Stichtag 23. September

Berliner Mietendeckel: "Stufe zwei" tritt in Kraft


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Mietendeckel: Vermieter müssen ab 23.11.2020 Mieten senken

Am 23. November tritt die zweite Stufe des Mietendeckels in Kraft: Dann müssen Berliner Vermieter die Miete senken, wenn sie über der zulässigen Obergrenze liegt. Der Senat hat einen "Rechner" online gestellt.

Nachtrag: Mit einem am 15.4.2021 veröffentlichten Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Die Regelungen sind daher nicht anwendbar.

Das Berliner Mietendeckel-Gesetz (MietenWoG) gilt seit dem 23.2.2020. Seitdem sind in der Stadt die Mieten für rund eineinhalb Millionen Wohnungen auf dem Stand von Juni 2019 eingefroren. Die zweite Stufe des MietenWoG tritt zum 23. November in Kraft. Dann müssen Vermieter ihre Mieten senken, soweit diese mehr als 20 Prozent über den vom Senat festgelegten Obergrenzen liegen.

Berlins Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Die Linke) geht davon aus, dass etwa 340.000 Wohnungen überhöhte Mieten aufweisen, die gesenkt werden müssen. "Wird der Vermietende nicht von alleine tätig, setzt die Verwaltung den Anspruch der Mieterinnen und Mieter durch", so Scheel. Vermieter, die sich nicht an das Gesetz halten, müssen mit Bußgeldern zwischen 1.000 und 2.000 Euro pro Wohnung rechnen.

Bußgelder drohen auch Verwaltern, "wenn die Mieten auf dem Verwalterkonto eingehen", warnt Rechtsanwalt Dr. Michael Schultz, Partner der Kanzlei Müller Radack Schultz. Er rät Vermietern, den Mietern zeitnah die reduzierte Miethöhe mitzuteilen und gleichzeitig klar zu stellen, dass die bisher zulässige Miete weiter die vereinbarte Miete bleibt, sie aber nur wegen des MietenWoG vorerst nicht gefordert wird. Ob zu viel Miete verlangt wird oder nicht, können Vermieter über einen sogenannten Mietendeckel-Rechner herausfinden, den die Senatsverwaltung online gestellt hat.

Ob das Mietendeckel-Gesetz Bestand haben wird, muss letztlich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Hauptverfahren entscheiden. Kippt das Gericht das MietenWoG, können Vermieter den gesenkten Betrag nachträglich verlangen.

Endgültiges BVerfG-Mietendeckel-Urteil 2021 erwartet

Ein Berliner Vermieter – Gesellschaft bürgerlichen Rechts – wollte Ende Oktober noch per Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht erreichen, dass die zweite Stufe nach dem Mietendeckelgesetz ausgesetzt wird. Den Eilantrag lehnten die Karlsruher Richter jedoch ab. Ein schwerer Nachteil von besonderem Gewicht sei in dem Eilantrag nicht dargelegt, teilte das BVerfG am 29. Oktober (Az. 1 BvR 972/20) mit – auch nicht für die betroffenen Vermieter insgesamt.

Das Bundesverfassungsgericht will laut einer Mitteilung des Berliner Verfassungsgerichtshofs bis zum Sommer 2021 endgültig über den Mietendeckel entscheiden. Bundestagsabgeordnete von FDP und CDU wollen das Mietendeckel-Gesetz komplett stoppen und hatten eine Normenkontrollklage beim BVerfG eingereicht: In Karlsruhe geht es dann um die Frage, ob das Land Berlin überhaupt solche Gesetze erlassen darf oder ob dies ausschließlich Sache des Bundes ist.

Nachtrag: Das Bundesverfassungsgericht hat den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig und nichtig erklärt.

Parallel hatten die Berliner Fraktionen von CDU und FDP sowie Marcel Luthe (fraktionslos) am 25. Mai Klage beim Verfassungsgerichtshof auf Landesebene eingereicht: Sie kritisieren vor allem den Eingriff in die Grundrechte der Eigentümer. Das Berliner Verfahren wurde mittlerweile ausgesetzt, bis das BVerfG endgültig entscheidet. Die Anwälte des Senats hatten zuvor angeregt, auf eine Grundsatzentscheidung aus Karlsruhe zu warten.

Mietendeckel-Entscheidungen von unteren Instanzen

Entscheidungen gefällt haben in Streitfragen rund um den Mietendeckel bislang nur Berliner Amtsgerichte und verschiedene Kammern des Landgerichts (LG) Berlin mit höchst unterschiedlichen Ergebnissen: Von "der Mietendeckel ist verfassungsgemäß" (LG Berlin Urteil vom 31.07.2020 - 66 S 95/20) bis "das Gesetz zur Mietenbegrenzung ist kompetenzrechtswidrig" (LG Berlin Beschluss vom 06.08.2020 - 67 S 109/20).

Die 66. Kammer des Berliner Landgerichts stufte das Mietendeckel-Gesetz in seinem Urteil vom 31. Juli zwar als verfassungsgemäß ein, hält aber die sogenannte Stichtagsregelung für unwirksam, die Mieterhöhungen rückwirkend zum 18.6.2019 verbietet.

Der im Gesetz enthaltene Stichtag stelle zwar einen materiell maßgeblichen Bezugspunkt für die Ermittlung der absolut zulässigen Miethöhe dar, begründete das Gericht. Die Mietobergrenzen gelten somit erst seit Inkrafttreten des Gesetzes am 23.2.2020. Mieterhöhungen über die Obergrenzen hinaus sind nach Auffassung des Gerichts erst nach diesem Zeitpunkt verboten.

Die Mietendeckel-Regeln im Überblick

Das Berliner Mietendeckel-Gesetz, wie es also erst einmal weiterhin gilt, ist auf fünf Jahre befristet. Betroffen sein werden die Mieten für zirka eineinhalb Millionen nicht preisgebundene Wohnungen. Die meisten Mieten wurden auf dem Niveau vom 18.6.2019 eingefroren – also an dem Tag, an dem der Senat erste Eckpunkte beschlossen hatte.

Bei Wiedervermietung müssen sich Vermieter grundsätzlich an neue Obergrenzen und die zuletzt verlangte Miete halten. Die Obergrenzen orientieren sich am Berliner Mietspiegel von 2013 plus Inflationsausgleich von 13,4 Prozent. Das entspricht nach Angaben der Koalition den gestiegenen Einkommen in Berlin seit 2013. Damals galt der Wohnungsmarkt laut Senatsverwaltung noch als gesund. Der Mietspiegel 2019 gilt mit Einführung des Mietendeckels nicht mehr.

Das ist die Berliner Mietentabelle: Obergrenzen (ohne Zu- und Abschläge)

Erstmalige Bezugsfertigkeit

und Ausstattung

Mietpreis pro Quadratmeter

bis 1918 Sammelheizung und Bad

6,45 Euro

bis 1918 Sammelheizung oder Bad

5,00 Euro

bis 1918 ohne Sammelheizung / Bad

3,92 Euro

1919 bis 1949 Sammelheizung und Bad

6,27 Euro

1919 bis 1949 Sammelheizung oder Bad

5,22 Euro

1919 bis 1949 ohne Sammelheizung / Bad

4,59 Euro

1950 bis 1964 Sammelheizung und Bad

6,08 Euro

1950 bis 1964 Sammelheizung oder Bad

5,62 Euro

1965 bis 1972 Sammelheizung und Bad

5,95 Euro

1973 bis 1990 Sammelheizung und Bad

6,04 Euro

1991 bis 2002 Sammelheizung und Bad

8,13 Euro

2003 bis 2013 Sammelheizung und Bad

9,80 Euro

Quelle: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Berlin

Konkret sind Mietobergrenzen (je nach Ausstattung und Alter der Wohnung) zwischen 5,65 und 9,80 Euro pro Quadratmeter für alle Wohnungen vorgesehen. Kompliziert wird es, weil auf die Mietobergrenzen noch Zu- oder Abschläge etwa auf Basis der Lage möglich sind: Für einfache Lagen sind das minus 28 Cent pro Quadratmeter, für mittlere Lagen minus neun Cent und für gute Lagen plus 74 Cent pro Quadratmeter. In Gebäuden mit maximal zwei Wohnungen erhöht sich die Obergrenze um einen Zuschlag von zehn Prozent und für Wohnraum mit moderner Ausstattung um einen Euro pro Quadratmeter.

Mieter können gegen "überhöhte Mieten" klagen – das ist der Fall, wenn die in der Tabelle festgelegten Obergrenzen um mehr als 20 Prozent überschritten werden. Zu viel gezahltes Geld kann zurückgefordert werden. Dieser Teil des Gesetzes tritt am 23.11.2020 in Kraft. Bei Verstößen gegen den Mietendeckel werden Bußgelder in Höhe von bis zu 500.000 Euro fällig.

Ab dem Jahr 2022 dürfen die Mieten zum Inflationsausgleich um bis zu 1,3 Prozent pro Jahr steigen, soweit hierdurch die Tabellenwerte nicht überschritten werden. Vermieter, die sehr niedrige Mieten verlangen, können bei Wiedervermietung unter bestimmten Voraussetzungen um einen Euro pro Monat auf bis zu 5,02 Euro je Quadratmeter erhöhen. Erlaubt sind Mieterhöhungen oberhalb der gesetzlichen Grenzen dann, wenn sonst "dauerhafte Verluste" oder eine Substanzgefährdung der "maßgeblichen Wirtschaftseinheit" drohen ("Härtefall"-Regelung).

Ausgenommen vom Mietendeckel sind Wohnungen, die ab dem 1.1.2014 bezugsfertig wurden, auch öffentlich geförderte Wohnungen und Wohnungen, die mit staatlichen Fördermitteln modernisiert oder saniert wurden – oder "sonst dauerhaft unbewohnbarer und unbewohnter ehemaliger Wohnraum, der mit einem dem Neubau entsprechenden Aufwand wiederhergestellt wird".

Mietendeckel: Rechtsgutachten liegen "en masse" vor

Zahlreiche juristische Gutachten wurden in Auftrag gegeben:

  • Das Gutachten "Landeskompetenz zur Einführung eines sogenannten Mietendeckels?" hat der GdW im September 2019 beim ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), Hans-Jürgen Papier, in Auftrag gegeben.
  • Papier ergänzte in einem zweiten Gutachten, dass der geplante Mietendeckel nicht nur formell, sondern auch materiell verfassungswidrig sei.
  • Es fehle "eindeutig" an der Gesetzgebungskompetenz der Länder, kommentierte die Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft in der Abhandlung "Der geplante Mietendeckel in Berlin ist nichtig!" das Berliner Gesetz, das so bislang einmalig in der Bundesrepublik ist.
  • Ein im Auftrag der Berliner SPD-Fraktion erarbeitetes Expertengutachten sieht die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern.
  • Ebenso hat ein Rechtsgutachten im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung keine Bedenken bezüglich der Verfassungsmäßigkeit des Berliner Mietendeckels.


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dpa

7 Kommentare
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Mon Oct 10 14:54:57 CEST 2022 Mon Oct 10 14:54:57 CEST 2022

Haufe Online Redaktion: Dieser Text wurde redaktionell gelöscht.

C

Christopher Riedl

Thu Nov 05 16:48:40 CET 2020 Thu Nov 05 16:48:40 CET 2020

Unsere Miete wurde zu Dezember 2020 angeglichen mit den neuen Preisen. Ist aber der Vermieter nun auch verpflichtet, zu Februar 2020 rückwirkend nachzuzahlen? Oder ist das 2. Getz ende November erst das wirklich gültige?

S

Sai Dud

Fri Feb 28 19:00:54 CET 2020 Fri Feb 28 19:00:54 CET 2020

Sie schreiben:
Zwar ist die Miete vom Stichtag maßgeblich..(bis hierhin klar..)
".. wird aber eine Wohnung nach dem Stichtag erstmalig oder wieder vermietet, ist die dann vereinbarte Miethöhe maßgeblich."

Ich kann keine Stelle im Gesetz finden, die enthält, dass "die dann vereinbarte Miethöhe maßgeblich" ist und nicht die Stichtagsmiete.

Vielleicht können Sie hier die Fundstelle bzw. die Quelle zu dieser Auffassung veröffentlichen, bzw. worauf dies beruht.

Eine Quelle hierfür wäre überaus hilfreich, da der Sachverhalt beim der Wiederver-/ oder Anmietung von Wohnungen von großer Bedeutung ist.

Fri Feb 28 19:00:46 CET 2020 Fri Feb 28 19:00:46 CET 2020

Haufe Online Redaktion: Dieser Text wurde redaktionell gelöscht.

W

Wolfgang Reinicke

Wed Feb 26 15:13:02 CET 2020 Wed Feb 26 15:13:02 CET 2020

"Grundsätzlich vorgesehen sind damit in konkreten Zahlen Mietobergrenzen (je nach Ausstattung und Alter der Wohnung) zwischen 5,65 und 9,80 Euro pro Quadratmeter für alle Wohnungen. Auf diese Werte dürfen noch einmal 13,5 Prozent addiert werden – das entspricht nach Begründung der Koalition den gestiegenen Einkommen in Berlin seit 2013."
Den Inflationsausgleich von 13,5% kann ich im Gesetzestext leider nicht finden.

C

Carola Mane

Sun Feb 02 01:18:53 CET 2020 Sun Feb 02 01:18:53 CET 2020

Und jetzt folgt Baden-Württemberg...https://www.tagesspiegel.de/politik/vorbild-berlin-linke-in-baden-wuerttemberg-beschliesst-volksantrag-fuer-mietendeckel/25499300.html

M

Manfred

Tue Nov 19 15:38:30 CET 2019 Tue Nov 19 15:38:30 CET 2019

Als Nichtberliner kann ich glücklich sein, dass die Bundesrepublik Deutschland ein föderaler Staat ist. Und als Bayer hoffe ich, dass der Freistaat, dieses Berliner Experiment nicht auch noch über den Länderfinanzausgleich subventioniert. Wenn ich lese, dass allein 250 Mitarbeiter beim Senat und den Bezirken eingestellt werden sollen, dann ist das für mich im Nachgang noch eine weitere Rechtfertigung dafür, dass ehemalige Bürgermeister und Gemeinderäte überall mit dem Verkauf richtig gehandelt haben. Wenn sich der Staat einmischen will, dann soll er Wohnungsbaugenossenschaften und Wohnungseigentümergemeinschaft unterstützen. Die Menschen müssen aber selbst lernen mit dem Gut Wohnung umzugehen und es zu erhalten. Das lerne ich nicht, wenn ich nur bei der Gemeindeverwaltung Forderungen stelle.