ZDB: Förderung von Wohnungsbau temporär ohne EH-40-Standard

Laut Bundesstatistik geht die Zahl der genehmigten Wohnungen weiter zurück – auch in Mehrfamilienhäusern. Immer mehr Investoren halten sich mit Projekten zurück. Das Baugewerbe will eine neue Förderpolitik. So könne etwa der EH-40-Standard temporär ausgesetzt werden.

Der Rückgang der Baugenehmigungen in Deutschland hat sich im Februar 2023 mit Tempo fortgesetzt. Die Behörden bewilligten den Bau von 22.300 Wohnungen und damit 20,6 Prozent weniger als im Februar 2022, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am 18. April mitteilte. Die Zahlen gehen demnach nun schon seit Mai 2022 zurück – seit Oktober wurde ein Minus von jeweils mehr als zehn Prozent verzeichnet.

Mehrfamilienhäuser: Ein Viertel weniger Wohnungen genehmigt

In neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden von Januar bis Februar 2023 insgesamt 37.500 Wohnungen genehmigt, 25,6 Prozent weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Dabei sank die Zahl der genehmigten Einfamilienhäuser um 28,4 Prozent, die Genehmigungen für Zweifamilienhäuser sogar um mehr als die Hälfte (52,4 Prozent). In Mehrfamilienhäusern wurden 23 Prozent weniger Wohnungen gebilligt.

Wegen der gestiegenen Kreditzinsen und der hohen Baupreise halten sich derzeit viele Bauherren mit Projekten zurück oder stornieren sie gar – von privaten Hausbauern bis hin zu Großinvestoren. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) beklagt außerdem überlange Wartezeiten auf die beantragten Baugenehmigungen.

ZDB: Neue Förderpolitik gegen Abwärtsspirale am Bau

"Die Zahlen sind wahrlich düstere Vorzeichen für den so dringend benötigten Wohnungsbau hierzulande", kommentierte ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa die jüngsten Zahlen der Bundesbehörde. Was ihn vor allem besorge, sei der drastische Rückgang der Baugenehmigungen bei den Mehrfamilienhäusern. Pakleppa warnte vor einer Abwärtsspirale am Bau: "Man darf nicht vergessen: Alle heute nicht genehmigten Wohnungen werden uns morgen fehlen."

In so einer dramatischen Lage müsse die Bundesregierung beim Mietwohnungsbau und beim sozialen Wohnungsbau die Förderung temporär ohne EH-40-Standard möglich machen. Eine zusätzliche Senkung der Grunderwerbssteuer würde Bauwilligen ebenso mehr Planbarkeit bieten wie eine Ausweitung der Sonderabschreibungen im sozialen Wohnungsneubau auf zehn Prozent. "Das würde den Wohnungsbau zumindest etwas ankurbeln", sagte Pakleppa.

Baustau bei Wohnungen: Städte am stärksten betroffen

Doch es wird auch längst nicht alles fertiggestellt, was einmal genehmigt ist – 846.000 Wohnungen sind allein im Jahr 2021 "liegen geblieben", wie etwa eine Auswertung Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) aus dem Jahr 2022 zeigt.

Die meisten von den Bauämtern genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen gab es Ende 2021 in Berlin (65.800), wie aus der BBSR-Analyse hervorgeht. Auch in München (36.600) und Hamburg (26.500) war der Bauüberhang überdurchschnittlich groß. Dahinter folgten Frankfurt am Main (15.800) und Leipzig (10.500), noch vor der Region Hannover mit 9.400 nicht gebauten Wohnungen. Knapp ein Viertel des Bauüberhangs – 205.000 Wohnungen – entfiel demnach auf die 14 deutschen Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern. Mehr als zwei Drittel (69,5 Prozent) des Bauüberhangs (rund 588.300 Wohnungen) entfielen auf städtische Räume und 30,5 Prozent (rund 258.100 Wohnungen) auf ländliche Räume.

BBSR: Lange Bauzeiten, weniger Fertigstellungen

Neben den genannten Großstädten waren davon vor allem das Umland von Berlin und München betroffen. Hier zog nach Angaben des BBSR die Nachfrage nach Wohnungen in den vergangenen Jahren besonders stark an. Auch Landkreise im Umland der Metropolen wiesen hohe Werte auf.

Die Zahl der genehmigten und nicht begonnenen Wohnungsbauvorhaben hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert: 2021 lag der Wert wie in den Vorjahren bei 40 Prozent. Bei etwa einem Drittel (29 Prozent) der genehmigten Vorhaben war der Rohbau noch nicht fertiggestellt ("unter Dach"). Dieser Anteil wiederum ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Besonders viele nicht gebaute Wohnungen (41 Prozent des Bauüberhangs) entfielen auf Genehmigungen aus dem Jahr 2021.

"Der anhaltende Zuwachs des Bauüberhangs lässt sich auch auf längere Bauzeiten zurückführen", erklärte BBSR-Experte Alexander Schürt. Im vergangenen Jahrzehnt habe sich bei den Genehmigungen der Anteil des Mietwohnungsbaus deutlich erhöht. Solche Bauvorhaben dauerten länger. Eine Bremse sei auch der Mangel an Arbeitskräften am Bau sowie die höheren Preise für Bauleistungen, so Schürt.


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dpa
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