
Finanzminister Olaf Scholz soll mit der Gründung einer Bundes-Wohnungsbaugesellschaft geliebäugelt haben – daran ist gar nicht zu denken, sagt sein Ministerium. Die bundeseigene Immobilienanstalt BImA wird grundsätzlich weiterhin für Staatsbedienstete bauen. Tausende bezahlbare Wohnungen sind geplant.
Rund 6.000 bis 8.000 bezahlbare Wohnungen sollte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) in den vergangenen zwei Jahren bauen, antwortete vor ein paar Tagen das SPD-geführte Bundesfinanzministeriums an die Linksfraktion im Bundestag. Tatsächlich fertiggestellt wurden seit 2018 aber nur 30 Wohnungen. Die BImA – mit rund 36.000 Wohnungen eine der größten Immobilieneigentümerinnen des Landes – untersteht dem Finanzministerium.
Die Bundesregierung werde "nicht mal im Ansatz" ihrer Verantwortung gerecht, wenigstens die Angestellten des Bundes mit ausreichend Wohnraum zu versorgen, und müsse "zu einer sozialen Bundeswohnungsbaugesellschaft mit Bundesbodenfonds" umgewandelt werden, um auf bundeseigenen Grundstücken günstige Wohnungen zu errichten, forderte daraufhin die stellvertretende Vorsitzende und wohnungspolitische Sprecherin der Linken, Caren Lay.
Bundeseigene Wohnungsbaugesellschaft ist jetzt offziell vom Tisch
Die Idee der Gründung einer solchen Bundes-Wohnungsbaugesellschaft, "wenn die Baubranche das Problem weiter nicht in den Griff kriegt", soll auch Bundesfinanzminister Scholz "in einem kleineren Kreis vor Monaten kundgetan" haben, wie das "Handelsblatt" unlängst berichtete. Scholz sehe als Vorbild das Hamburger Modell, das er als damaliger Bürgermeister mit aus der Taufe gehoben hatte, schreibt die Zeitung. Die Hamburger Wohnungswirtschaft hatte sich 2016 mit Mieterverbänden, den Haus- und Grundbesitzern und der Politik im "Bündnis für das Wohnen" auf den Neubau von 10.000 Wohnungen jährlich in der boomenden Metropole verständigt.
Im Bundesministerium der Finanzen dementierte man nun Pläne: Es gebe keine Überlegungen, eine eigene Wohnungsbaugesellschaft zu gründen. Auch die Aufgaben der BImA sollen nicht ausgeweitet werden, um Wohnungen außerhalb der Wohnungsfürsorge für Staatsbedienstete zu errichten, hieß es in einer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion. Die BImA stellt zunächst alle ihrer rund 36.000 Wohnungen Bundesbediensteten zur Verfügung. Wird eine Wohnung nicht auf diese Weise vermietet, kommt sie auf den freien Markt – das sind derzeit etwa 70 Prozent der Wohnungen. Wann die geplanten 6.000 bis 8.000 Wohnungen gebaut werden, die meisten davon in München (200) ließ die Regierung auch in dieser Antwort offen – derzeit laufen wohl Abstimmungen mit Kommunen und Planungsbehörden.
Gründung von staatlichen Wohnungsunternehmen wieder en vogue
Neugründungen von staatlichen Wohnungsbaugesellschaften scheinen zumindest in den Bundesländern wieder en vogue zu sein, wie ein Blick nach Niedersachsen zeigt. Dort kündigte der SPD-Landesverband im Februar an, als Bauherr aktiv werden zu wollen. "Wir wollen den öffentlichen Wohnungsbau durch die Gründung einer – neuen und unveräußerlichen – Landeswohnbaugesellschaft stärken", sagte Ministerpräsident Stephan Weil. Eine landeseigene Gesellschaft könne zum einen selbst bauen, zum anderen bestehende Wohnungen ankaufen, damit das Wohnen bezahlbar bleibe.
Bis zum Sommer soll feststehen, welche Struktur die Gesellschaft haben soll. Der Verkauf der Landeswohnungsbaugesellschaft Nileg durch CDU und FDP im Jahr 2005 sei ein großer Fehler gewesen, so Weil – mit Folgen für Mieter und betroffene Kommunen bis heute. "Dass dieses Vorhaben noch in dieser Legislatur realisiert werden kann, ist eher unwahrscheinlich, da die CDU-Niedersachsen sich bislang verweigert", glaubt der niedersächische Ministerpräsident.
BImA verkauft mehr Wohnungen als früher an Länder und Kommunen
In Deutschland fehlen vielerorts bezahlbare Wohnungen. Um den Kommunen unter die Arme zu greifen, gibt die BImA entbehrliche Immobilien zunehmend an die Länder und Kommunen für den sozialen Wohnungsbau ab. Nach Angaben des Finanzministeriums wurden im vergangegenen Jahr zwei Drittel der verkauften Wohnungen an öffentliche Käufer veräußert. Demnach 306 von insgesamt 460 Wohnungen an Kommunen oder zugehörige Gesellschaften.
Noch im Jahr 2018 wurden mehr als die Hälfte aller Wohnungen im Höchstbieterverfahren an private Käufer verkauft. Neben Wohnungen und Gewerbeflächen verfügt die BImA auch über Grundstücke – insgesamt besitzt die Bundesimmobilienanstalt 466.000 Hektar. Wenn man alle Liegenschaften zusammen betrachtet, dann hat die BImA 2019 immerhin knapp drei Viertel davon an Privatpersonen oder private Gesellschaften verkauft.
In den vergangenen beiden Jahren zusammen wurden 1.420 von 2.489 verkauften Liegenschaften zuerst den Kommunen angeboten. "Soweit eine Kommune Interesse am Erwerb einer Liegenschaft zur Erfüllung eines öffentlichen Zwecks hatte, beispielsweise zur Verstärkung des örtlichen Wohnraumangebots, hat die BImA die Möglichkeit eines Direktverkaufs geprüft", schreibt das Ministerium dazu.
Bekommt der Wohnungsneubau 2020 Priorität für die BImA?
Im laufenden Jahr sollen Bundes-Liegenschaften im Wert von rund 300 Millionen Euro verkauft werden – für den Bau von Sozialwohnungen will die BImA den Kommunen weiterhin Preisnachlässe gewähren. In den Jahren 2018 und 2019 haben sich die Preisnachlässe laut Ministerium auf rund 92,5 Millionen Euro summiert bei 149 Verkäufen. Der Bund geht davon aus, dass auf diesen Flächen in den vergangenen zwei Jahren insgesamt 7.600 frei finanzierte – also nicht öffentlich geförderte – Wohnungen und 3.100 Sozialwohnungen entstanden sind.
Es sei zwar erfreulich, dass die Kommunen auf ehemaligen BImA-Flächen fast jede dritte Wohnung als Sozialwohnung errichteten, der Anteil an Privatverkäufen sei aber weiter zu hoch, sagte Linken-Politikerin Lay, denn "diese Grundstücke und Wohnungen sind für eine soziale Wohnungspolitik verloren. Mit den bisherigen Maßnahmen bleibt die Neuausrichtung der BImA Stückwerk". Bundeseigene Grundstücke und Gebäude sollten künftig nur noch an Kommunen und Genossenschaften "und in Erbpacht" abgegeben werden.
Der stellvertretende FDP-Fraktionschef Christian Dürr verteidigte den Verkauf von bundeseigenen Grundstücken und Gebäuden an private Investoren. "Ohne Privatinvestitionen läuft am Wohnungsmarkt gar nichts", so Dürr: "Das Thema Wohnraum ist zu wichtig, um es dem Staat zu überlassen – denn hier können wir uns kein Desaster wie beim Bau des BER leisten".