Wohnen: Die Mieten steigen auch in dünn besiedelten Regionen
Nirgendwo in Deutschland sind die Neuvertragsmieten zuletzt so stark gestiegen wie vor den Toren Berlins. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Demnach verzeichnete Potsdam mit einem Plus von 31,2 Prozent im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr den größten Anstieg aller Landkreise und kreisfreien Städte bei Erstvermietungen und Wiedervermietungen. Es folgt die Hauptstadt mit einem Plus von 26,7 Prozent.
Mehr als jeder Zweite in Deutschland wohnt zur Miete – doch es gibt zu wenig Wohnungen in den beliebten Gegenden. Vor allem in den Groß- und Universitätsstädten steigt seit Jahren der Druck auf den Mietmarkt. Verschont blieben bisher strukturschwache und ländliche Regionen. Doch die jüngsten Zahlen zeigen, dass das Mieten auch in einigen dünn besiedelten Gegenden jetzt teurer wird – wenn auch noch auf einem vergleichsweise eher niedrigen Niveau.
Die Zahlen stammen vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und spiegeln das Angebot wider, auf das Wohnungssuchende treffen, wenn sie im Internet nach einer Mietwohnung mit 40 bis 100 Quadratmetern suchen. Nicht berücksichtigt sind Aushänge, Wartelisten und die direkte Vermittlung über Makler.
Wohnungsmieten: Auch dünn besiedelte Regionen in den "Top 10"
Auffällig ist, dass auch der am schwächsten besiedelte Landkreis Deutschlands in den "Top 10" beim Mietzuwachs steht: In der Prignitz im äußersten Nordwesten Brandenburgs stiegen die Mieten in den Inseraten von 2022 bis 2023 um 18 Prozent. Insgesamt ist das Wohnen dort aber weiter erschwinglicher als in vielen anderen Regionen mit durchschnittlich 7,08 Euro pro Quadratmeter. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 7,30 Euro pro Quadratmeter.
Auch zwei Landkreise im eher schwach besiedelten Mecklenburg-Vorpommern weisen den BBSR-Daten zufolge hohe Mietanstiege auf: der Ostsee-Landkreis Vorpommern-Rügen rund um Stralsund (plus knapp 20 Prozent) und der Landkreis Vorpommern-Greifwald an der polnischen Grenze (plus rund 15 Prozent). "Mieten an der Ostsee und der deutsch-polnischen Grenze wird unerschwinglich", kritisierte Linken-Politikerin Lay. Allerdings gilt auch für die Ostsee-Landkreise: Die Quadratmeterpreise sind weiter deutlich erschwinglicher als in vielen anderen Gegenden. Etwa in Vorpommern-Rügen kostet die gleiche Fläche etwa halb so viel wie in Berlin.
Ebenfalls deutlich teurer wurden die Mieten für eine Wohnung nach einem Umzug im oberpfälzischen Landkreis Tirschenreuth nahe der bayerisch-tschechischen Grenze (plus 23,9 Prozent), wie aus der Antwort der Bundesregierung hervorgeht – allerdings auch hier auf einem niedrigen Mietniveau (rund 6,86 Euro pro Quadratmeter). In Kaiserslautern zogen die Mieten um zirka 20 Prozent an, in Kaufbeuren um 17 Prozent, im Landkreis Trier-Saarburg und im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge um 15 Prozent.
Neuvermietung: Berlin ist jetzt die zweitteuerste Stadt
Während man nach einem Umzug für die Durchschnittswohnung im Bundesschnitt 10,55 Euro je Quadratmeter hinlegen musste, kostete die gleiche Fläche in Berlin mehr als 16 Euro. Damit ist die Hauptstadt inzwischen die zweitteuerste Mieterstadt Deutschlands, heißt es weiter. Höher liegen die Mieten laut BBSR nur in München mit rund 20,50 Euro pro Quadratmeter.
Einer Studie im Auftrag des Berliner Mietervereins zufolge kann sich ein Drittel der Berliner Haushalte auf dem freien Markt keine Wohnung mehr leisten. Mehr als jeder zweite Mieterhaushalt verdient demnach so wenig, dass er Anspruch auf staatliche Hilfe wie einen Wohnberechtigungsschein für Sozialwohnungen hat. Einige tausend Menschen forderten am Wochenende bei einer Demonstration in Berlin eine "radikale Wende in der Wohnungspolitik". Sie verlangten unter anderem einen bundesweiten Mietendeckel sowie ein Verbot von Eigenbedarfskündigungen und Zwangsräumungen.
Studie: Krisenfestigkeit deutscher Mietwohnungsmärkte
Der Investment Manager Empira hat in einer aktuellen Studie die Resilienz der Wohnungsmärkte gegenüber ökonomischen Krisen untersucht. Die Analysen fokussiert maßgeblich auf Marktreaktionen während der Finanzkrise 2009 und der Covid-19-Krise und auf volkswirtschaftliche Kennzahlen. Dabei ergibt sich unter anderem, dass der gesamte deutsche Mietmarkt krisenfest ist.
Städte wie Köln und Düsseldorf stechen mit stabilen Wirtschaftsstrukturen und einer vergleichsweise geringen Preisvolatilität an den Immobilienmärkten besonders hervor. Städte mit einer hohen Nachfragedynamik und einem hohen relativen BIP-Wachstum, wie Berlin oder Leipzig, sind ebenfalls stabil in Krisenzeiten, was sie für Investitionen attraktiv macht. Betrachtet man die Mietentwicklungen im Krisenkontext so fällt auf, dass Stuttgart, Düsseldorf, Leipzig, Bremen, Dortmund, Hannover, Nürnberg, Duisburg und Bochum sowohl während der Finanzkrise ab 2007 und der Covid-19-Pandemie negative Veränderungen der Wachstumsraten bei den Mieten erlebten, was auf eine geringere Widerstandsfähigkeit des Wohnimmobilienmarktes hinweist.
"Seit vielen Jahren zeigen die Wohnungsmieten einen deutlichen Aufwärtstrend", erklärt Prof. Dr. Steffen Metzner, Head of Research der Empira Group. "Das Mietniveau profitiert auch in Krisenzeiten gerade an den Top-8-Standorten von einem strukturellen Nachfrageüberhang."
Zum Download der vollständigen Empira-Studie
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