sei auf die Beklagte übergegangen. Die Beklagte habe nach Aufkündigung des Handelsvertretervertrages in den zuvor von der Streitverkündeten genutzten Räumen die Geschäftstätigkeit der Streitverkündeten fortgeführt. Die Streitverkündete habe Leasing-Verträge im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung vermittelt und im Anschluß daran die Kunden beraten und betreut. Sie habe zu diesem Zweck die von der Beklagten angemieteten Büroräume mit Büroausstattung benutzt. Die immateriellen Betriebsmittel hätten aus dem Kundenkreis bestanden, den sich die Streitverkündete erschlossen habe. Die Streitverkündete habe daher mit sachlichen und immateriellen Betriebsmitteln arbeitstechnische Zwecke verfolgt. Die Beklagte habe diese Betriebsführung fortgesetzt.

Sollte kein Betriebsübergang vorliegen, bestehe zwischen ihr und der Streitverkündeten weiterhin ein Arbeitsverhältnis bis zum 30. September 1987. Dies sei der nächste zulässige Termin im Hinblick auf den bis 5. April 1987 dauernden Erziehungsurlaub und die im Anschluß hieran laufende vertragliche Kündigungsfrist, zu dem die Kündigung vom 12. Februar 1986 ausgesprochen worden sei.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß die Kündigung der Beklagten

zu 1) (nunmehr: Streitverkündeten) vom 12. Februar

1986 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zwischen

der Beklagten zu 1) und der Klägerin mit Wirkung

vom 1. April 1986 auf die Beklagte zu 2) (nunmehr:

Beklagte) übergegangen ist,

hilfsweise festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis

zwischen der Beklagten zu 1) (Streitverkündete) und

der Klägerin bis zum 30. September 1987 fortbesteht.

Die Streitverkündete hat den Hauptantrag der Klägerin für begründet erachtet und nur die Abweisung des Hilfsantrags der Klägerin beantragt.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage insgesamt abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, für die gegen sie gerichtete Feststellungsklage bestehe kein Feststellungsinteresse, nachdem die Klägerin sie Anfang 1987 auf Weiterzahlung des Gehaltes für die Zeit ab 1. April 1986 verklagt habe. Zudem fehle es an einem für einen Betriebsübergang erforderlichen Rechtsgeschäft. Bei der Streitverkündeten habe es sich um einen Handels- bzw. Dienstleistungsbetrieb gehandelt. Ziel des Betriebes sei die Einführung ihres, der Beklagten, Unternehmens auf dem Markt gewesen. Die von der Streitverkündeten vermittelten Verträge seien in ihrem, der Beklagten, Namen abgeschlossen worden. Nach dem Abschluß der Verträge habe die E M GmbH in L den Service für Hardware und Software durchgeführt. Die EDV-Anlagen nebst Software habe die Firma E Produktvertrieb GmbH in F ausgeliefert. Die Kunden hätten lediglich die Möglichkeit gehabt, sich wegen der Nachbesserung der EDV-Ware, der Ergänzung oder des Austausches an die Streitverkündete zu wenden, die dann die Aufgabe gehabt habe, diese Wünsche entgegenzunehmen und sie an ihre, der Beklagten, vorstehend genannte Firmen weiterzuleiten. Bei dieser Konstruktion sei sie nicht in irgendwelche Lieferverträge und Aufträge der Streitverkündeten eingetreten, weil sie von vornherein Vertragspartnerin der von der Streitverkündeten geworbenen Kunden gewesen sei. Sie habe lediglich die bereits laufenden Verträge weitererfüllt. Das habe aber zu ihrem und nicht zum Betrieb der Streitverkündeten gehört. Nach dem 1. April 1986 habe sie deshalb für wenige Wochen Telefonate von Kunden in den zuvor von der Streitverkündeten genutzten Räumen entgegengenommen, weil sie Hauptmieter der Räume gewesen sei und den Mietvertrag mit dem Vermieter zunächst habe abwickeln müssen. Sie habe in diesen Räumen nur noch solche Tätigkeiten ausgeübt, die sich aus Ziff. II 7 des Handelsvertretervertrages ergeben hätten. Weil sie infolge der fristlosen Kündigung des Handelsvertretervertrages so schnell keine neuen Räume habe finden können, habe sie im Kölner Raum für die Kunden aus den bestehenden Verträgen präsent sein und die Reklamationen entgegennehmen müssen. Darin liege jedoch eine bloße Funktionsnachfolge. Von einer Übernahme von Räumen und Inventar könne ebenfalls nicht die Rede sein, weil sie Hauptmieterin der Räume gewesen sei und der Rückfall der Räume nach Beendigung des Handelsvertretervertrages keine Übernahme von fremden Räumen mit Inventar darstelle. Die Büroeinrichtung sei ihr Eigentum gewesen, der Streitverkündeten leihweise überlassen und somit nach Beendigung des Handelsvertretervertrages nicht auf sie übertragen worden.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß die Kündigung der Streitverkündeten vom 12. Februar 1986 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zwischen der Streitverkündeten und der Klägerin mit Wirkung ab 1. April 1986 auf die Beklagte übergegangen ist.

Hiergegen hat nur die Beklagte Berufung eingelegt und sich gegen die Feststellung des Arbeitsgerichts gewandt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen der Streitverkündeten und der Klägerin mit Wirkung ab 1. April 1986 auf die Beklagte übergegangen sei. Die Klägerin hat der Streitverkündeten den Streit verkündet. Diese ist dem Rechtsstreit auf seiten der Klägerin beigetreten und hat sich deren Antrag auf Zurückweisung der Berufung angeschlossen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin und die Streitverkündete beantragen Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Streitverkündeten ist gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB mit Wirkung vom 1. April 1986 auf die Beklagte übergegangen.

A. Die gegen die Beklagte gerichtete Feststellungsklage, die, wie bereits in der Berufungsinstanz allein noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, ist zulässig.

Das Berufungsgericht hat den Klageantrag zutreffend dahingehend ausgelegt, der Klägerin gehe es um die Feststellung, daß das mit der Streitverkündeten begründete Arbeitsverhältnis ab 1. April 1986 zwischen ihr und der Beklagten fortbestehe. An dieser Feststellung hat die Klägerin gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse, das nicht durch die inzwischen gegen die Beklagte anhängig gemachte auf Lohnfortzahlung gerichtete Leistungsklage entfallen ist. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, ist der Gegenstand der Feststellungsklage nach § 256 ZPO umfassender als der der Zahlungsklage. Das dem Feststellungsbegehren stattgebende Urteil stellt das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses mit der gesamten, sich daraus ergebenden Rechtsposition und damit die Rechtsgrundlage für alle sich hieraus ergebenden vertraglichen Rechte der Klägerin mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien fest. Demgegenüber erstreckt sich die Rechtskraft eines Leistungsurteils nur auf den prozessualen Anspruch (§ 322 Abs. 1 ZPO), nicht auf das für ihn vorgreifliche Rechtsverhältnis (Arbeitsverhältnis). Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ist im Zahlungsprozeß nur Vorfrage und könnte somit gegenüber jedem weiteren Anspruch von der Beklagten erneut bestritten werden.

B. In der Sache hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte sei Arbeitgeberin der Klägerin infolge Betriebsüberganges geworden. Es hat ausgeführt, die Beklagte habe den Betrieb der Streitverkündeten in seinen wesentlichen Funktionen unter Beibehaltung der bisherigen Betriebsräume und des Betriebsinventars weitergeführt. Aus dem erst- und zweitinstanzlichen Sachvortrag der Beklagten ergebe sich, daß sie die Serviceaufgaben, die zuvor der Streitverkündeten oblegen hätten, und auch die werbende Tätigkeit weitergeführt habe. Anders sei der in der Berufungsbegründung nicht widerrufene erstinstanzliche Vortrag nicht zu verstehen. Danach habe die Beklagte den Vertrieb der bislang von der Streitverkündeten vertriebenen Produkte weiterhin bearbeitet. Um welche Produkte es sich dabei gehandelt habe, ergebe sich aus Ziff. 1 des Handelsvertretervertrages, wobei es der Beklagten nach ihrem erstinstanzlichen Vortrag darum zu tun gewesen sei, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. Der Annahme eines Betriebsübergangs stehe nicht entgegen, daß die Beklagte entsprechend ihrem Vortag nicht in Lieferverträge eingetreten sei und keine Geschäftspapiere und Kundenlisten übernommen habe. Die Übernahme dieser Betriebsmittel sei nicht notwendige Voraussetzung für den Übergang eines Dienstleistungsbetriebes im Sinne des § 613 a BGB. Selbst wenn die Beklagte tatsächlich nur die Betreuung der von der Streitverkündeten bereits angeworbenen Kunden weitergeführt, die mit ihnen abgeschlossenen Verträge erfüllt und die vereinbarten Serviceleistungen erbracht hätte, wäre sie in die wesentlichen Betriebsfunktionen der Streitverkündeten eingetreten. Die Erfüllung langfristig laufender Verträge, um die es bei den von der Streitverkündeten vermittelten Leasing-Verträgen gehe, stelle einen wesentlichen Teil der der Streitverkündeten im Handelsvertretervertrag übertragenen Dienstleistungsaufgaben dar. Auch die Beschäftigung der beiden weiteren Angestellten der Streitverkündeten lasse den Schluß zu, daß die Beklagte mit Hilfe der Arbeitnehmer der Streitverkündeten die früheren Betriebszwecke weiterverfolgt habe, wenn auch die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer des übernommenen Betriebes nicht Tatbestandsvoraussetzung des § 613 a BGB, sondern Rechtsfolge einer Betriebsübernahme sei. Die Eigentumsverhältnisse an den benutzten Räumen und dem Inventar spielten für die Frage des Betriebsüberganges keine Rolle.

Der Betrieb der Streitverkündeten sei auch durch Rechtsgeschäft auf die Beklagte übergegangen. Das Rechtsgeschäft sei in der fristlosen Aufkündigung des Handelsvertreterverhältnisses zu sehen, die bewirkt habe, daß entsprechend dem Handelsvertretervertrag die der Streitverkündeten überlassenen Räume und das Inventar an die Beklagte zurückgefallen seien. Weiterhin könne das dem Betriebsübergang zugrundeliegende Rechtsgeschäft in der Vereinbarung unter Ziff. IX b des Handelsvertretervertrages gesehen werden. Von dieser Möglichkeit habe die Beklagte unstreitig Gebrauch gemacht. Sie habe sich nach Aufkündigung des Handelsvertretervertrages in einer ähnlichen Situation wie ein Verpächter eines Betriebes, an den der Betrieb nach Auflösung des Pachtverhältnisses zurückfalle, befunden. Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien des Handelsvertretervertrages habe Elemente eines Pachtverhältnisses aufgewiesen. So habe die Beklagte der Streitverkündeten Betriebsräume mit Inventar zur Verfügung gestellt und ihr ein Gebiet zugewiesen, in dem sie die von der Beklagten angebotenen Produkte vertreiben sollte.

Die Streitverkündete habe auch nicht im Zusammenhang mit der fristlosen Aufkündigung des Handelsvertretervertrages ihren Betrieb stillgelegt. Zwar habe sie die Arbeitsverhältnisse zweier Arbeitnehmerinnen gekündigt und die Klägerin unter Hinweis auf eine Betriebsstillegung beurlaubt. Außer diesen personellen Maßnahmen habe sie jedoch keine Vorkehrungen getroffen, die auf eine Betriebsstillegung hindeuten könnten. Insbesondere habe sie nicht dem von ihr betreuten Kundenkreis mitgeteilt, weitere Leistungen würden nicht erbracht. Sie habe vielmehr einen funktionsfähigen Betrieb hinterlassen, in dem die Beklagte nach einer kurzen zeitlichen Unterbrechung die Serviceleistungen der Streitverkündeten mit den gleichen sächlichen Mitteln und unter Mithilfe der beiden Mitarbeiterinnen der Streitverkündeten habe fortsetzen können.

C. Die Würdigung des Berufungsgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

I. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß der Betrieb der Streitverkündeten auf die Beklagte übergegangen ist.

1. Das Berufungsgericht hat den Begriff des Betriebes im Sinne des § 613 a Satz 1 BGB nach dem allgemeinen Betriebsbegriff bestimmt. Danach machen die sächlichen und immateriellen Betriebsmittel einen Betrieb dann aus, wenn der neue Inhaber mit ihnen und mit Hilfe der Arbeitnehmer bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen kann. Nicht erforderlich ist, daß der Betriebsinhaberwechsel auch zu einem Wechsel des Eigentums führt; es genügt, wenn dem Erwerber eine Nutzungsberechtigung auf Zeit zusteht, wie etwa bei Pacht oder Nießbrauch. Ebensowenig ist es erforderlich, daß ausnahmslos alle Wirtschaftsgüter, die bisher zu einem Betrieb gehört haben, auf den neuen Betriebsinhaber übergehen. Unwesentliche Bestandteile des Betriebsvermögens bleiben außer Betracht (BAGE 48, 376, 387 = AP Nr. 43 zu § 613 a BGB, zu B III 1 a der Gründe). Entscheidend ist, ob die Veräußerung einzelner bzw. einer Summe von Wirtschaftsgütern vorliegt oder die des Betriebes. Das hängt entscheidend davon ab, ob der neue Inhaber mit den übernommenen Betriebsmitteln den Betrieb oder einen Betriebsteil im wesentlichen unverändert fortführen kann. Die Trennung eines Teils vom ganzen Betrieb darf dessen Charakter nicht in der Weise ändern, daß es sich bei den verbleibenden Mitteln nur noch um Einzelgegenstände handelt (BAGE 48, 365, 371 = AP Nr. 42 zu § 613 a BGB, zu II 1 der Gründe).

2. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht auch ohne revisiblen Rechtsfehler auf den vorliegenden Fall angewandt.

a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Beklagte habe ab 1. April 1986 die Service-Aufgaben sowie die werbende Tätigkeit weitergeführt und die bisherigen Betriebsräume sowie das Betriebsinventar weiterbenutzt.

aa) Die Revision rügt, diese Feststellung sei unter Verstoß gegen § 286 ZPO zustande gekommen. Das Berufungsgericht habe ausschließlich Bezug auf den erst- und zweitinstanzlichen Sachvortrag der Beklagten genommen und diesem entnommen, daß sie den Vertrieb der bislang von der Streitverkündeten vertriebenen Produkte weiterhin bearbeitet habe. Die Beklagte habe jedoch in ihrer Klageerwiderung lediglich vorgetragen, sie habe seit dem 1. April 1986 die Räume und das Inventar wieder selbst benutzt, um den Vertrieb der bislang von der Streitverkündeten vertretenen Produkte zu bearbeiten. Zwischen den Parteien sei unstreitig, daß die Streitverkündete selbst keinerlei Produkte vertrieben, sondern deren Verkauf durch die Beklagte lediglich vermittelt habe.

Diese Rüge greift nicht durch.

bb) Das Berufungsgericht ist nicht in Widerspruch zu dem schriftsätzlichen Sachvortrag der Beklagten davon ausgegangen, die Streitverkündete habe Produkte vertrieben.

Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung vorgetragen, sie "habe seit dem 1. April 1986 die Räume und das Inventar wieder selbst benutzt, um den Vertrieb der bislang von der Beklagten zu 1) (Streitverkündete) vertretenen Produkte zu bearbeiten". Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht auf S. 9 letzter Abschnitt der Entscheidungsgründe seines Urteils wörtlich wiedergegeben. Auf S. 10 des Urteils hat es ausgeführt, "aus dem erst- und zweitinstanzlichen Sachvortrag der Beklagten zu 2) (Beklagte) ergebe sich indessen, daß sie auch die werbende Tätigkeit weitergeführt habe. Anders sei der erstinstanzliche Vortrag, der in der Berufungsbegründung nicht widerrufen worden sei, nicht zu verstehen, wonach die Beklagte zu 2) den Vertrieb der bislang von der Beklagten zu 1) (Streitverkündete) vertriebenen Produkte weiterhin bearbeitet habe".

Bei der Formulierung "vertriebenen Produkte" handelt es sich jedoch lediglich um einen Schreibfehler. Dies ergibt sich schon aus der Würdigung auf S. 12 und den abschließenden Ausführungen auf S. 14 des angefochtenen Urteils, in denen wiederum auf den in erster Instanz schriftsätzlich zugestandenen "Vertrieb der von der Beklagten zu 1) (Streitverkündeten) zuvor vertretenen Produkte, mithin einer Weiterführung der werbenden Tätigkeit" abgestellt wird. Aber auch die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts sprechen für diese Annahme. Der Vortrag der Beklagten, sie habe den "Vertrieb" der bislang von der Streitverkündeten "vertretenen" Produkte weiter bearbeitet, ist unter Berücksichtigung des Handelsvertretervertrages nur so zu verstehen, daß die Beklagte die der Streitverkündeten übertragene Tätigkeit, für die von ihr vertriebene Produktpalette Kunden und Aufträge hereinzubringen, nunmehr selbst ausgeübt hat. In diesem Sinne hat auch das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten verstanden, denn es hat auf S. 10 seines Urteils bezüglich der von der Streitverkündeten "vertriebenen" Produkte im Anschluß an diese Formulierung auf den Handelsvertretervertrag verwiesen und im übrigen ausgeführt, der Beklagten sei es darum gegangen, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen.

cc) Der Vortrag der Revision, soweit die Beklagte werbend für die von ihr vertriebenen Produkte tätig geworden sei, habe sie dies schon vor, während und nach der Existenz der Streitverkündeten getan, weil sie selbst Vertragspartnerin der Kunden gewesen sei, kann nicht berücksichtigt werden, weil es sich um neues tatsächliches Vorbringen handelt (§ 561 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen, sie sei selbst neben der Streitverkündeten in deren Bezirk werbend tätig geworden. Zwar hat sie sich in Ziff. I 2 des Handelsvertretervertrages vorbehalten, in dem der Streitverkündeten zugewiesenen Bezirk persönlich oder durch andere Vertreter tätig zu werden, jedoch nur nach vorheriger Ankündigung und Begründung. Sie hat jedoch in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen, von dieser Berechtigung während der Vertragszeit auch Gebrauch gemacht zu haben.

Der weitere Vortrag der Revision, die Streitverkündete habe nach der Vermittlung eines Kunden mit diesem nur noch insoweit zu tun gehabt, als sie berechtigt gewesen sei, Reklamationen entgegenzunehmen, die der Kunde jedoch ebensogut direkt der Beklagten gegenüber hätte geltend machen können, widerspricht dem Inhalt des Handelsvertretervertrages. Gemäß Ziff. I 2 des Vertrages hat sich die Beklagte verpflichtet, während der ganzen Laufzeit dieses Vertrages bei der von dem Handelsvertreter geworbenen Kundschaft keine Akquisition zu unternehmen. Weiterhin war nach Ziff. II 3 des Vertrages die Streitverkündete verpflichtet, insbesondere die Abnehmer und Interessenten ihres Bezirkes regelmäßig zu besuchen. Schließlich ist unter Ziff. IX b für den Fall, daß die Streitverkündete den Handelsvertretervertrag kündigt und keinen Nachfolger vorstellt, die Beklagte nach Ablauf der Kündigungsfrist frei, die Kundschaft der Streitverkündeten zu betreuen oder einem anderen Handelsvertreter zu übergeben.

aa) Die Streitverkündete war somit zur Kundenbetreuung nach dem Handelsvertretervertrag berechtigt und verpflichtet, wie auch das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat.

b) Auch die Würdigung des Berufungsgerichts, nach dem festgestellten Sachverhalt sei der Betrieb der Streitverkündeten auf die Beklagte übergegangen, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

aa) Für den Betrieb der Streitverkündeten als eines Dienstleistungsunternehmens waren die wesentlichen - immateriellen - Betriebsmittel die aus dem Handelsvertretervertrag folgende Berechtigung, die von der Beklagten vertriebenen Produkte in einem bestimmten Geschäftsbezirk zu vertreten sowie der von der Streitverkündeten geworbene Kundenkreis, bei dem ausschließlich die Streitverkündete weitere Akquisitionen vornehmen durfte. Diese Befugnisse sowie der gegenüber Akquisitionen der Beklagten bisher geschützte Kundenkreis sind auf die Beklagte übergegangen. Gleiches gilt von den der Streitverkündeten von der Beklagten eingeräumten Nutzungsrechten an Betriebsräumen und Betriebsinventar als einem Teil der sächlichen Betriebsmittel, denen allerdings nur eine untergeordnete Bedeutung für den Betrieb der Streitverkündeten zukommt. Entgegen der Ansicht der Revision kommt es nicht auf den Übergang von Kundenlisten und anderen Geschäftsunterlagen an. Diese sind kein notwendiger Bestandteil eines Dienstleistungsunternehmens. Sie sind nur dann von wesentlicher Bedeutung, wenn erst ihr Besitz die Kenntnis von dem Kundenkreis des bisherigen Betriebsinhabers vermittelt und es dem Erwerber ermöglicht, an die Kunden zur Fortsetzung der bisherigen Geschäftsbeziehungen heranzutreten, wie etwa bei einem Anzeigen- und Werbeblatt (vgl. BAGE 48, 345 = AP Nr. 41 zu § 613 a BGB). Im vorliegenden Fall waren die Kunden der Streitverkündeten der Beklagten als ihrer Vertragspartnerin bekannt. Wesentlich für die Beklagte war, daß sie nunmehr auch bei den von der Streitverkündeten geworbenen Kunden selbst akquirieren konnte. Ferner kommt es auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse an den sächlichen Betriebsmitteln an. Es genügt, wenn dem Betriebsinhaber ein Nutzungsrecht auf Zeit daran zusteht, das nunmehr der neue Betriebsinhaber ausüben kann (vgl. BAGE 48, 376 = AP, aaO, zu B III 1 a der Gründe).

bb) Die Beklagte war somit in der Lage, nach der von ihr hingenommenen fristlosen Kündigung des Handelsvertretervertrages durch die Streitverkündete deren Betrieb mit den wesentlichen Betriebsmitteln so weiterzuführen wie ihre Vorgängerin. Sie hat mit der Berechtigung, für die Produkte der Firma IBM im Bezirk der Streitverkündeten zu werben und auch bei den geworbenen Kunden der Streitverkündeten zu akquirieren, eine Rechtsposition erlangt, die ihr vorher nicht (Akquisition bei von der Streitverkündeten geworbenen Kunden) oder nur unter besonderen Voraussetzungen (werbende Tätigkeit im Bezirk der Streitverkündeten) zustand. Darauf, ob und wie lange sie den Betrieb tatsächlich weitergeführt hat, kommt es für den Betriebsübergang nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht an (vgl. Senatsurteil vom 26. Februar 1987 - 2 AZR 768/85 - AP Nr. 59 zu § 613 a BGB, zu B II 3 b der Gründe, m.w.N.). Deshalb ist es auch unerheblich, ob die Beklagte die der Streitverkündeten zur Verfügung gestellten Geschäftsräume nur bis zur Lösung des Mietverhältnisses zum Hauptmieter genutzt hat. Die werbende Tätigkeit der Streitverkündeten hat sie auch tatsächlich zeitlich unbeschränkt fortgesetzt.

II. Zutreffend ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, daß der Betrieb der Streitverkündeten durch Rechtsgeschäft auf die Beklagte übergegangen ist.

1. Entscheidend für eine Betriebsübernahme durch Rechtsgeschäft im Sinne des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB ist, daß der neue Betriebsinhaber die Befugnis zur Betriebsführung aus einem Rechtsgeschäft herleitet. Der Betriebsübergang muß weder durch ein unmittelbares Rechtsgeschäft zwischen früherem und neuem Betriebsinhaber noch durch ein einheitliches, auf den Erwerb des gesamten Betriebes gerichtetes Rechtsgeschäft vermittelt werden. Der Erwerber kann den Betrieb auch aufgrund einer Vielzahl von Rechtsgeschäften mit verschiedenen Dritten erlangen, sofern diese insgesamt auf den Übergang eines funktionsfähigen Betriebes ausgerichtet sind (BAGE 48, 376 = AP, aa0, zu B II 3 der Gründe). Ein rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang liegt somit auch dann vor, wenn ein Pächter den Betrieb im Anschluß an die beendete Pacht eines früheren Pächters pachtet (BAGE 35, 104 = AP Nr. 24 zu § 613 a BGB, zu 2 b der Gründe). Der erkennende Senat hat diese Rechtsprechung aus dem Urteil vom 26. Februar 1987 (aaO, zu B II 3 der Gründe) übernommen und weiter ausgesprochen, ein rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang liege dann auch bei dem "Rückfall" des Betriebes auf den Verpächter vor. Sehe man in der Einräumung der Nutzungsbefugnis an den Pächter einen Betriebsübergang, dann könne für den gegenläufigen Akt nichts anderes gelten. Dieser Betriebsübergang erfolge auch aufgrund eines Rechtsgeschäfts, nämlich bei einer Beendigung der Betriebsüberlassung auf Zeit durch die Vereinbarung einer Befristung oder auflösenden Bedingung. Wenn der Pächter oder Verpächter den Pachtvertrag kündige oder die Parteien einen Aufhebungsvertrag schlössen, erfolge der Betriebsübergang durch Kündigung bzw. Aufhebungsvertrag.

2. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht zutreffend in der Kündigung des Handelsvertretervertrages (von deren Wirksamkeit nach dem Vortrag der Parteien auszugehen ist) durch die Streitverkündete, der Bestimmung der Ziff. IX b des Handelsvertretervertrages sowie der in dem Anwaltsschreiben vom 18. März 1986 (vorsorglich) erklärten Kündigung der Rechtsverhältnisse über die Nutzung der Geschäftsräume und des Geschäftsinventars ein Rechtsgeschäft im Sinne des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB gesehen, aus dem die Beklagte den Erwerb der wesentlichen Betriebsmittel und damit die Befugnis zur Fortführung des Betriebes der Streitverkündeten herleitet.

Durch die fristlose Kündigung des Nutzungsverhältnisses bezüglich der Büroräume nebst Einrichtungen ist das Nutzungsrecht an diesen sächlichen Betriebsmitteln auf die Beklagte zurückgefallen. Infolge der Kündigung des Handelsvertretervertrages in Verbindung mit Ziff. IX b dieses Vertrages war die Beklagte nunmehr zur unbeschränkten Werbung für die Produkte der Firma IBM im bisherigen Bezirk der Streitverkündeten sowie zur Akquisition bei den von dieser geworbenen Kunden berechtigt. Sie konnte damit den Kundenstamm der Streitverkündeten auch in dem bisher dieser vorbehaltenen Umfang betreuen. Insoweit ähnelt diese Vertragsgestaltung dem "Rückfall" eines gepachteten Betriebes an den Verpächter nach Kündigung oder vertraglicher Aufhebung des Pachtvertrages, wie das Berufungsgericht zutreffend bemerkt hat.

III. Aus den vorstehenden Ausführungen zum Betriebsübergang ergibt sich, daß die Streitverkündete ihren Betrieb nicht stillgelegt und die Beklagte nicht nur Teile eines nicht mehr funktionsfähigen Betriebes übernommen hat. Auch zu diesem Punkt läßt das Berufungsurteil keinen Rechtsfehler erkennen.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt eine Betriebsstillegung den ernstlichen und endgültigen Entschluß des Unternehmens voraus, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für einen seiner Dauer nach unbestimmten, wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum aufzugeben (BAGE 47, 13 = AP Nr. 39 zu § 613 a BGB, m.w.N.). Nach dem Senatsurteil vom 26. Februar 1987 (aaO) kann der Betrieb auch von einem Pächter stillgelegt werden. Hierfür ist zu berücksichtigen, daß der Pächter nicht legitimiert ist, das Betriebsgrundstück und die Betriebsmittel samt Inventar zu veräußern, also den Betrieb so zu zerschlagen, wie dies der Eigentümer könnte. Aus diesem Grunde muß es für eine Betriebsstillegung durch den Pächter genügen, wenn dieser die Stillegungsabsicht unmißverständlich kundgibt, die Betriebstätigkeit vollständig einstellt, allen Arbeitnehmern kündigt, den Pachtvertrag zum nächstmöglichen Termin kündigt und die Betriebsmittel, über die er verfügen kann, veräußert (aaO, zu B II 4 b aa der Gründe).

2. Danach kann auch ein selbständiger Handelsvertreter seinen Betrieb stillegen. Vorliegend hat die Streitverkündete allerdings mit der Kündigung des Handelsvertretervertrages ihre Betriebstätigkeit vollständig eingestellt und den Arbeitnehmern sowie den Nutzungsvertrag über die Betriebsräume und das Betriebsinventar gekündigt. Damit hat sie jedoch ihren Betrieb nicht stillgelegt. Infolge der Vereinbarung in Ziff. IX b des Handelsvertretervertrages sollte das Recht zur Kundenbetreuung in dem betreffenden Geschäftsbezirk bei Kündigung des Handelsvertretervertrages durch die Streitverkündete auf die Beklagte übergehen. Die Kündigung hatte demnach, wie ausgeführt, den Übergang des wesentlichen - immateriellen - Betriebsmittels der Streitverkündeten auf die Beklagte zur Folge. Da gleichzeitig durch die Kündigung der Nutzungsberechtigung auch die sächlichen Betriebsmittel auf die Beklagte zurückfielen, hat diese einen zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung sowohl des Handelsvertretervertrages als auch des Nutzungsverhältnisses noch funktionsfähigen Betrieb übernommen. Die Streitverkündete hatte ihren Betrieb bis zum Kündigungszeitpunkt am 19. März 1986 fortgeführt. Die Klägerin hat sie ab 21. März 1986 von weiterer Dienstleistung freigestellt. Wann die Kündigungen der beiden weiteren Mitarbeiterinnen der Streitverkündeten ausgesprochen wurden und ob diese ebenfalls ab 21. März 1986 suspendiert worden sind, ist nicht festgestellt, aber auch unerheblich. Denn in den wenigen Tagen bis zum 1. April 1986, zu dem die Beklagte ihre werbende Tätigkeit im bisher der Streitverkündeten vorbehaltenen Gebiet und Umfang aufnahm und auch die dieser zur Verfügung gestellten sächlichen Betriebsmittel benutzte, waren die für den Betrieb der Beklagten wesentlichen Betriebsmittel unverändert geblieben. Entgegen der in ihren Zustimmungsanträgen an die Hauptfürsorgestelle - der erste Antrag datiert vom 18. März 1986 - von der Streitverkündeten vertretenen Ansicht hat die Beklagte keine eigene, neue betriebliche Tätigkeit entfaltet, sondern den Betrieb der Streitverkündeten fortgeführt, wie dies letztlich bereits in Ziff. IX b des Handelsvertretervertrages für den Fall vorgesehen war, daß die Streitverkündete keinen Nachfolger benennen würde.

IV. Die noch anhängige, nach der zutreffenden Auslegung des Berufungsgerichts auf Fortbestand des mit der Streitverkündeten begründeten Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten gerichtete Feststellungsklage ist nach alledem in vollem Umfang begründet. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, daß das auf die Beklagte gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB übergegangene Arbeitsverhältnis der Klägerin vor Ablauf der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht beendet worden ist. Die von der Streitverkündeten der Klägerin gegenüber ausgesprochene Kündigung vom 12. Februar 1986 ist bereits wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 MuSchG gem. § 134 BGB nichtig, weil hierfür keine Zustimmung der Hauptfürsorgestelle vorliegt. Zwar hat die Streitverkündete die Kündigung "zum frühestmöglichen Termin nach Ablauf (ihrer) Mutterschutzfrist" ausgesprochen. Maßgebend für das Eingreifen des Kündigungsverbots des § 9 Abs. 1 MuSchG ist jedoch der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Deshalb ist auch eine, wie vorliegend, während der Schutzzeiten mit der Maßgabe erklärte Kündigung, die Kündigungsfrist solle erst vom Ende der Schutzzeiten an laufen, nichtig (allgemeine Meinung; vgl. Gröninger/Thomas, MuSchG, Stand: Februar 1985, § 9 Anm. 6 c, m.w.N.). Einen sonstigen Beendigungstatbestand hat die hierfür darlegungspflichtige Beklagte nicht vorgetragen.

Hillebrecht Triebfürst Ascheid

Jansen Dr. Bächle

 

Fundstellen

DB 1988, 2155-2156 (LT1-2)

EWiR 1989, 29-29 (L1-2)

JR 1989, 44

NZA 1988, 838-840 (LT1-2)

RdA 1988, 379

AP § 613a BGB (LT1-2), Nr 72

AR-Blattei, Betriebsinhaberwechsel Entsch7/86

AR-Blattei, ES 500 Nr 73 (LT1-2)

EzA § 613a BGB, Nr 73 (LT1-2)

VersR 1988, 1280 (L1-2)

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