
Das Wirtschaftsministerium hat eine neue Berechnung vorgelegt: Danach wird die CO2-Einsparung mit dem aktuellen Gebäudeenergiegesetz (GEG) geringer ausfallen als gedacht. Im "Worst Case"-Szenario nehmen Hauseigentümer Abstand vom Heizungstausch.
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) hat am 7. September eine neue Berechnung zur CO2-Einsparung vorgelegt: Danach sind in der aktuellen Fassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) nur rund drei Viertel der eigentlich geplanten Treibhausgasminderung bis 2030 möglich – "vielleicht etwas mehr, vielleicht weniger". Die Schätzung basiert auf Zahlen des Öko-Instituts.
Für den im April 2023 vom Kabinett beschlossenen ursprünglichen Gesetzentwurf rechnete das Ministerium mit einer Einsparung bis zum Jahr 2030 von rund 54 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Zum Vergleich: 2022 lagen im Gebäudesektor die CO2-Emissionen bei zirka 112 Millionen Tonnen. Damit wurden die gesetzlichen Vorgaben verfehlt.
Auch von 2030 bis 2040 werde der Klimaschutzeffekt des GEG mit der Novelle geringer ausfallen als bisher angenommen, heißt es aus dem BMWK. Der CO2-Minderungseffekt, also die Einsparung an CO2, werde im Zeitverlauf aber immer stärker werden.
"Worst Case"-Szenario: Abstand von GEG-konformen Heizungen
In der neuen Schätzung arbeitet das Öko-Institut mit drei Szenarien sowie dem schlechtesten Fall. Das Ministerium nimmt in seiner Stellungnahme Bezug auf ein mittleres Szenario mit "günstigen Rahmenbedingungen". Dies brächte laut Institut bis 2030 insgesamt eine CO2-Einsparung von 39,2 Millionen Tonnen. Im schlechtesten Fall ("worst case") würde sich die Mehrheit der betroffenen Gebäudeeigentümer bis zur Vorlage einer kommunalen Wärmeplanung – für Großstädte ist das bis Mitte 2026 geplant, für kleinere und mittlere bis Mitte 2028 – nicht für GEG-konforme Heizungen entscheiden. In diesem Fall lägen die CO2-Einsparungen bei 10,8 Millionen Tonnen bis 2030.
Es komme nun auf eine "umfassende und faktenbasierte" Information der Bürger an, argumentierte das Ministerium und verwies auf die geplante Neuausrichtung der staatlichen Förderung mit "attraktiven Anreizen", sich früh für eine klimafreundliche Heizung zu entscheiden. Das GEG zielt auf den schrittweisen Austausch von Öl- und Gasheizungen ab. Die geänderte Fassung sieht aber im Kern für Bestandsbauten eine Verschiebung des Heizungstauschs und eine Verzahnung mit einer Wärmeplanung in Kommunen vor.
Ökoinstitut-Analyse "Abschätzung der Minderungswirkung der 65%- Anforderung im GEG-Entwurf"
Energieberater: Falsche Politik im Gebäudesektor
In einer Umfrage unter den Mitgliedern des Deutschen Energieberater Netzwerks (DEN) und des Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker – Bundesverbands (GIH) im Auftrag des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG) werden der Status Quo und die Zukunftsaussichten im Gebäudesektor als düster bewertet. Die von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen und gesetzten Schwerpunkte halten die Energieberater für falsch.
Es sei nicht ausreichend, nur die Energieträger zu wechseln, sagte etwa DEN-Vorständin Marita Klempnow: "Wir müssen an den gigantischen Ressourcenverbrauch im Gebäudebereich ran." Der Schlüssel dazu sei eine Verstetigung und Entbürokratisierung des Ordnungsrechts und der Förderung, damit Immobilieneigentümer Planungssicherheit für Investitionen bekommen.
Umfrage: Klimaneutralität bis 2045 utopisch
Die Umfrage zeigt auch, dass Energieberater in der Gebäudehülle den größten Nachholbedarf sehen. "Warum verharren in der Einzelmaßnahmen-Förderung der BEG", fragte sich Benjamin Weismann, Geschäftsführer des BIH: Heizungen würden nach den bisherigen Plänen ab 2024 mit bis zu viermal so hohen Fördersätzen ausgestattet wie energetische Dämmmaßnahmen. Maßnahmen müssten gemeinsam betrachtet und ganzheitlich umgesetzt werden.
"Politisches Handeln und die Realität fallen beim Gebäudebestand immer weiter auseinander. Ein Stillstand bei den energetischen Sanierungen droht", warnte BuVEG-Geschäftsführer Jan Peter Hinrichs. Zusammenfassend beurteilen die Energieberater das Vorankommen der Bundesregierung im Gebäudesektor mit knapp 70 Prozent als "schlecht" – ebenso meinen rund 70 Prozent, dass bis 2045 Klimaneutralität nicht erreicht werden kann.
Die "Energieberater-Umfrage zur Modernisierung des Gebäudebestands 2023" fand online im Zeitraum vom 10.7.2022 bis zum 21.8. 2023 statt.
ImmoScout24: Einbruch bei den Sanierungen
Eine Auswertung von ImmoScout24 ergibt, dass die Anzahl der energetisch sanierten Immobilien, die auf der Plattform inseriert werden, seit 2019 zurückgeht. Ein Blick auf die Energieeffizienzklasse zeigt, dass ein Fünftel der Objekte mit Klasse A oder B ausgewiesen ist und damit einen guten bis sehr guten energetischen Standard hat. Die mittleren Energieeffizienzklassen C und D machen 38 Prozent aus. In den Klassen schlechter als D ordnen sich 42 Prozent der Immobilien ein.
Im ersten Quartal 2019 erreichte die Zahl der energetisch sanierten Objekte laut ImmoScout24 einen Höhenpunkt. Im Vergleich dazu wird ein Rückgang der sanierten Objekte von minus 28 Prozent im vierten Quartal 2021 und minus 21 Prozent im ersten Quartal 2022 verzeichnet. Bis zum dritten Quartal 2022 nahmen die Sanierungen wieder leicht zu. Im zweiten Quartal 2023 ist die Sanierungsquote erneut um 21 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2019 gesunken.
Methodik
In die Auswertung fließen alle Inserate für Wohnimmobilien ein, die vom ersten Quartal 2016 bis zum zweiten Quartal 2023 auf der Plattform von ImmoScout24 zum Kauf und zur Miete angeboten wurden und Angaben zur Energieeffizienzklasse des Objekts enthalten.
BHW: Öltanks umrüsten und Regenwasser speichern
Viele Hauseigentümer, die eine Ölheizung auf klimafreundliche Wärmepumpen umrüsten wollen, beschäftigt zudem die Frage: Wohin dann mit dem alten Tank? Sie könnten das Fossil zum Beispiel für ein neues Leben als Regenwasserspeicher umrüsten, rät die Bausparkasse BHW. Der Tank kann bleiben, wo er ist, ob im Keller oder unter der Erde.
"Bei einer neuen Regenwassernutzungsanlage macht der Wasserspeicher die Hälfte der Kosten aus“, erklärte dazu BHW-Experte Oliver Spielmann. Die Kosten für Tank, Zubehör und Installation einer 6.000-Liter-Zisterne liegen zwischen 2.500 und 5.200 Euro. Für diese Investition sei daher ein "Öl-Wechsel" ein guter Zeitpunkt. Bei einem Einfamilienhaus ließen sich so rund 60 bis 100 Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr und damit auch Abwassergebühren sparen. Die Kosten für die Umrüstung liegen zwischen 300 und 500 Euro, mit Rostschutz bei zirka 2.000 Euro.
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