Zwei Millionen leerstehende Wohnungen: Was der Bund tun will
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hat am 21. Januar in Berlin die "Handlungsstrategie Leerstandsaktivierung" vorgestellt. Das Ziel: leerstehenden Wohnraum wieder nutzbar machen. Das sorgt für Kritik in der sozialorientierten Wohnungswirtschaft, die auch Abriss fordert und eine flexiblere Förderung durch den Bund.
Wohnungsleerstand: Problem in ländlichen Gegenden
"Knapp zwei Millionen Wohnungen und Einfamilienhäuser in Deutschland stehen leer", sagte Geywitz. Die Belebung von Leerständen und Wiedernutzbarmachung von bestehenden Gebäuden lasse nicht nur lebendige Orte entstehen, sondern spare Kosten und trage zur Reduzierung des Flächenverbrauchs bei. Gesetzesinitiativen und Forschung seien auf den Weg gebracht worden und müssten langfristig weitergeführt werden.
Die im Sommer 2024 veröffentlichten Zensusdaten, die den Stand 2022 abbilden, zeigen, dass in Deutschland rund 1,9 Millionen Wohnungen leer stehen, insbesondere in ländlichen Regionen – das entspricht einer Leerstandsquote von 4,5 Prozent. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der bundesweit leerstehenden Wohnungen standen länger als zwölf Monate leer, heißt es in der Strategie: In Ostdeutschland (ohne Berlin) standen zum Stichtag 535.919 Wohnungen leer (Quote: 7,6 Prozent), in Westdeutschland rund 1,34 Millionen Wohnungen (vier Prozent). In Berlin betrug die Leerstandsquote zwei Prozent (40.681 leerstehende Wohnungen).
In der Handlungsstrategie sind Maßnahmen der Innenentwicklung, der Stärkung gleichwertiger Lebensverhältnisse sowie des Wissenstransfers verknüpft. Enthalten sind bereits eingeführte Förderprogramme und geplante Anreize zur Gebäudesanierung. Außerdem sollen im Jahr 2025 Städtebaufördermittel, die nicht abgerufen worden sind, in Projekte gegen Leerstand fließen, wie Geywitz in Aussicht stellte.
Handlungsstrategie Leerstandsaktivierung
Wohnungswirtschaft: Strategie nicht ausreichend
Die Inhalte der Strategie seien angesichts der Dimension der Leerstandsproblematik gerade in Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern nicht ausreichend, heißt es in einer Stellungnahme des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). Präsident Andreas Breitner würdigte jedoch, dass die Bundesregierung das Problem der DDR-Altschulden auf die Tagesordnung gehoben habe.
Im Rahmen des Altschuldenhilfe-Gesetzes und der Städtebauförderung sowie durch die in der Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse" beschlossene Entlastung von 340 Millionen Euro jährlich, sei ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der sozialen Vermieter geleistet worden, sagte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Bislang habe jedoch nur Mecklenburg-Vorpommern einen kommunalen Entschuldungsfonds aufgelegt – andere ostdeutsche Länder müssten nachziehen. Hier hätten Wohnungsunternehmen mit Leerständen von bis zu 35 Prozent zu kämpfen, statt der in der Strategie erwähnten bis zu 20 Prozent.
Die Handlungsstrategie bezeichnete Gedaschko als "enttäuschend". Die müsse nachgebessert werden. Und zwar in enger Zusammenarbeit mit den sozial orientierten Wohnungsunternehmen, "die vor Ort die Hauptbetroffenen sind und die Probleme sowie notwendige Lösungen am besten kennen", so der GdW-Chef.
Abriss: Zentrale Herausforderung im Osten
Maren Kern, Vorständin beim Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), betonte, dass Leerstände von 15 Prozent und mehr in vielen Brandenburger Städten, nicht allein durch Aufwertungen abgebaut werden könnten. "Hier muss der Abriss von dauerhaft nicht mehr benötigten Wohnungen in jedem Fall konsequent weitergehen." Angesichts der Kostenentwicklung sei eine flexiblere Förderung durch den Bund vonnöten. "Dazu findet sich in der Strategie leider kaum etwas", beklagte Kern.
Das Thema des notwendigen Abrisses von Wohnungsbeständen, die aufgrund von jahrelangem, abwanderungsbedingten Leerstand nicht mehr zukunftsfähig sind, wird vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen (BMWSB) in dem Papier nur am Rande erwähnt. Dabei ist das Thema Abriss oder Teilabriss in Ostdeutschland weiterhin eine zentrale Herausforderung.
Für die Unternehmen ist er laut GdW mit hohen finanziellen Belastungen bei gleichzeitig geringen Mieteinnahmen verbunden, sodass die nicht auskömmliche Abrissförderung zwingend verbessert werden muss. Statt der aktuell hälftig von Bund und Ländern gewährleisteten Förderung von 110 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche muss dieser Betrag auf mindestens 140 Euro erhöht werden.
BMWB-Plattform: Überblick zu Maßnahmen und Förderung
Laut Bauministerin Geywitz sind guter öffentlicher Nahverkehr, Bildung und Arbeitsplätze unerlässlich, um dünn besiedelte Regionen für das Wohnen wieder attraktiver zu machen – ebenso, wie Fördermittel dafür über Jahre verlässlich bereitstehen müssten.
Die Onlineplattform "Potenzial Leerstand" soll einen Überblick über Förderprogramme, Modellvorhaben und Best-Practice-Beispiele im In- und Ausland für Maßnahmen gegen den Leerstand geben.
BMWSB-Webseite "Potenzial Leerstand"
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