Wohnungsmarkt: Deutliche Preissprünge bei den WG-Mieten

Wohngemeinschaften sind nicht nur bei Studenten gefragt. Auch jüngere Berufstätige und die Generation 60+ konkurrieren auf dem freien Markt um die relativ preisgünstigen WG-Zimmer. Die werden aber knapp. Eine Studie dokumentiert nun deutliche Preisaufschläge in den Städten.

Die Preise für Zimmer in Wohngemeinschaften (WGs) bei Neuvermietung sind in vielen deutschen Hochschulstädten drastisch gestiegen: Durchschnittlich 458 Euro pro Monat inklusive Nebenkosten werden im Sommersemester 2023 fällig – das sind monatlich noch einmal 23 Euro mehr als vor einem halben Jahr zu Beginn des Wintersemesters 2022/2023.

Das ist ein Ergebnis einer Studie des Moses Mendelssohn Instituts in Kooperation mit dem Onlineportal WG-Gesucht.de und dem Projektentwickler GBI Group. Ausgewertet wurden Angebote in 94 deutschen Hochschulstädten mit mindestens 5.000 Studenten.

WG-Zimmer: Mieten steigen in 37 Städten um mehr als zehn Prozent

"Die Dynamik deutlicher Preissteigerungen hat sich bisher noch nicht abgeschwächt. Nur so sind die binnen weniger Monate um mehr als fünf Prozent erhöhten Wohnkosten erklärbar", sagt Dr. Stefan Brauckmann, geschäftsführender Direktor am MMI. Binnen Jahresfrist sind die WG-Mieten sogar um 10,6 Prozent gestiegen. Hier spielt laut Brauckmann auch die teure Energie eine entscheidende Rolle.

Von diesen Steigerungen sind daher nicht nur diejenigen betroffen, die neu in eine Hochschulstadt kommen, sondern auch nahezu alle Studierenden, welche dort bereits wohnen. In 37 von 94 Städten sind die Wohnkosten im Jahresvergleich um mehr als zehn Prozent gestiegen. Das betrifft rechnerisch fast jeden zweiten Studenten an einer der deutschen Hochschulen.

Die teuerste deutsche Universitätsstadt ist München: Hier ist die durchschnittliche Angebotsmiete für ein WG-Zimmer noch einmal von 700 Euro auf jetzt 720 Euro gestiegen. In Berlin ermittelten die Studienautoren einen Anstieg der durchschnittlichen WG-Monatsmiete auf jetzt 640 Euro, nach 550 Euro im Herbst 2022. Ende 2021 lag dieser Wert noch bei unter 500 Euro.

Wo die WG-Mieten am deutlichsten steigen: die Top 14

Dadurch hat Berlin beim Preis – bis auf Spitzenreiter München – inzwischen alle anderen Städte hinter sich gelassen: Frankfurt am Main mit 580 Euro, Hamburg mit 570 Euro und Köln mit 560 Euro folgen inzwischen mit Abstand. Nicht nur für Berlin (um 28 Prozent von 500 auf 640 Euro) werden innerhalb eines Jahres – zwischen dem Start der Sommersemester 2022 und 2023 – deutliche Preisaufschläge dokumentiert. So erhöhten sich innerhalb eines Jahres die Preise besonders stark in:

  1. Erfurt um 21,4 Prozent (von 290 auf 352 Euro)
  2. Magdeburg um 20,1 Prozent (von 273 auf 328 Euro)
  3. Passau um 19,7 Prozent (von 355 auf 425 Euro)
  4. Leipzig um 17,2 Prozent (von 311,50 auf 365 Euro)
  5. Bonn um 16,3 Prozent (von 430 auf 500 Euro)
  6. Lüneburg um 16,1 Prozent (von 366 auf 425 Euro)
  7. Köln um 15,8 Prozent (von 475 auf 550 Euro)
  8. Hamburg um 14,0 Prozent (von 500 auf 570 Euro)
  9. Essen um 13,5 Prozent (von 340 auf 386 Euro)
  10. Oldenburg um 13,4 Prozent (von 335 auf 380 Euro)
  11. Mainz um 12,8 Prozent (von 430 auf 485 Euro)
  12. Freiburg um 12,1 Prozent (von 464 auf 520 Euro)
  13. Düsseldorf um 12,0 Prozent (von 460 auf 515 Euro)
  14. Mannheim um 11,9 Prozent (von 420 auf 470 Euro)

Auch der langfristige Vergleich in vielen Städten zeigt die Dramatik der Lage. In Berlin erhöhte sich der WG-Preis laut MMI-Analyse seit der ersten Erhebung im Jahr 2013 (335 Euro) um 91 Prozent.

Zu wenig Förderung, zu wenig Neubau

"Auf dem freien Markt werden Wohngemeinschaften mittlerweile auch stärker von jüngeren Berufstätigen und älteren Mietern der Generation 60+ nachgefragt", erklärt Annegret Mülbaier, Sprecherin von WG-Gesucht.de.: "WGs sind für viele die einzige Möglichkeit, in guter Lage und zu einem angemessenen Preis zu wohnen." Der Druck steige.

Vor allem spitzt sich die Situation für junge Mieter zu, die nur ein geringes Einkommen haben und zum Beispiel BAföG erhalten. Die in der staatlichen Unterstützung enthaltene – Mitte 2022 im Rahmen der BAföG-Reform von 325 auf 360 Euro erhöhte – Wohnkostenpauschale reicht laut MMI in 68 Städten nicht einmal für ein durchschnittliches Zimmer. In 40 Städten liegt selbst das untere Preissegment über diesem Niveau. In den teuren, aber gefragten Städten sind die meisten Studierenden eingeschrieben. Rechnerisch sind laut Studie mehr als 80 Prozent der Studierenden von der schwierigen Wohnsituation betroffen.

"Vor diesem Hintergrund bedarf es dringend zusätzlicher finanziellen Unterstützung für Studierende, die außerhalb des Elternhauses wohne", stellt Analyst Brauckmann klar: "In immer mehr Städten braucht es mittlerweile das volle Gehalt eines Minijobs, 520 Euro, um die Wohnkosten zu tragen." Die kürzlich mit gewährte 200 Euro Energiekostenpauschale habe nur einen sehr kurzfristigen Effekt.

Die GBI Group als Projektentwickler hofft auf eine rasche Verbesserung der Programme zur öffentlichen Förderung passender Immobilien. Hier müsse die Bundesregierung Initiative zeigen. Trotz teurer Grundstücke müssten bezahlbare Wohnungen für junge Leute entstehen, so GBI-Geschäftsführer Simon Hübner. "Die jungen Leute sind die Fachkräfte von morgen, die unser Land dringend benötigt. Der internationale Austausch der künftigen Wissenschaftler-Generationen muss ebenfalls weiter möglich sein. Auch dafür muss das Wohnen in Unistädten bezahlbar bleiben."


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dpa
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