DDR-Schulden: Mecklenburg-Vorpommern stellt Tilgungsplan vor

Die DDR-Altlasten belasten die ostdeutschen Wohnungsunternehmen immer noch. Das Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern hat nun einen Plan zum Schuldenabbau vorgestellt – 25 Millionen Euro pro Jahr will das Land bereitstellen. Bis 2030 soll alles getilgt sein.

Nach einer jahrelangen Hängepartie wissen die betroffenen kommunalen Wohnungsunternehmen in Mecklenburg-Vorpommern nun, wann sie die Altschulden für den Wohnungsbau los sein könnten. Wie der Städte- und Gemeindetag am 26. Juli mitteilte, hat das Innenministerium einen detaillierten Plan zum Schuldenabbau erarbeitet: Jährlich sollen 25 Millionen Euro zur Entschuldung bereitgestellt werden. Seit dem 15.7.2023 liege die Rechtsgrundlage dafür vor.

Damit könne dieses Kapitel aus dem Einigungsvertrag endlich abgeschlossen werden, erklärte Wismars Bürgermeister und Städtetag-Chef Thomas Beyer (SPD). Gemeinsam mit dem Land sei eine wirkungsvolle Lösung gefunden worden, Bundesmittel zweckgerichtet dafür einzusetzen und den Städten und Gemeinden Planungssicherheit zu gewähren. "Schließlich ist die Entschuldung der Kommunen gerade mit Blick auf die steigenden Zinsen sowie die aktuellen Herausforderungen wie beispielsweise beim Klimaschutz wichtig", betonte Beyer.

Änderung der EU-Beihilferegelungen

Laut Innenministerium waren über den kommunalen Finanzausgleich in den Jahren 2021 und 2022 schon rund 30 Millionen Euro zum Abbau der DDR-Altschulden an 300 Kommunen ausgereicht worden. Innen- und Bauminister Christian Pegel (SPD) erwartet, dass sich den kommunalen Unternehmen mit dem schrumpfenden Schuldenberg wieder mehr Spielräume eröffnen, um die Wohnungen zeitgemäß und der Nachfrage entsprechend zu modernisieren.

Mit Hilfe eines vom Land eingerichteten Sondervermögens sei der Schuldenberg bereits auf knapp 220 Millionen Euro reduziert worden, teilte die Regierung mit. Die restlichen Verbindlichkeiten verteilen sich auf 165 Kommunen: Die Spanne reicht laut Städte- und Gemeindetag von 822 Euro bis 38,8 Millionen Euro. Durch eine Änderung der EU-Beihilferegelungen könnten die restlichen Wohnungsbaualtschulden jetzt in voller Höhe abgelöst werden.

Rechtsgutachten: Bund könnte DDR-Altschulden übernehmen

Dass Länder und Bund die DDR-Altschulden der ostdeutschen Wohnungsunternehmen übernehmen dürfen, hat ein Rechtsgutachten klar gemacht – demnach stehen dem Vorhaben keine Vorgaben der Europäischen Union (EU) im Weg.

"Bundespolitiker betonen stets, wie wichtig ihnen das bezahlbare Wohnen ist. Bei den DDR-Altschulden haben sie die Möglichkeit, rasch und effizient etwas zu tun", sagte Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), der das Gutachten bei der Potsdamer Anwaltskanzlei Dombert in Auftrag gegeben hatte. Er sieht den Bund in der Pflicht.

Wörtlich heißt es in dem Gutachten: "Dem Ansinnen des Verbandes sind in der Vergangenheit auch rechtliche Bedenken entgegengehalten worden. Unter anderem wurde auf beihilfenrechtliche Probleme verwiesen, die eine Unterstützung von Wohnungsbaugenossenschaften mit sich bringen würde. Nach den Vorgaben des europarechtlichen Beihilferechts dürfen Unternehmen – und darum handelt es sich bei Wohnungsbaugenossenschaften – nur unter engen Voraussetzungen staatliche Hilfen erhalten." Der Bund stehe in der historischen Pflicht, das Problem zu lösen.

Deutschland hatte bei der EU-Kommission eine Klarstellung eingefordert, inwieweit eine Hilfe auch dann gewährt werden darf, wenn die Kommunen noch im Besitz der betreffenden Wohnungen sind. Das war aus Sorge vor einem Verstoß gegen das Beihilferecht vermieden worden.

Rechtsgutachten zur Hilfe bei DDR-Altschulden

DDR-Altschulden: Entschuldungsfonds

Eine Verordnung für den Entschuldungsfonds brachte der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2020 mit dem neuen Finanzausgleichsgesetz auf den Weg. Damit wurde das Verfahren zum Schuldenausgleich angestoßen. Die Verordnung zur Ablösung von Altverbindlichkeiten für die kommunale Wohnungswirtschaft trat am 30.1.2021 in Kraft. Laut Innenminister Pegel belaufen sich die Altverbindlichkeiten noch auf zirka 250 Millionen Euro.

Der Verordnung zufolge können Städte und Gemeinden, deren Wohngebäude abgerissen oder verkauft wurden, bereits die vollen Zuwendungen erhalten. Kommunen, bei denen das europäische Beihilferecht greift, erhielten bis zum Abschluss des Notifizierungsverfahrens bei der EU-Kommission  im Dezember 2022 zunächst Hilfen von maximal 200.000 Euro.

Weitere Informationen zum Entschuldungsfonds

Wohnungswirtschaft: Auch Genossenschaften entschulden

Den VNW-Genossenschaften fehlten wegen der DDR-Altschulden im Durchschnitt bis zu einem Euro pro Quadratmeter, sagte Breitner vor Kurzem. "Dieses Geld können sie nicht in die Sanierung und die Modernisierung ihrer Wohnungsbestände investieren. Vor allem kleinere Genossenschaften und jene im ländlichen Raum, der von Abwanderung besonders betroffen ist, leiden darunter." In einigen Fällen müsse noch für Wohngebäude gezahlt werden, die längst abgerissen worden seien.

Der VNW sieht die Genossenschaften bei der Entschuldung im Aus. Den Angaben nach wurden auch sie durch DDR-Altschulden belastet. "Die Genossenschaften zu vergessen, ist eine nicht zu akzeptierende Ungleichbehandlung", so Breitner.

Fast alle ostdeutschen Bundesländer und anteilig die kommunalen Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften sind mit Altschulden belastet, die etwa aus Krediten von der ehemaligen DDR-Staatsbank für ein Wohnungsbauprogramm resultieren. Die Verbindlichkeiten wurden 1990 im Einigungsvertrag nicht gestrichen: Gemäß Art. 22 Abs. 4 gingen sowohl das zur Wohnungsversorgung genutzte volkseigene Vermögen als auch die anteiligen Schulden auf die Städte und Gemeinden über.

Auch das Land Mecklenburg-Vorpommern hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder bemüht, dass der Bund die Tilgung der Altkredite übernimmt – nun ist der Erfolg da.


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Schlagworte zum Thema:  Schulden, Wohnungswirtschaft, Wohnungsunternehmen